US-Haushalt:Fast so richtig dramatisch

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Speaker Kevin McCarthy äußert sich vor der Presse zum Deal im Schuldenstreit, dem das US-Repräsentantenhaus zugestimmt hat. (Foto: Jonathan Ernst/Reuters)

Die Abgeordneten kommen mit Bildern von Babys und Tankern daher oder sprechen von "Geiselnahme" - aber nach langen Verhandlungen billigt das Repräsentantenhaus den Deal im Schuldenstreit. Weder Demokraten noch Republikaner sind am Ende ganz glücklich.

Von Peter Burghardt, Washington

Am Mittwochabend um kurz vor halb zehn in Washington, D.C., war die Weltwirtschaftskrise dann fürs Erste abgewendet, die Dramatik hielt sich am Ende sogar in Grenzen. Wochenlang hatten Demokraten und Republikaner über die amerikanische Schuldengrenze gestritten, ohne Einigung könnten die USA laut Finanzministerin Janet Yellen vom 5. Juni an ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen. Im Repräsentantenhaus wurde noch mal aufgeregt debattiert, aber dann ging die Abstimmung deutlich aus: 314 Abgeordnete stimmten dafür, das Schuldenlimit für zunächst zwei Jahre auszusetzen, 117 dagegen.

149 Republikaner und 165 Demokraten sagten Ja, 71 Republikaner und 46 Demokraten sagten Nein. Das genügte eindeutig, um das Land und die internationalen Märkte vor möglicherweise sehr unangenehmen Turbulenzen zu bewahren.

Am Donnerstag muss der Senat nachziehen, doch dort sollte es keine größeren Probleme geben, denn in dieser Kammer haben die Demokraten anders als im republikanisch dominierten Parlament weiterhin die Mehrheit. Die Partei von Joe Biden wird kaum einen Staatsbankrott riskieren wollen, beim ganz rechten Teil der Opposition war man sich da zwischenzeitlich nicht so sicher.

"Keine der beiden Seiten hat alles bekommen, was sie wollte."

Der Präsident meldete sich nach dem für ihn erfreulichen Votum aus Colorado, wo er gerade dienstlich unterwegs ist. Eine Reise nach Asien und Ozeanien hatte Biden kürzlich vorzeitig abgebrochen, um mit Kevin McCarthy, dem Sprecher des Repräsentantenhauses und Verhandlungsführer der Republikaner, einen Deal zu finden. Das Repräsentantenhaus habe einen entscheidenden Schritt unternommen, "um die erste Zahlungsunfähigkeit zu verhindern und den hart erarbeiteten und historischen Wirtschaftsaufschwung unseres Landes zu schützen", so Biden. Das sei "ein parteiübergreifender Kompromiss. Keine der beiden Seiten hat alles bekommen, was sie wollte. Das ist die Verantwortung des Regierens."

Er dankte auch dem Speaker McCarthy und dessen Team "für die Verhandlungen in gutem Glauben", obwohl Biden ursprünglich gar nicht über dieses debt limit verhandeln wollte. Erst am Wochenende hatten Biden und McCarthy ihr Abkommen präsentiert. Grob gesagt musste die Regierung versprechen, die Ausgaben vorläufig um etliche Milliarden Dollar zu senken und das Defizit in zehn Jahren um 1,4 Billionen Dollar. Dafür erlaubt die Gegenseite, die gegenwärtigen Verbindlichkeiten bis 2025 so zu erhöhen, dass die größte Volkswirtschaft der Erde auch weiterhin liquide bleibt.

Eigentlich sind Verhandlungen über die Schuldengrenze Routine in den USA

Derzeit dürfen sich die USA mit 31,4 Billionen Dollar verschulden, diese 31 400 000 000 000 Dollar würden allerdings laut Schatzmeisterin Yellen vom kommenden Montag an nicht mehr reichen. Sie warnt bereits seit Monaten vor den Folgen eines technischen Bankrotts, wie ihn die Vereinigten Staaten noch nie erlebt haben. Auch Biden wies vor Kurzem noch mal darauf hin, dass Millionen Jobs verloren gehen würden, wenn es keine Lösung gebe. Wobei seine Demokraten die Suche danach ohne Weiteres hätten beschleunigen können, sie waren ja bis zu den US-Zwischenwahlen im vergangenen November in beiden Häusern in der Überzahl gewesen.

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Jetzt haben im House of Representatives die Republikaner das Sagen, und so entwickelte sich eine amerikanische Routine diesmal zum riskanten Duell an der Klippe. Allein seit 1960 wurde diese seit 1917 selbst auferlegte Obergrenze der US-Schulden 78 Mal nach oben korrigiert, und zwar in 49 Fällen unter einem republikanischen Präsidenten und in 29 Fällen unter einem demokratischen Präsidenten.

2011 kam es zum Showdown zwischen Barack Obama und den Republikanern, in buchstäblich letzter Minute fand sich ein Ausweg. Die Ratingagentur S&P stufte die USA daraufhin von AAA auf AA+ herunter. 2013 gab es einen 16 Tage langen Shutdown, ehe sich die Widersacher verständigten. Auch und gerade in der Ära von Donald Trump stiegen die US-Schulden fleißig weiter, um mehr als 7,8 Billionen Dollar - die Hälfte davon in seinen letzten zehn Monaten im Weißen Haus, als die Pandemie begann, auch wenn sich Trump und seine Verehrer an diese Statistik ungern erinnern.

Nun tat Trump so, als wäre ein default, also eine Pleite, zu verkraften, falls die Demokraten nicht ordentlich nachgeben würden. Es könne schlimm werden oder auch nicht, sagte er zuletzt. "Vielleicht ist es eine schlechte Woche oder ein schlechter Tag - wer weiß?" Seine Hardliner unter den Mandatsträgern drohten mit einer Rebellion, falls die Biden-Administration ihr Budget nicht aggressiver kürze.

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Mehr Demokraten als Republikaner hätten für diesen "historischen konservativen Sieg" gestimmt, twitterte der Demokrat Elijah Crane. "Was für ein Witz."

Begeistert ist kein Lager, Biden und McCarthy fühlen sich trotzdem als Sieger

Für McCarthy war und ist die schlechte Laune in seiner Fraktion heikel, weil er im Januar erst nach 15 Runden als Speaker gewählt worden war und jederzeit um seinen Job fürchten muss. Es kostete ihn einige Anstrengung, genügend seiner Leute auf Linie zu bringen. Für die Manege wetterte er noch mal gegen Bidens Haushaltspolitik, sprach von "Ausgabensucht" und davon, dass die Schulden unhaltbar und gefährlich seien. Der Gesetzentwurf werde das nicht stoppen. "Aber zum ersten Mal beginnen wir, das Schiff zu wenden. Das sollte nicht das letzte Mal sein."

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McCarthy zeigte das Bild eines Babys, jedes Neugeborene in den USA sei mit 95 000 Dollar verschuldet, ein Kollege präsentierte das Bild eines Tankers, der umdrehen müsse. Bei Trump kam keiner von ihnen mit Tankern oder Babys daher, oder mit Hinweisen wie jetzt von dem Abgeordneten Garret Graves, man habe "unser Kreditkartenlimit als Nation erreicht".

Linke Demokraten dagegen sind unter anderem wütend, dass keine Steuern für Reiche und Konzerne erhöht werden, sondern stattdessen bei Finanzbeamten gespart wird. Begeisterung löst die Vereinbarung in keinem Lager aus, aber Biden und McCarthy fühlen sich dennoch beide als Sieger. Der Präsident habe "trotz der Geiselnahme, in die Sie das Land unnötigerweise gestürzt haben, verstanden, dass wir eine Verpflichtung, eine Verantwortung haben, einen katastrophalen Zahlungsausfall zu vermeiden", erläuterte Hakeem Jeffries, der demokratische Minderheitsführer im Repräsentantenhaus, den Republikanern. "Das ist genau das, was Präsident Biden und die Demokraten erreicht haben."

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