Süddeutsche Zeitung

USA-Russland-Affäre:Trumps Wahlkampfteam war offenbar klares Ziel der Russen

  • Neu aufgetauchte Gesprächsmitschnitte verstärken den Verdacht, dass Russland Einfluss auf Trumps Wahlkampf-Team genommen hat.
  • Angeblich sollen russische Geheimdienstler in Moskau vor allem Trumps Ex-Sicherheitsberater Flynn als Ziel gesehen haben.
  • Auch andere Mitglieder aus Trumps Team geraten immer mehr in Erklärungsnot.

Von Thorsten Denkler, New York

US-Präsident Donald Trump streitet ab, dass es eine russische Einflussnahme auf sein Wahlkampfteam gegeben habe. Auch der russische Präsident Wladimir Putin weist solche Geschichten weit von sich. Und doch gibt es immer wieder Hinweise, die den Verdacht untermauern.

Bisher waren das vor allem die regen Kontakte, die Mitglieder aus Trumps Team zu russischen Regierungsvertretern hatten, vor allem zum russischen Botschafter in den USA, Sergei Kislyak. Jetzt aber berichtet die New York Times von einem Gespräch unter russischen Geheimdienstlern und Politikern in Moskau, das von US-Geheimdiensten abgehört worden sein soll. Darin hätten sich die beteiligten Personen darüber ausgetauscht, wie sie am besten auf Team-Mitglieder von Trump Einfluss nehmen können - und auf diesem Weg auch auf Trump selbst.

Als mögliche Ziele wurden Trumps damaliger Wahlkampfchef Paul Manafort und Michal Flynn ausgemacht, der zwischenzeitlich als nationaler Sicherheitsberater diente. Flynn musste schon wenige Wochen nach seiner Ernennung zurücktreten, weil er über seine Kontakte zu Kislyak nicht die volle Wahrheit gesagt hatte.

Als das Gespräch stattgefunden haben soll, ermittelte das FBI bereits

Dem Bericht zufolge fand das Gespräch vergangenen Sommer statt. Zu einem Zeitpunkt also, zu dem das FBI bereits Ermittlungen wegen der möglichen Einflussnahme Russlands auf die US-Wahl aufgenommen hatte. Die Informationen seien damals an die Behörde weitergeleitet worden. Die New York Times beruft sich auf drei damalige und aktuelle US-Regierungsvertreter, die den Geheimdienstbericht kennen würden.

Bei dem Treffen hätten sich Teilnehmer damit gebrüstet, wie gut ihre Kontakte zu Flynn seien, schreibt die Times. Andere hätten die guten Kontakte von Manafort zum russlandfreundlichen früheren Präsidenten der Ukraine, Viktor Janukowitsch, als Pluspunkt herausgestellt.

Der Gesprächsmitschnitt gehört offenbar zu einer Reihe von Hinweisen, denen zufolge Russland versucht haben könnte, Einfluss auf die US-Wahl 2016 zu nehmen. Und das womöglich auch mit Hilfe von Personen, die Trump nahestehen. Das Paket soll auch Belege für direkte Kommunikation zwischen Trump-Beratern und russischen Regierungsvertretern enthalten. Einige Details der Kommunikation sollen der New York Times zufolge die damalige US-Regierung regelrecht alarmiert haben.

Bislang ist allerdings unklar, ob es tatsächlich Versuche der direkten Einflussnahme auf Manafort und Flynn gegeben hat. Beide bestreiten das. Der frühere CIA-Chef John Brennan hat am Dienstag vor einem Untersuchungskomitee im Kongress allerdings ausgesagt, dass Russland "schamlos" versucht habe, Einfluss auf die Wahl zu nehmen. Moskau habe sehr aktiv Kontakte zu Mitgliedern der Trump-Kampagne gesucht. Er wollte sich aber nicht darauf festlegen lassen, dass es auch geheime Absprachen gegeben habe. Die Zahl der Kontakte hätte allerdings Fragen in diese Richtung aufgeworfen.

Michael Flynn scheint die Fragen nicht beantworten zu wollen. Er weigert sich gerade, jene Dokumente auszuhändigen, die der Geheimdienstausschuss des Senates von ihm verlangt. Er beruft sich auf sein Recht, die Aussage zu verweigern, um sich nicht selbst belasten zu müssen.

Auch andere aus Trumps Team haben Schwierigkeiten, ihre Russlandkontakte zu erklären. Justizminister Jeff Sessions etwa hatte sich im vergangenen Jahr mindestens zwei Mal mit dem US-Botschafter Kislyak getroffen. In seiner Anhörung vor dem Senat hatte er solche Treffen noch verneint, später aber eingeräumt. Zugleich hatte er erklärt, die Aufsicht über die Russland-Ermittlungen des FBI seinem Stellvertreter Rod Rosenstein zu überlassen.

Justiziminister Sessions unterschlug Russland-Kontakte

Jetzt stellt sich heraus, dass Sessions auch auf einem Formular für die Sicherheitsfreigabe nicht die volle Wahrheit mitgeteilt hat. Auf die Frage, ob er oder jemand aus seiner Familie in den vergangenen sieben Monaten Kontakte zu ausländischen Regierungsvertretern oder Repräsentanten gehabt habe, soll er seine Kontakte zu Kislyak unterschlagen haben. Das berichtet der US-Nachrichtensender CNN.

Inzwischen hat der stellvertretende Justizminister Rosenstein einen Sonderermittler in der Russland-Ermittlung eingesetzt. Das scheint allerdings dazu zu führen, dass der Kongress nicht mehr alle angeforderten Informationen bekommt. Dort sind viele sehr daran interessiert, die Notizen zu sehen, die sich der von Trump kürzlich gefeuerte FBI-Chef James Comey nach einem Essen mit dem US-Präsidenten im Februar gemacht haben soll - einen Tag, nachdem Flynn zurücktreten musste. Comey soll sich Trumps Bitte notiert haben, die Ermittlungen gegen Flynn fallen zu lassen.

Diese Notizen will das FBI jetzt wegen des Sonderermittlers nicht dem Kongress aushändigen, sagte der Republikaner Jason Chaffetz zu CNN. Chaffetz steht dem Kontroll-Ausschuss des Repräsentantenhauses vor, der das Handeln der Regierung auf Unregelmäßigkeiten und ethische Verstöße überwacht. Er überlegt, eine gerichtliche Anordnung zu beantragen, mit der die Dokumente eventuell doch an den Ausschuss überreicht werden müssen. Chuck Grassley, der Chef des Justizausschusses des Senats, will das direkte Gespräch mit Sonderermittler Robert Mueller suchen, damit Beweisdokumente weiter dem Kongress ausgehändigt werden können.

Unterdessen wartet das Land immer noch darauf, dass Trump einen neuen FBI-Chef nominiert. Der Job ist jetzt seit mehr als zwei Wochen vakant. Zahlreiche Kandidaten sind inzwischen freiwillig abgesprungen oder haben sich von der Liste aussichtsreicher Bewerber streichen lassen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3520395
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/vit/jly
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.