USA: Prozess gegen Guantanamo-Häftling:Freispruch in 284 Punkten

Das Gefangenenlager Guantanamo aufzulösen wird für US-Präsident Barack Obama immer schwieriger: Im ersten Prozess vor einem Zivilgericht sprach die Jury einen Terror-Verdächtigen in allen Anklagepunkten frei - bis auf einen.

Es ist eine Niederlage für die Guantanamo-Politik von US-Präsident Barack Obama: Im ersten Prozess gegen einen Häftling des Gefangenenlagers auf Kuba vor einem US-Zivilgericht ist der Angeklagte mit einer einzigen Ausnahme in allen Punkten freigesprochen worden. Der Prozess gilt als Präzedenzfall für künftige Anklagen gegen Guantanamo-Häftlinge.

TANZANIAN GHAILANI FACES MINIMUM OF 20 YEARS: PROSECUTOR

Freispruch in 284 Punkten - und doch drohen dem Tansanier Ahmed Ghailani (Mitte) mindestens 20 Jahre Haft. Die Gerichtszeichnung zeigt den Terror-Verdächtigen mit seinen Verteidigern Peter Quijano (links) und Michael Bachrach (rechts).

(Foto: AFP)

Die Jury eines New Yorker Bundesgerichts befand Ahmed Khalfan Ghailani nach fünftägiger Beratung lediglich für schuldig, an einer Verschwörung zur Zerstörung von US-Eigentum beteiligt gewesen zu sein. Die Staatsanwaltschaft hatte ihm im Zusammenhang mit Anschlägen auf die US-Botschaften 1998 in Tansania und Kenia 285 Anklagepunkte zur Last gelegt, darunter mehr als 270 für Mord und versuchten Mord. Bei dem Anschlag waren 224 Menschen ums Leben gekommen.

Der aus Tansania stammende Ghailani kann nach dem Spruch der Geschworenen immer noch zu lebenslanger Haft verurteilt werden, laut Justizministerium aber mindestens zu 20 Jahren.

Der Washington Post zufolge war die Obama-Regierung stillschweigend zuversichtlich, dass der 36-Jährige in allen Punkten für schuldig befunden würde. Erst vergangene Woche habe ein hoher Regierungsbeamter gesagt, ein Freispruch wäre eine "Katastrophe" für die Guantanamo-Politik von Barack Obama. Ghailani war 2004 in Pakistan gefasst und zwei Jahre später in das Gefangenenlager Guantanamo Bay auf Kuba gebracht worden.

Ihm war unter anderem vorgeworfen worden, seinerzeit beim Bau der Sprengsätze für die Anschläge geholfen zu haben und Mitglied der Terrororganisation al-Qaida zu sein. Das Ghailani-Verfahren galt als Test für Präsident Obama. Er will das weltweit kritisierte Lager Guantanamo schließen und möglichst viele Häftlinge vor zivile US-Gerichte statt vor Militär-Sondergerichte stellen. Allerdings gibt es in den USA erheblichen Widerstand dagegen, einen Großteil der rund 170 verbliebenen Häftlinge auf das amerikanische Festland zu bringen.

Die Anklage hatte Ghailani in dem Verfahren als "Massenmörder" bezeichnet, er habe das Blut Hunderter an den Händen. Die Verteidigung hatte im Prozess dagegen die Unschuld ihres Mandanten betont. Sie rief in dem Verfahren keine eigenen Zeugen auf. Bereits im Vorfeld hatte sie versucht, den Prozess abzuwenden. Sie hatte argumentiert, das Recht des Angeklagten auf ein zügiges Verfahren sei verletzt worden, weil er bereits seit vielen Jahren in Haft ist.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: