Süddeutsche Zeitung

USA:Pompeo ist der Gegenentwurf zu US-Außenminister Tillerson

  • Die Ablösung von Rex Tillerson als US-Außenminister scheint beschlossene Sache.
  • Der Zeitpunkt ist allerdings unklar, manche sagen, es dauere noch Monate. Aber der Nachfolger steht offenbar schon bereit: CIA-Chef Mike Pompeo, ein Gegenentwurf zu Tillerson.
  • Er ist ein loyaler Mitarbeiter von US-Präsident Trump, sie sollen sich täglich treffen.

Von Thorsten Denkler, New York

Die Berichte klingen, als wäre alles längst entschieden. Als seien die Tage von US-Außenminister Rex Tillerson tatsächlich gezählt. Angefangen mit der New York Times haben am Donnerstag mehrere US-Medien berichtet, im Weißen Haus gebe es einen fertigen Plan, wann und wie Tillerson abgelöst werden soll. In den kommenden Wochen solle es passieren, spätestens bis Ende Januar, sagen die einen. Vielleicht dauere es noch Monate, sagen andere.

Und dann soll Mike Pompeo, der durchaus umstrittene Chef des Auslandsgeheimdienstes CIA, die Nachfolge Tillersons antreten. Für ihn wiederum wird laut New York Times der Senator von Arkansas einspringen, Tom Cotton. Andere nennen den pensionierten Marine-General Robert Howard als Nachfolger für den Spitzenposten im State Department.

Gibt es diese Pläne tatsächlich? Sehr wahrscheinlich. Aber werden sie auch genauso umgesetzt? Dahinter steht noch ein großes Fragezeichen. US-Präsident Donald Trump bestritt am Freitag jedenfalls, Tillerson stehe vor dem Abschied aus dem Amt. Dies seien "Falschnachrichten", twitterte Trump, auch wenn er mit Tillerson "bei bestimmten Themen nicht einer Meinung" sei, werde dieser sein Amt nicht abgeben. Tillerson und Trump haben grundverschiedene Vorstellungen darüber, wie US-amerikanische Außenpolitik aussehen sollte. Tillerson will sie so verlässlich wie möglich halten, Trump glaubt, sie mit seinem Twitter-Account betreiben zu können.

Im Juli nannte Tillerson den Präsidenten einen "Trottel"

Iran, Nordkorea, China, Nato - es gibt kaum ein Feld, auf dem Tillerson und Trump einig sind. Zuletzt postete Trump islamfeindliche Videos einer ultrarechten Partei aus Großbritannien. Was zu diplomatischen Verwicklungen mit Premierministerin Theresa May führte.

Schon vor Monaten war spekuliert worden, dass der ehemalige Öl-Manager Tillerson den Sommer nicht überstehen werde. Mitte Oktober kam heraus, dass Tillerson den Präsidenten im Juli in kleiner Runde als "Moron" bezeichnet haben soll - "Trottel" gehört zu den noch vergleichsweise schmeichelhaften Übersetzungen.

Nach diesem Vorfall stellten sich zwei Fragen: Warum schmeißt Tillerson nicht hin? Und wenn er das nicht tut: Warum feuert Trump ihn nicht? Tillerson wolle das Land vor dem Präsidenten schützen, vermuteten mache. Und feuern könne Trump ihn nicht, weil Tillerson mit anderen Ministern einen "Selbstmord-Pakt" geschlossen hat. Muss einer gehen, gehen alle - das sollen Tillerson, Finanzminister Steve Mnuchin und Verteidigungsminister Jim Mattis vereinbart haben.

Am besten wäre also aus Sicht des Weißen Hauses, wenn Tillerson freiwillig seinen Posten räumte. Und vielleicht ist der angebliche Plan, ihn durch Pompeo zu ersetzen, genau so zu verstehen: Als wenig versteckter Hinweis an Tillerson, dass er keine Zukunft hat in der Regierung. Tillersons Sprecherin teilte übrigens mit, das Weiße Haus habe dem Außenminister versichert, es gebe keine Ablöse-Pläne.

Pompeo, 53, wäre das Gegenkonzept zu Tillerson. Absolvent der Militärakademie West Point, Jura-Abschluss an der Elite-Uni Harvard, beides dürfte Trump beeindruckt haben. Dass er mal Panzeroffizier und Unternehmer war, ebenso. Der frühere Kongressabgeordnete aus Kansas ist zudem auf eine Art umstritten, die Trump wohl zusagt: Er tritt deutlich politischer auf, als die CIA es von ihren Chefs gewohnt ist, ätzt schon mal gegen den früheren Präsidenten Barack Obama.

Das Atom-Abkommen mit Iran will er wie Trump loswerden. Regimewechsel in Nordkorea - warum nicht? Ungewöhnlich für einen Dienst, der sich bisher als eher Dienstleister der US-Regierung verstand.

Anders gesagt: Pompeo pfeift auf Regeln. So wie Trump. Pompeo hat sich entschieden, jede professionelle Distanz zum Präsidenten aufzugeben. Es wird berichtet, dass er fast täglich mit dem Präsidenten zusammenkommt. Oft werde er von Trump gebeten, nach dem offiziellen Treffen noch etwas zu bleiben. Im Oktober behauptete Pompeo ganz in Trumps Sinne, die US-Geheimdienste gingen davon aus, dass die mögliche Einmischung Russlands in die US-Wahl 2016 "keinen Einfluss auf das Ergebnis gehabt hat". Den Satz hat die CIA kurz darauf wieder zurücknehmen müssen. Sollte Pompeo tatsächlich Außenministers werden, dürfte es ihm nicht schwerfallen, auf Trumps Wünsche einzugehen.

Aus Sicht des State Department muss das nicht unbedingt schlecht sein. Die Mitarbeiter sind gewohnt, verschiedenen Chefs unterschiedlichster politischer Prägung zu dienen. Was sie aber in den vergangenen Monaten frustrierte, war die erkennbare Uneinigkeit zwischen Tillerson und Trump. Viele hochrangige Diplomaten verließen das Haus auch deshalb.

Tillersons schlechtes Verhältnis zu Trump hat es seinen Außenminister-Kollegen in aller Welt schwergemacht herauszufinden, was eigentlich die Position der USA in wichtigen Fragen ist. In Pompeo hätten sie einen Ansprechpartner, dem Trump vertraut. Und das ist in der Diplomatie schon ein Wert an sich.

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SZ vom 02.12.2017/spes
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