Es ist noch kein neuer kalter Krieg, der sich derzeit im Pazifik aufschaukelt. Doch es gibt Ähnlichkeiten. Denn natürlich ging es bei dem Besuch des US-Verteidigungsministers Lloyd Austin in Manila nicht nur um das Verhältnis zu den Philippinen. Entscheidend war die Position Washingtons zu Peking. Austin verkündete auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem philippinischen Verteidigungsminister Carlito Galvez, dass die USA Zugang zu vier weiteren militärischen Standorten auf den Philippinen erhalten werden, im Rahmen eines bereits 2014 geschlossenen Abkommens über ihre Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich.
Der erweiterte Zugang wird nach Ansicht von Analysten eine entscheidende Lücke in der Positionierung der USA in der Region schließen und es ihnen ermöglichen, die chinesischen Aktivitäten im Südchinesischen Meer und in der Nähe von Taiwan besser zu überwachen. Genaueres zu den Standorten wurde nicht bekannt gegeben, aber es könnte sein, dass die US-Streitkräfte nur etwa 320 Kilometer südlich von Taiwan stationiert werden.
Neue Militärbasen unweit von Taiwan
Die Vereinbarung soll die Präsenz der USA im indopazifischen Raum verstärken, wo Washington auch militärische Bündnisse mit Ländern wie Japan und Südkorea im Norden sowie Thailand und den Philippinen bis nach Australien im Süden unterhält. "Wir haben konkrete Maßnahmen gegen destabilisierende Aktivitäten in den Gewässern rund um die Philippinen, einschließlich der Westphilippinischen See erörtert, und wir sind weiterhin entschlossen, unsere gegenseitigen Kapazitäten zur Abwehr bewaffneter Angriffe zu stärken", sagte Austin auf der Konferenz. Der Begriff "Westphilippinische See" ist die Selbstbezeichnung Manilas für die Gewässer der ausschließlichen Wirtschaftszone westlich der Philippinen im Südchinesischen Meer.
Im Jahr 2012 übernahm Chinas Marine die Kontrolle über das Scarborough-Riff vor den Philippinen, ein fast versunkenes Atoll, an dem Seerechte hängen. Die Philippinen strengten ein Verfahren gegen Peking vor dem Ständigen Schiedshof in Den Haag an. Das Urteil aus dem Jahr 2016, wonach der Anspruch auf das Südchinesische Meer unbegründet ist, ignoriert Peking seitdem. Die Spannungen nahmen 2021 erneut zu, als die Philippinen gegen Chinas anhaltende illegale Präsenz und Aktivitäten in der Nähe ihrer Inseln protestierten.
China beansprucht auch das demokratische Taiwan als Teil seines Territoriums. Als die damalige Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, die Insel im vergangenen Jahr besuchte, feuerte Peking als Drohgebärde Raketen in die umliegenden Gewässer, die es als seine ansieht.
Guam, Salomonen, Kiribati: Die USA kümmern sich wieder um die Region
Das US-Militär hat in den vergangenen Monaten in der gesamten Region noch weitere Verteidigungsvereinbarungen geschlossen, darunter Pläne zum Austausch von Technologie mit Indien und Pläne zur Stationierung neuer US-Marineeinheiten auf japanischen Inseln. In der vergangenen Woche hat das US-Marinekorps einen neuen Stützpunkt auf Guam, einer strategisch wichtigen US-Insel östlich der Philippinen bekannt gegeben. Der als Camp Blaz bekannte Standort ist der erste neue Marinestützpunkt seit 70 Jahren und soll 5000 Marines beherbergen. Auf den Philippinen will Washington mehr als 82 Millionen US-Dollar für Infrastruktur an den Standorten bereitstellen. Es geht um Ausbildungszentren, die Vorpositionierung von Ausrüstung und den Bau von Start- und Landebahnen, Treibstofflagern und Militärunterkünften.
US-Außenminister Tony Blinken wiederum gab am Mittwoch bekannt, dass auf den Salomonen nach 30 Jahren wieder eine Botschaft der USA eröffnet wurde. Die kleine Inselgruppe liegt östlich von Papua-Neuguinea und nordöstlich von Australien im Pazifik. Die US-Vertretung auf den Salomonen war im Jahr 1993, als Einsparungsmaßnahme nach dem Kalten Krieg, geschlossen worden. China hingegen hat der Inselgruppe Schutz und Investitionen zugesagt. So änderten die Salomonen 2019 ihre Haltung und erkannten statt Taiwan nun Peking diplomatisch an, ebenso wie Kiribati, das noch weiter weg im Pazifik liegt.
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Bereits im September empfing US-Präsident Joe Biden die Staats- und Regierungschefs von 14 pazifischen Inselstaaten, darunter die Salomonen und Kiribati, zu einem Gipfeltreffen in Washington, bei dem er sich verpflichtete, Chinas "wirtschaftlichen Zwang", so Biden, abzuwehren. In einer gemeinsamen Erklärung wurde beschlossen, die Partnerschaft zu stärken, und eine gemeinsame Vision für die Region formuliert, in der "die Demokratie gedeihen kann".
China wirft den USA "eigennützige Interessen" vor
Zu der erweiterten Präsenz der USA auf den Philippinen erklärte Mao Ning, Sprecherin des chinesischen Außenministeriums, am Donnerstag auf einer regulären Pressekonferenz, die USA verstärkten ihren Militäreinsatz in der Region "aus eigennützigen Interessen". Mao warf Washington vor, "die regionalen Spannungen zu verschärfen und den Frieden und die Stabilität in der Region zu gefährden". Andere Länder in der Region sollten sich davor hüten, "von den USA ausgenutzt zu werden".
Doch auch in Manila gab es kleinere Proteste, bei denen laut Reuters mit antiamerikanischen Parolen gegen die Präsenz der USA auf den Philippinen demonstriert wurde. Washington hatte den Vater des heutigen Präsidenten, den Diktator Ferdinand Marcos, gestützt, als es im alten Kalten Krieg gegen die Kommunisten ging. Er und seine Frau Imelda flohen nach der Volksrevolution 1986 mit Hilfe der USA aus dem Land und durften sich auf Hawaii mit ihrem auf den Philippinen erbeuteten Geld in Sicherheit bringen. Einiges davon soll bis heute in US-Immobilien stecken.