USA: Obama und die Schuldengrenze:Der Sparpräsident

Überraschendes Angebot: Im Streit um die Schuldengrenze ist US-Präsident Obama bereit, vier Billionen Dollar zu kürzen - auch bei Prestigeprojekten wie der staatlichen Rentenversicherung. Viele Demokraten sind sauer.

Reymer Klüver, Washington

Mit einem überraschenden Angebot hat Präsident Barack Obama neue Fahrt in die Verhandlungen um eine Anhebung der US-Schuldengrenze gebracht. Er schlug hohe Einsparungen bei der staatlichen Krankenversicherung für Rentner, Medicare, und nach einem Bericht der Washington Post erstmals wohl auch Einschnitte bei der Rentenversicherung vor. Letzteres wurde von Präsidentensprecher Jay Carney dementiert.

Barack Obama, John Boehner

Sollen bei einem Geheimtreffen einen Kompromissvorschlag beratschlagt haben: US-Präsident Barack Obama und der Führer der Republikaner im Repräsentantenhaus, John Boehner.

(Foto: AP)

In jedem Fall dürften Obamas Vorschläge bei demokratischen Parteifreunden auf Widerstand treffen. Im Gegenzug sollen die Republikaner zugestehen, Steuerschlupflöcher zu schließen und Steuererleichterungen für Besserverdiener auslaufen zu lassen. Insgesamt würden Obamas Vorschläge Ausgabenkürzungen von vier Billionen Dollar in den nächsten zehn Jahren bringen und zu einem klaren Abbau der Staatsverschuldung führen.

Bisher war nur von Einsparungen in Höhe von zwei Billionen Dollar die Rede. Ein Spitzentreffen mit Führern beider Parteien endete ohne konkretes Ergebnis. Man liege noch weit auseinander, so Obama. Die Gespräche seien aber "sehr konstruktiv" verlaufen. Man wolle sich wieder am Sonntag treffen.

Die Republikaner hatten ihre Zustimmung zur Anhebung der Schuldengrenze um zwei Billionen Dollar von Ausgabenkürzungen in gleicher Höhe abhängig gemacht. Die vom Kongress bisher genehmigte Obergrenze für US-Staatsschulden liegt bei 14,3 Billionen. Sie wäre am 2. August erreicht. Ohne die Genehmigung neuer Schulden durch den Kongress könnte Washington seinen Zahlungsverpflichtungen dann nicht mehr nachkommen.

Republikaner offenbar zur Abschaffung von Steuererleichterungen bereit

Die Republikaner haben die Mehrheit im Repräsentantenhaus und eine Sperrminorität im Senat. Sie müssten jedem Deal zustimmen. Obamas Kompromissvorschlag vorausgegangen ist ein Geheimtreffen mit dem Führer der Republikaner im Repräsentantenhaus, John Boehner, am vergangenen Wochenende, das offiziell bis Mittwoch nicht bestätigt wurde.

In dem Gespräch hatte Boehner wohl erstmals die Bereitschaft der Republikaner bekundet, Steuererleichterungen abzuschaffen und so Washington eine Billion Dollar zusätzlicher Einnahmen binnen zehn Jahren zu verschaffen. Unter anderem scheint er bereit zu sein, dem Auslaufen von Steuererleichterungen für Besserverdiener zuzustimmen. Die von Präsident George W. Bush initiierten Steuernachlässe sind auf Ende 2012 befristet. Ihr Auslaufen würde mehrere hundert Milliarden an zusätzlichen Steuereinnahmen bedeuten.

Die Nummer zwei der Republikaner im Repräsentantenhaus, Eric Cantor, sagte am Mittwoch, er werde gerne über das Schließen von Steuerschlupflöcher sprechen. Bisher war das nicht der Fall. Er fügte aber hinzu, dass Steuersenkungen an anderer Stelle etwaige Mehreinnahmen wieder ausgleichen müssten. Der Vormann der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, nannte die Vorschläge hingegen "gewagt" und sagte, jede zusätzliche Steuerbelastung gefährde neue Arbeitsplätze.

Die meisten Demokraten wurden von der Entwicklung offenkundig überrascht. In einem Gespräch mit Finanzminister Timothy Geithner machten sie ihrem Unmut Luft. "Es könnte passieren, dass das Weiße Haus nicht die Zustimmung der Demokraten bekommt", warnte der linke Senator Sheldon Whitehouse, "es ist schon ein Unterfangen mit Risiko, zu glauben, dass wir schon zustimmen werden."

Tatsächlich hatte ein im Frühjahr präsentierter Vorschlag der Republikaner, die Krankenversicherung für Rentner zu privatisieren, große Empörung ausgelöst und bei den Demokraten die Hoffnung aufkeimen lassen, mit diesem Thema bei den Wahlen 2012 zu punkten. Nun schlägt Obama nicht nur ebenfalls Reformen bei Medicare, sondern auch noch Einschnitte bei der Rentenversicherung vor, etwa eine Änderung der Berechnung des Inflationszuwachses.

Der Chef der Demokraten im Senat, Harry Reid, ließ hingegen Zustimmung signalisieren. Sein Sprecher sagte, dass man einen "ausgeglichenen Ansatz" verfolgen müsse, also eine Kombination von Einschnitten und Steuererhöhungen - wie von Obama vorgeschlagen.

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