USA:Obama gerät in die Schusslinie

Donald Trump, Barack Obama

Der neue US-Präsident Donald Trump neben seinem Vorgänger Barack Obama bei der Amtseinführung am 20. Januar.

(Foto: J. Scott Applewhite/Reuters)
  • Der damals amtierende US-Präsident Barack Obama soll bereits früh vor einer Einmischung Russland in den Wahlkampf erfahren haben, berichtet die Washington Post.
  • Hinter verschlossenen Türen soll Obama dem russischen Präsidenten Putin beim G20-Gipfel in China im September gedroht haben. Aber erst im Dezember verhängte er neue Wirtschaftssanktionen.
  • Obama hätte früher handeln müssen, sagt dessen Nachfolger Trump.

Von Sacha Batthyany, Washington

Nachdem Donald Trump zum Präsidenten vereidigt wurde, an diesem regnerischen 20. Januar, gab er seinem Vorgänger Barack Obama die Hand. Später sah man, wie sie kurz miteinander sprachen; Trump winkte den Obamas zu, als sie in den Helikopter stiegen und im Himmel über Washington verschwanden. Seit diesem Tag haben sich Donald Trump und Barack Obama weder gesehen, noch haben sie miteinander gesprochen.

Kaum im Weißen Haus, begann Donald Trump, die politischen Errungenschaften seines Vorgängers rückgängig zu machen und Obama öffentlich zu kritisieren. So nannte Trump Obamas Begnadigung mehrerer Guantanamo-Häftlinge etwa "einen weiteren entsetzlichen Fehler". Darüberhinaus äußerte Trump den Verdacht, sein Vorgänger habe ihn im Trump-Tower bespitzeln lassen.

Barack Obama hielt sich die ganzen Monate zurück; er reagierte weder auf persönliche Attacken noch auf für ihn schmerzhafte inhaltliche Entscheidungen, wie Trumps Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen. Bis vergangene Woche. Während Trump an einer Veranstaltung in Iowa ein neues Krankenversicherungsgesetz "mit Herz" ankündigte, kritisierte Obama den neuen Gesetzesentwurf der Republikaner.

Es war das erste Mal, das sich Obama so deutlich in die aktuelle Politik einmischte. Das amerikanische Volk werde unter dem geplanten Rückbau in der Gesundheitspolitik leiden, schrieb Obama auf Facebook. "Das Thema ist größer als Parteipolitik. Es geht um das Leben von Menschen."

Obama soll sich in einem "Dilemma" befunden haben

Doch die Gesundheitsreform ist nicht das einzige Thema, in dem der 44. und der 45. Präsident der Vereinigten Staaten in diesen Tagen aneinandergeraten. Es stehen weitere große Fragen im Raum, über die in den Sonntagstalkshows ganz aufgeregt diskutiert wurde: Was wusste Obama von den russischen Cyberattacken und warum hat er nicht früher gehandelt?

Gemäß Recherchen der Washington Post soll der damalige Präsident Obama vom Geheimdienst CIA bereits im August 2016 informiert worden sein, dass der russische Präsident Wladimir Putin hinter den Cyberattacken stünde und versuchen wolle, die Wahlen zu beeinflussen. Putins Ziel sei, hieß es im CIA-Bericht, Hillary Clinton zu schaden und dem Republikaner Trump zum Sieg zu verhelfen.

Über das Ausmaß der Einmischung Russlands erfuhr die Öffentlichkeit aber erst nach der Wahl. Hinter verschlossenen Türen soll Obama dem russischen Präsidenten Putin beim G20-Gipfel in China zwar schon im September gedroht haben. Aber erst im Dezember verhängte er neue Wirtschaftssanktionen und wies 35 russische Diplomaten aus. Obama soll sich in einem "Dilemma" befunden haben, werden anonyme Quellen zitiert. Er wusste von der Einmischung, wollte die Wahlen aber nicht weiter gefährden. Zudem wartete er ab, ob andere Geheimdienste die Informationen der CIA bestätigen. Der Bericht der Washington Post zeigt ebenfalls auf, dass der damalige Präsident Obama fest mit einem Wahlsieg Clintons gerechnet hat.

Der eigentliche Skandal geriet in den Hintergrund

Donald Trump nahm in einem Fernsehinterview auf "Fox&Friends" Stellung zu den Recherchen der Washington Post. Obama hätte früher handeln müssen, sagte Trump und kritisierte seine Zurückhaltung, mit der er Clinton "wahrscheinlich helfen wollte", vermutete Trump.

Später bezeichnete er auf Twitter Obamas Vorgehen als "schwach". Den russischen Präsidenten Putin aber kritisierte Trump mit keinem Wort, obwohl es sich um eine beispiellose Einmischung in die demokratischen Prozesse der Vereinigten Staaten handelt.

Zumindest bekannte sich Präsident Trump öffentlich dazu, dass Russland sich in die US-Wahlen eingemischt hat. Er hatte dies in der Vergangenheit auch schon in Frage gestellt oder zumindest kleingeredet. Auch Trumps Beraterin Kellyanne Conway ging nicht auf Putin ein, sondern betonte, dass es zwischen Donald Trumps Wahlsieg und den russischen Cyberattacken keinen Zusammenhang gebe. "Wir haben nicht deshalb gewonnen, weil sich Hacker in amerikanische Computer einloggten, sondern weil die Menschen einen Wandel wollten."

Nicht nur Trump kritisierte Obamas Zurückhaltung. "Die amerikanische Öffentlichkeit hätte darüber informiert werden sollen", sagte Jeff Merkley, demokratischer Senator aus Oregon. "Obama wollte die Wahlen nicht gefährden. Aber mit seinem Schweigen tat er genau das ", so Merkley auf CNN. Zu amerikanischen Präsidentschaftswahlen gehöre eine "größtmögliche Transparenz", die Obama mit seinem Verhalten verhindert habe.

Der Bericht der Washington Post markiert inhaltlich einen Richtungswechsel. Wochenlang war von möglichen Verstrickungen des Wahlkampfteams von Donald Trump mit dem Kreml die Rede. Jedes Telefongespräch mit russischen Beamten wurde in den Medien detailliert auseinandergenommen. Mehrere Ausschüsse untersuchen eine mögliche Kollusion.

Dadurch geriet der eigentliche Skandal, die von Putin verordneten Cyberattacken, in den Hintergrund. "Ich bin heute Morgen aufgewacht und habe zum ersten Mal so richtig verstanden, was die Russen angestellt haben", sagte Adam Kinzinger, republikanischer Abgeordneter. "Wir wurden von Putin angegriffen. Wir müssen zurückschlagen."

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