Süddeutsche Zeitung

Mauer-Streit:Trumps Ärger mit den Abtrünnigen

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Auch etliche republikanische Senatoren verlangen in einer Resolution die Aufhebung des Notstands an der Grenze. Erstmals schlägt dem US-Präsidenten derart offener Widerstand aus der eigenen Partei entgegen.

Von Alan Cassidy, Washington

An die republikanischen Politiker im Kongress hat Donald Trump vor allem eine Anforderung: bedingungslose Loyalität. Zwei Jahre lang hat er diese in der Regel erhalten, diese Woche aber hielt für den US-Präsidenten eine empfindliche Niederlage bereit. Der Senat verabschiedete am Donnerstagnachmittag mit 59 zu 41 Stimmen eine Resolution, die die Aufhebung des von Trump verhängten Notstands an der US-Südgrenze zu Mexiko verlangt. Dabei schlugen sich zwölf republikanische Senatoren auf die Seite der Demokraten, um der Resolution zu einer Mehrheit zu verhelfen. Widerstand aus der eigenen Partei: Das ist für Trump in dieser Form neu - zumal es ihn bei seinem wichtigsten Versprechen trifft, dem Bau einer Mauer.

Zu den Republikanern, die schon im Vorfeld erklärt hatten, für eine Aufhebung des Notstands zu stimmen, gehörten die Senatoren Susan Collins, Rand Paul und Lisa Murkowski. Am Donnerstag schlossen sich ihnen dann mehrere prominente Republikaner an, darunter die früheren Präsidentschaftskandidaten Mitt Romney und Marco Rubio. Der Präsident hatte noch bis kurz vor der Abstimmung versucht, seine Parteikollegen auf Linie zu bringen. Wer gegen den Notstand stimme, der stimme gegen die Grenzsicherung, sagte er am Mittwoch vor Journalisten: "Das wäre eine sehr schlechte Sache für sie." Kurz vor dem Votum warnte er die Republikaner auf Twitter, dass sie sich mit einer Annahme der Resolution auf die Seite der Demokraten schlagen würden, "die für das Verbrechen und für offene Grenzen" seien.

Am Mittwoch hatte sich der Senat schon gegen Trumps Kooperation mit Saudi-Arabien ausgesprochen

Den Notstand hatte Trump Mitte Februar ausgerufen, um im Bundeshaushalt Mittel für den Bau einer Mauer zusammenzubekommen, die ihm der Kongress nicht geben wollte. Mit dem Schritt beschnitt Trump nach Ansicht vieler in Washington die alleinige Kompetenz des Kongresses, über das Geld zu entscheiden. Der Kongress müsse klarstellen, dass er "für die institutionellen Voraussetzungen und die Gewaltenteilung kämpfen" werde, sagte die Republikanerin Collins. Auch andere Republikaner bemühten sich, die Abstimmung im Senat nicht als Zurückweisung Trumps und seiner Mauer darzustellen, sondern als Versuch des Kongresses, seine verfassungsmäßige Stellung zu verteidigen. "Ich hoffe, er versteht, dass es sich hier in keiner Weise um eine Kränkung handelt", sagte Senator Kevin Cramer.

Die Republikaner befinden sich beim Streit über die Finanzierung der Mauer in einer unbequemen Lage. Als im Weißen Haus noch Trumps Vorgänger Barack Obama saß, kritisierten sie vehement dessen Tendenz, den Kongress mit Verordnungen zu umgehen. Sie argumentierten dabei stets mit der Verfassungstreue. "Ich würde meine politische Seele opfern, wenn ich Präsident Trump nun anders behandeln würde als Präsident Obama", schrieb Senator Paul in einem Gastbeitrag für Fox News. Viele andere Republikaner fürchten sich jedoch davor, dem Präsidenten offen zu widersprechen, auch, weil sie dafür von konservativen Wählern abgestraft werden könnten. Insgesamt ist Trumps Notstandserklärung bei den Amerikanern aber unbeliebt. Nur 38 Prozent halten sie laut einer Umfrage von Politico für eine gute Idee.

Trump kündigte kurz nach der Abstimmungsniederlage im Senat an, gegen eine Aufhebung des Notstands sein Veto einzulegen. Es wäre das erste Mal in seiner Amtszeit. Der Kongress könnte das Veto mit einer Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern überstimmen, doch diese ist nicht in Sicht. So oder so wird die Notstandserklärung vor Gericht landen, nachdem dagegen bereits Klagen eingegangen sind. Und auch die neu entbrannte Debatte darüber, wo die Befugnisse des Präsidenten gegenüber dem Kongress enden, wird so rasch nicht wieder abflauen.

Das hat auch mit einer zweiten Entscheidung zu tun, die der Senat diese Woche traf: Am Mittwochabend verabschiedete er eine Resolution, die Trump auffordert, die Zusammenarbeit mit Saudi-Arabien im Bürgerkrieg in Jemen binnen 30 Tagen zu beenden. Für den Vorstoß stimmten 54 Senatoren, darunter waren sieben Vertreter der Republikaner. Die Entscheidung ist auch eine Folge des Umgangs der Trump-Regierung mit Saudi-Arabien im Zug der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi. Obwohl die US-Geheimdienste überzeugt sind, dass das Regime in Riad bis in die höchsten Kreise in den Mordfall verwickelt war, hat sich Trump hinter den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman gestellt - was bis weit in die Republikanische Partei hinein für Unmut sorgt.

Auch in dieser Frage hatte Trump schon vorher gedroht, sein Veto einzulegen, und auch hier ist eher unwahrscheinlich, dass sich in beiden Kongresskammern eine Zweidrittelmehrheit findet, die dieses Veto überstimmen könnte. Trotzdem setzt der Senat mit der kleinen Revolte ein Zeichen. Eingebracht wurde sie von Senator Bernie Sanders, der in der Fraktion der Demokraten politisiert. Er sprach von einem "historischen Votum" mit klarer Botschaft: Der Kongress werde nicht zulassen, dass die US-Regierung Saudi-Arabien dabei unterstütze, in Jemen die größte humanitäre Katastrophe des Planeten anzurichten.

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SZ vom 15.03.2019
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