Das mit Spannung erwartete erste Treffen zwischen Donald Trump und Kim Jong-un ist mit historischen Bildern, großen Worten und einer gemeinsamen Erklärung zu Ende gegangen. Darin verpflichten sich die beiden Staatschefs, für den Frieden und die Sicherheit der Koreanischen Halbinsel zusammenzuarbeiten und ein neues Kapitel in den amerikanisch-nordkoreanischen Beziehungen zu beginnen. Nordkorea erklärt sich zur kompletten nuklearen Abrüstung bereit.
Am Dienstag um 9.04 Uhr Ortszeit standen sich die beiden gegenüber, schritten aufeinander zu und schüttelten sich die Hände. Alles wirkte fein abgestimmt, der Handschlag dauerte 13 Sekunden, Trump redete auf Kim ein, der Nordkoreaner hörte zu. Dann zogen sich die beiden zu Gesprächen zurück. Es war das erste Mal, dass ein US-Präsident und ein nordkoreanischer Führer sich getroffen haben.
Gipfeltreffen in Singapur:Trump und der Diktator, der seine Bürger versklavt
In Singapur preist der US-Präsident den "talentierten" Kim Jong-un als Mann, der sein Land liebe. Dass dieser in Nordkorea seine Macht mit Mord, Folter und Propaganda sichert - dazu sagt Trump kaum ein Wort.
Am Ende ihres Gipfels, einige Stunden nach der Begrüßung, unterzeichneten Trump und Kim in einer vom Fernsehen übertragenen Zeremonie vier gemeinsame Abschlusserklärungen, die nicht unmittelbar veröffentlicht wurden. Eines der Dokumente hielt Trump aber gut lesbar in die Kamera, es ist etwas länger als eine DIN-A4-Seite ( das ganze Dokument lesen Sie hier) und enthält vier zentrale Punkte:
- Die USA und Nordkorea wollen "neue Beziehungen" zwischen den beiden Nationen herstellen - "in Einklang mit dem Wunsch der beiden Völker nach Frieden und Wohlstand".
- Beide Länder wollen zusammen eine "bleibende und stabile Friedensordnung" auf der Koreanischen Halbinsel erreichen.
- Nordkorea verpflichtet sich, auf die komplette Denuklearisierung hinzuarbeiten. Dies hatte Kim bereits bei seinem Treffen mit Südkoreas Präsident Moon Jae-in am 27. April zugesagt, worauf im Abschlussdokument verwiesen wird.
- Die beiden Länder vereinbaren den Austausch sterblicher Überreste von Bürgern des jeweils anderen Landes.
Trump verspricht Nordkorea "Sicherheitsgarantien" im Gegenzug für die Atomabrüstung. Was genau diese Garantien bedeuten und ob es um militärische und außenpolitische Zusammenarbeit geht oder eher um die Sicherung von Kims Macht, ist unklar. Die nukleare Abrüstung Nordkoreas soll durch internationale Experten überwacht werden.
In dem Gipfeldokument heißt es weiter, dass die USA und Nordkorea "Folge-Verhandlungen" führen würden in Person von US-Außenminister Mike Pompeo und einem "relevanten, hochrangigen nordkoreanischen Offiziellen". Diese sollen zum frühestmöglichen Zeitpunkt (bereits kommende Woche, wie Trump in seiner Pressekonferenz verrät) stattfinden, um die Ergebnisse des Gipfels umzusetzen. Konkrete nächste Schritte werden nicht benannt. Pompeo war in den vergangenen Wochen bereits zwei Mal nach Nordkorea gereist, um sich mit Kim Jong-un zu treffen.
Die erste Begegnung zwischen Kim und Trump sei "ein epochales Ereignis von großer Bedeutung" gewesen, heißt es gegen Ende der Erklärung, vom Überwinden jahrzehntelanger Spannungen und Feindseligkeiten ist die Rede. "Wir hatten eine historische Begegnung und haben entschieden, die Vergangenheit hinter uns zu lassen. Die Welt wird eine große Veränderung sehen", sagte Kim.
In der Erklärung fehlen wichtige Details, ein Zeitrahmen etwa oder eine Idee, wie eine künftige Friedensordnung aussehen könnte. Südkorea, wo die USA ungefähr 28 500 Soldaten stationiert haben, wird nicht explizit erwähnt. Den Abzug dieser Soldaten hatte Nordkorea jedoch in der Vergangenheit stets als Bedingung dafür verlangt, dass das Land sein Atomwaffen- und Raketenprogramm aufgibt.
Trump will Manöver mit Südkorea stoppen
Als Kim schon wieder auf dem Nachhauseweg ist, kündigt Trump jedoch an, die gemeinsamen Militärübungen mit Südkorea zu stoppen: "Wir werden die Kriegsspiele beenden, womit wir eine enorme Menge Geld sparen werden." Die US-Soldaten allerdings werden erst einmal in Südkorea bleiben. Er wolle sie gern "zurück nach Hause" holen, sagt Trump auf der Pressekonferenz nach dem Gipfel. Aber er stellt noch keinen Abzug in Aussicht. Auch die US-Sanktionen gegen Nordkorea sollen vorerst bestehen bleiben. "Vielleicht sollte ich die Sanktionen zurückfahren", überlegt Trump zum Abschluss vor der Presse. Es gebe aber noch keine solche Vereinbarung.
Außerdem verkündete Trump das baldige Ende des Koreakrieges. Offiziell herrscht zwischen Nordkorea auf der einen sowie Südkorea und den USA auf der anderen Seite seit 1953 lediglich ein Waffenstillstand.
Ob das Treffen als Erfolg für Trump und seine umstrittene außenpolitische Haudrauf-Methode zu werten ist, ist fraglich. Der russische Experte Andrei Lankow, einer der führenden Nordkorea-Kenner, schrieb in einer ersten nüchternen Einschätzung, dass die gemeinsame Erklärung "null praktischen Wert" besitze. "Die USA hätten ernsthafte Zugeständnisse verlangen können, aber sie taten es nicht", schrieb er bei Twitter. "Nordkorea wird ermutigt sein und die USA haben nichts."
Es könnte nun ein langfristiger Prozess mit vielen weiteren Gesprächen beginnen, konkrete Schritte hin zu Abrüstung und Sicherheit sind abzuwarten. China, die Großmacht im Hintergrund, dürfte zufrieden sein - ihr Einfluss auf der Koreanischen Halbinsel durch Kim bleibt gewahrt. Trump selbst wird sich zu Hause für seinen außenpolitischen Erfolg feiern lassen, wenngleich offen bleibt, worin dieser genau besteht.