Gemessen daran, dass die Partei weder ein nennenswertes Programm noch ein sonderlich beeindruckendes Führungspersonal hat, geht es den US-Demokraten momentan ausgezeichnet. Vor allem gelingt ihnen etwas, was ihnen viele Jahre lang kaum noch gelungen ist: Sie gewinnen Wahlen.
Das ist in einer Demokratie noch keine hinreichende Qualifikation, um gut zu regieren - auch Donald Trump hat ja eine Wahl gewonnen. Aber es ist die notwendige Voraussetzung dafür, überhaupt regieren zu dürfen. Ohne Wahlsiege keine Macht. Und so, wie Umfragen und Stimmung derzeit aussehen, werden die Demokraten den Republikanern bald ein ordentliches Stück Macht wegnehmen können: Die Parteistrategen beider Seiten erwarten, dass die Demokraten bei der Kongresswahl im November die Mehrheit im Abgeordnetenhaus erobern, vielleicht sogar auch im Senat. Die Folge für Trumps Präsidentschaft: Lok rast auf Prellbock.
USA:Zwischen Boxkampf und Affäre
Das Verhältnis zwischen Donald Trump und den Medien wird immer mehr zum Grabenkampf. Und es folgt einer komplexen Logik aus gegenseitigen Abhängigkeiten. Eine Bestandsaufnahme nach einem Jahr Krieg.
Bisher freilich verdanken die Demokraten ihre neue Attraktivität in erster Linie der Tatsache, dass im Vergleich zu Trump jeder halbwegs vernünftige Politiker attraktiv wirkt. Der chaotische Präsident schadet seiner Partei: Er demoralisiert die republikanischen Wähler und Kandidaten. Und er motiviert die demokratischen Anhänger. Ein neuer gemeinsamer Feind ist allemal das beste Mittel, um eine niedergeschlagene und eigentlich ratlose Partei wieder aufzurichten.
Nicht Trump zu sein, ist allerdings keine dauerhafte Strategie für die Demokraten. Irgendwann werden sie den Richtungsstreit lösen müssen, der seit der bitteren Niederlage gegen Trump bei der Präsidentschaftswahl in der Partei schwelt. Was wollen die Demokraten sein? Eine orthodoxe, linksliberale Oppositionspartei, die Speerspitze des "Widerstands" gegen Trump? Oder eine pragmatische, gemäßigte Regierungspartei, die nicht jeden Tag auf Trumps Provokationen hereinfällt, sondern sich mit Dingen beschäftigt, welche die Bürger wirklich betreffen. Die Frage, ob Trump Haiti nun als "Shithole" oder als "Shithouse" bezeichnet hat, gehört beispielsweise nicht dazu.
Wenn die Demokraten Trump schlagen wollen, dürfen sie nicht zu weit nach links rücken
Denn das ist ja der strategische Vorteil der Demokraten: Trump, der vermeintlich so unideologische Außenseiter, hat die Republikaner radikalisiert und weit nach rechts gedrückt. Er hat die politische Mitte geräumt. Aber natürlich sitzen dort noch Wähler, sehr viele sogar, jedenfalls genug, um mit ihnen Wahlen zu gewinnen. Doch diese Leute, die gerade von den Republikanern verlassen wurden, werden nicht für eine Demokratische Partei stimmen, die sich gleichzeitig auf den Weg nach links macht. Dort gibt es vielleicht das gute Gefühl, auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen; aber keine politischen Mehrheiten.
Der aktuelle Haushaltsstreit in Washington zeigt, wie schmerzhaft diese Richtungsentscheidung für die Demokraten sein kann. Natürlich wollen sie die sogenannten Dreamers schützen, junge illegale Einwanderer, die einst als Kinder ins Land gekommen sind. Das gebietet das Gewissen, aber auch der politische Anstand. Deswegen eine Einigung beim Haushalt zu blockieren und die Schließung der Bundesregierung zu erzwingen - mit allen unangenehmen Folgen für die Bürger -, wäre jedoch höchst riskant. Die Wähler mögen es nicht, in Geiselhaft genommen zu werden, weil sich die Politiker nicht einigen können. Egal, wie ehrenwert das Ziel der Geiselnehmer ist.