USA: Nach vereiteltem Anschlag:"Die Dienste haben versagt"

US-Präsident Obama kritisiert nach dem versuchten Anschlag von Detroit seine Geheimdienste mit bisher unbekannter Schärfe. Doch gerade sein selbst gewählter CIA-Chef ist im Kampf gegen den Terror unerfahren.

US-Präsident Barack Obama hat den Geheimdiensten wegen des in letzter Minute verhinderten Flugzeuganschlags bei Detroit Versagen vorgeworfen. Es habe ausreichend Hinweise auf den Täter gegeben, "aber die Dienste haben dabei versagt, die Punkte zu verbinden", kritisierte Obama mit bislang ungekannter Schärfe. Zwar kündigte er an, er werde die Pannen "nicht tolerieren".

USA: Nach vereiteltem Anschlag: US-Präsident Barack Obama ist entsetzt, weil vorliegende Informationen nicht verbunden wurden.

US-Präsident Barack Obama ist entsetzt, weil vorliegende Informationen nicht verbunden wurden.

(Foto: Foto: dpa)

Bei einem Treffen mit den US-Geheimdienstchefs und den für Sicherheitsfragen zuständigen Ministern im Weißen Haus kritisierte Obama insbesondere, dass vorliegende Informationen nicht zu Konsequenzen geführt hätten. Die Regierung wusste demnach, dass Umar Farouk Abdulmutallab im Jemen Kontakte zu Extremisten geknüpft hatte. Und die Dienste hätten gewusst, dass al-Qaida gegen die USA zuschlagen wollte. "Wir wussten, dass diese Gruppe mit einer ganz bestimmten Person zusammenarbeitete. Und es stellte sich heraus, das es in der Tat die Person war, die an der Weihnachtsattacke beteiligt war."

"Botschaft verstanden"

Über einen "Patzer, der zum Desaster hätten führen können", schimpfte Obama nach Angaben des Weißen Hauses auf dem Krisengipfel. "Nur ganz knapp sind wir der Kugel ausgewichen. Abgewendet wurde es von mutigen Personen, und nicht, weil das System funktionierte."

Die heftige Schelte kam offenbar an. "Die Geheimdienstgemeinschaft hat die Botschaft verstanden", erklärte Geheimdienstkoordinator Dennis Blair. "Wir werden Fortschritte machen, um uns den neuen Herausforderungen zu stellen." Konkrete Maßnahmen, wie der Flugverkehr besser gegen terroristische Bedrohungen geschützt werden könne, wurden am Dienstag aber nicht vorgestellt.

CIA-Chef gerät unter Druck

Gleich doppelt unter Druck gerät nun allerdings Leon Panetta, der Direktor des Geheimdienstes CIA: Zum einen wegen der Pannen im Vorfeld des vereitelten Flugzeugattentats vor Detroit und zum anderen wegen des jüngsten Anschlags auf eine CIA-Basis in Afghanistan, bei der sieben CIA-Männer angeblich von der Hand eines Doppelagenten starben.

Als US-Präsident Obama vor einem Jahr Panetta als Direktor des CIA präsentierte, reagierten selbst Politiker in den eigenen Reihen mit Kopfschütteln. Zwar gilt der 71-Jährige als ausgewiesener Troubleshooter und geschickter Manager - doch seine Erfahrungen mit Agenten und Doppelagenten, mit verdeckten Aktionen und Abhörpraktiken waren vor seiner Amtsübernahme gleich null. Das war ungewöhnlich in Washington - und könnte Panetta heute zum Nachteil gereichen. Zu möglichen personellen Konsequenzen sagte Obama zunächst allerdings nichts.

Insider meinen, Obama entschied sich damals für Panetta, weil er einen "Befreiungsschlag" landen wollte. Nach Verstrickungen des CIA in brutale Verhöre, in Verschleppung von Gefangenen und in illegale Abhörprogramme habe Obama einen Neuanfang gesucht.

Panetta, der zuletzt eine überparteiliche politische Forschungseinrichtung in Kalifornien leitete, hatte sich in der Vergangenheit stets gegen Folter ausgesprochen. Auch er plädierte etwa für die Schließung des weltweit kritisierten Gefangenlagers Guantánamo auf Kuba. Allerdings meinten Experten auch, Obama hätte eigentlich einen CIA-Chef mit Geheimdienst-Erfahrung bevorzugt - am Ende habe es der Präsident aber für wichtiger befunden, einen Mann mit weißer Weste und ohne den Verdacht dunkler Flecken zu wählen.

Als Konsequenz aus der Beinahe-Katastrophe stoppte Obama nun die Abschiebung von jemenitischen Guantanamo-Häftlingen in ihr Heimatland. Fast die Hälfte der noch 198 Guantanamo-Insassen sind Jemeniten. In dem südarabischen Staat soll der verhinderte Attentäter von Terroreinheiten ausgebildet worden sein. Obama bekräftigte aber seine Absicht, das Gefangenenlager auf Kuba so bald wie möglich zu schließen.

Honig legt Flughafen Bakersfield lahm

Unterdessen wurde bekannt, dass es am Flughafen Newark, auf dem ein Terminal am Sonntag für sechs Stunden geschlossen worden war, zu einer doppelten Sicherheitspanne gekommen war. Zunächst war ein Unbekannter durch einen Ausgang in falscher Richtung in den Sicherheitsbereich gelangt. Und weil die Kamerabilder von der Sicherheitsschleuse nicht aufgezeichnet wurden, konnte der Eindringling nicht identifiziert werden, wie die Behörden nun mitteilten.

Die Kameras waren vor zwei Jahren von den Verkehrssicherheitsbehörden in Betrieb genommen worden. Wie lange sie nicht aufzeichneten, war zunächst unbekannt. Nach wie vor fehlt von dem Unbekannten jede Spur.

Auf dem Flughafen von Bakersfield in Kalifornien lösten am Dienstag fünf mit Honig gefüllte Flaschen Terroralarm aus und legten den Flugbetrieb stundenlang lahm. Ein Gärtner aus Milwaukee hatte den in Gatorade-Flaschen gefüllten Honig in seinem Handgepäck. Bei ersten Überprüfungen schlug der Alarm wegen mutmaßlicher Spuren des Plastiksprengstoffs TNT an, wie die Polizei am Flugplatz Bakersfield Meadows Fields. Zwei Beamte erklärten, ihnen sei von Dämpfen aus der Reisetasche übel geworden.

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