Corona-Krise:USA legen zweites Hilfspaket auf

Corona in den USA: Mitch McConnell verkündet Einigung zu zweitem Hilfspaket

Der republikanische Mehrheitsführer im US-Senat, Mitch McConnell, verkündet die Einigung.

(Foto: Nicholas Kamm/AP)

Republikaner und Demokraten wollen mit 900 Milliarden Dollar die wirtschaftlichen Folgen für die Bevölkerung mildern. Doch es ist ungewiss, ob das Geld reicht, um den Absturz vieler Bürger in Armut abzufedern.

Von Hubert Wetzel, Washington

Republikaner und Demokraten im US-Kongress haben sich auf ein weiteres Paket an Finanzhilfen geeinigt, um die wirtschaftlichen Schäden der Corona-Pandemie zu lindern. Insgesamt will das Parlament um die 900 Milliarden Dollar bereitstellen. "Mehr Hilfe ist auf dem Weg", sagte der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell am Sonntagabend in Washington, als er die Einigung mit den Demokraten im Repräsentantenhaus verkündete. "Unsere Bürger kämpfen in dieser Weihnachtszeit mit der Pandemie, und sie werden dabei nicht alleine kämpfen."

So notwendig die Einigung war, so unklar ist, ob die nun vereinbarten Zahlungen die dramatische finanzielle Lage, in die die Pandemie viele US-Bürger gestürzt hat, tatsächlich für nennenswerte Zeit werden abfedern können. Obwohl die Pandemie in den USA nach wie vor mit voller Kraft wütet, ist das Hilfspaket, auf das Republikaner und Demokraten sich geeinigt haben, nicht einmal halb so groß wie jenes, das der Kongress im Frühjahr gebilligt hatte. Damals hatte das Parlament 2200 Milliarden Dollar bereitgestellt.

In seiner Struktur ähnelt das neue Hilfspaket dem ersten: Wie schon im Frühjahr sollen auch jetzt Bürger bis zu einer bestimmten Einkommensobergrenze eine direkte Einmalzahlung vom Finanzamt bekommen. Im Frühjahr betrug diese Zahlung höchstens 1200 Dollar pro Erwachsenem, jetzt sollen es 600 Dollar sein. Zudem will die Bundesregierung die Arbeitslosenhilfe um bis zu 300 Dollar pro Woche aufstocken, die Bürger, die ihren Job wegen der Pandemie verloren haben, von den Bundesstaaten bekommen. Diese Regelung war ebenfalls bereits im ersten Hilfspaket enthalten, von Frühjahr bis Sommer bekamen Arbeitslose sogar 600 Dollar pro Woche von der US-Regierung zugeschossen - 2400 Dollar im Monat. Diese Zahlungen waren maßgeblich dafür verantwortlich, dass viele Menschen in der ersten Phase der Pandemie nicht ins soziale Elend abgestürzt sind. Viele arbeitslose Niedrigverdiener hatten auf diese Weise sogar mehr Geld zur Verfügung als zu der Zeit, als sie noch arbeiteten. Für Unternehmen werden 284 Milliarden Dollar an Krediten und Zuschüssen bereitgestellt, damit sie die Löhne ihrer Angestellten weiter bezahlen können und möglichst keine Mitarbeiter entlassen.

Ein weiterer wichtiger Baustein in dem Hilfspaket ist die Verlängerung eines nationalen Moratoriums für Zwangsräumungen. Millionen Amerikaner haben derzeit nicht genug Geld, um ihre Mieten zu bezahlen oder ihre Hauskredite zu bedienen. Um eine Welle an Zwangsräumungen zu verhindern, haben die US-Regierung sowie etliche Bundesstaaten entsprechende Moratorien verhängt. Das der Bundesregierung soll offenbar zunächst bis Ende Januar verlängert werden. Die Demokraten hoffen, dass die neue Regierung unter Präsident Joe Biden, der am 20. Januar vereidigt werden soll, dann weitere Hilfen für Mieter beschließt.

Wochenlang wurde um das Paket gestritten

Das Repräsentantenhaus verabschiedete noch am Sonntagabend eine Übergangsfinanzierung für einen Tag, um zu verhindern, dass der Regierung kurzfristig das Geld ausgeht und es zu einem "Shutdown" kommt - also zu einem teilweisen Stillstand der Regierungsgeschäfte. Der Senat sollte ebenfalls noch vor dem Ablauf der dafür gesetzten Frist um Mitternacht Ostküstenzeit über die Kurzfrist-Finanzierung abstimmen. Das Votum zum Haushaltsgesetzespaket und dem neuen Corona-Hilfspaket könnte dann am Montag im Kongress folgen.

Republikaner und Demokraten hatten wochenlang erbittert um das jetzt beschlossene Paket gerungen. Im republikanischen Lager hatte es Warnungen vor den Kosten und der steigenden Verschuldung der USA gegeben - ein fast schon zynisches Argument angesichts der Tatsache, dass die Parlamentarier der Partei in den vergangenen vier Jahren ihrem Präsidenten Donald Trump tatkräftig dabei geholfen haben, das Defizit und die Neuverschuldung auf Rekordhöhe zu treiben. Jetzt, da Trump abgewählt ist, entdecken offenbar viele Republikaner ihre vermeintliche Liebe zur Haushaltsdisziplin wieder.

Parlamentarier vom linken Flügel der Demokraten hatten hingegen damit gedroht, nicht für das Hilfspaket zu stimmen, sollte es keine Direktzahlungen an die Bürger und keine Aufstockung der Arbeitslosenhilfe enthalten. Die jetzt vereinbarten Summen liegen immer noch deutlich unter denen, die dieser Teil der Demokraten gefordert hatte. Interessanterweise erhielten die Demokraten in diesem Streit ausgerechnet von Donald Trump Rückendeckung. Der Präsident hatte am Wochenende per Twitter höhere Direktzahlungen an die Bürger gefordert. Berichten zufolge hatte er eine Summe von 2000 Dollar im Auge.

Die Demokraten hatten zudem Hilfe in Milliardenhöhe für Bundesstaaten, Städte und Kommunen gefordert, denen wegen der Pandemie die Steuereinnahmen wegbrechen, weil große Teile der örtlichen Wirtschaft stillstehen. Aus dem ganzen Land gibt es Berichte, dass Städte wegen schrumpfender Budgets Polizisten, Feuerwehrleute und Lehrer entlassen oder öffentliche Leistungen zusammenstreichen müssen. Bei den Republikanern gab es allerdings erheblichen Widerstand gegen solche Hilfszahlungen - man wolle nicht "schlecht wirtschaftenden, demokratischen Städten aus der Patsche helfen", hieß es.

Die beiden Seiten einigten sich daher auf die Minimalhilfen, die politisch absolut zwingend waren: Zahlungen an Bürger, die andernfalls vor dem sozialen Absturz, vor dem Bankrott und der Obdachlosigkeit stünden. Diesen Menschen nicht zu helfen, sondern sich zerstritten in die Weihnachtspause zu verabschieden, konnten die Parteien sich nicht leisten.

Wie angespannt die Lage in den USA nach neun Monaten Pandemie ist, zeigen einige Zahlen: Die Zahl der Menschen, die sich zum ersten Mal arbeitslos melden, ist zuletzt wieder gestiegen, vorige Woche waren es 885 000 - deutlich mehr als erwartet. Zugleich stieg die Armutsrate im November auf 11,7 Prozent. Das war im Vergleich zu Juni ein Anstieg um 2,4 Prozentpunkte und hatte wohl vor allem mit dem Wegfall der zusätzlichen Arbeitslosenhilfe aus dem ersten Hilfspaket zu tun. Und Schätzungen zufolge werden zwölf Millionen amerikanische Mieter bis Januar einen durchschnittlichen Mietrückstand von 5850 Dollar angehäuft haben - ein Betrag, den viele Familie ohne Hilfe nie werden abbezahlen können.

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