USA:Knallharter Kuschelkurs

  • Nach dem Antrittsbesuch der britischen Premierministerin Theresa May im Weißen Haus tritt sie mit einem Bekenntnis zur Nato vor die Presse.
  • Auch der neue US-Präsident Donald Trump stehe hinter dem Bündis, sagt May. Trump selbst äußert sich dazu nur diffus.
  • Er selbst betont indes das "besondere Verhältnis" zwischen den Vereinten Staaten und dem Vereinigten Königreich.

Von Hubert Wetzel, Washington

Theresa May und Donald Trump mögen sich, zumindest konnten sie kaum damit aufhören, das bei ihrer gemeinsamen Pressekonferenz in Washington immer wieder zu betonen. Allerdings: Es war schon auffällig, dass Trump die britische Premierministerin stets locker mit "Theresa" ansprach, sie den Amerikaner jedoch recht förmlich als "Mister President" titulierte.

Vielleicht ist die angebliche Zuneigung doch nicht so ganz gegenseitig. Das mag daran liegen, dass - zumindest gemessen an den Aussagen in der Pressekonferenz - May von Trump nur wenig politisch Handfestes bekommen hat. Der Präsident empfing die Britin zwar mit allem Pomp, und er achtete darauf, mindestens so oft von der special relationship zwischen den USA und Großbritannien zu sprechen wie Theresa May selbst.

May bei den Republikanern

Aber bei den beiden wichtigsten Themen, die May in Washington klären wollte - Trumps Verhältnis zur Nato und sein künftiger Umgang mit Russland -, ließ Trump die Kollegin am Freitag sehr ungalant auflaufen. Ihre Erwartungen hatte May bereits am Tag zuvor formuliert, in einer Rede vor republikanischen Parlamentariern in Philadelphia. Darin hatte sie an die lange, enge Verbindung zwischen beiden Ländern erinnert, an den gemeinsamen Kampf gegen Faschismus und Kommunismus, an die gemeinsamen Werte wie Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.

Es war eine durchaus mutige Ansprache, denn May hatte - entgegen mancher Vorhersagen - Trump eben nicht nach dem Munde geredet. Als Premierministerin eines Landes, das in naher Zukunft ein möglichst vorteilhaftes Handelsabkommen mit den USA schließen muss, hätte sie Trump umschmeicheln können, sie hätte seine krude, nationalistische Weltsicht bedienen können.

Doch sie tat das in Philadelphia nicht - im Gegenteil: Mays Bekenntnis zur Nato war hart, und sie warnte Trump ausdrücklich davor, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu sehr zu vertrauen. Die Annexion der ukrainischen Krim durch Russland nannte sie "illegal". Ebenso verteidigte sie das Atomabkommen mit Iran, sie lobte internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen und nahm friedliche Muslime in Schutz gegen den Verdacht, verkappte Terroristen zu sein.

Selbst für die EU, aus der sich Großbritannien unter Mays Führung verabschieden will und die Trump für kaum mehr als eine Freihandelszone hält, gegründet, um Amerika zu schaden, hatte die Britin freundliche Worte. Es sei fundamental im amerikanischen wie im britischen Interesse, dass die EU erfolgreich sei, sagte sie.

Vages Bekenntnis zur Nato

May sprach zwar nur im Namen Großbritanniens. Aber im Grunde trug sie im Namen Europas ein Plädoyer dafür vor, warum Amerika eine weltoffene, liberale, engagierte Macht in der Welt bleiben sollte. "Wir sind gemeinsam dafür verantwortlich zu führen. Denn wenn andere sich vordrängeln, während wir uns zurückziehen, ist das schlecht für Amerika, schlecht für Großbritannien und die Welt", beschwor sie die Amerikaner in Philadelphia. "Es liegt in unserem Interesse - im britischen wie im amerikanischen -, unsere Werte, unsere Interessen und die Ideen, an die wir glauben, kraftvoll zu verteidigen."

All das wären Anknüpfungspunkte für Trump gewesen. Doch der neue Präsident war ganz offensichtlich nicht gewillt, sie zu nutzen. Zum Beispiel beim Thema Nato: Vor einigen Tagen hatte Trump das Bündnis zum Entsetzen der Europäer als "obsolet" bezeichnet, der Auftritt mit May wäre daher eine gute Gelegenheit für eine Korrektur gewesen. Doch von Trump - kein Wort.

Der neue US-Präsident nahm in seiner abgelesenen Eingangserklärung den Namen der transatlantischen Allianz nicht einmal in den Mund. Stattdessen musste May einspringen. Sie versicherte den Journalisten, Trump habe ihr gerade gesagt, er stehe "zu einhundert Prozent hinter der Nato". Sie und der Präsident wüssten beide um den Wert des Bündnisses.

Das kann so sein, doch Trump tat am Freitag nichts, um die Welt davon zu überzeugen.

Putin, Handelsabkommen, EU

Beim Thema Russland waren die Meinungsunterschiede noch offensichtlicher. Trump will an diesem Samstag sein erstes Telefonat als US-Präsident mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin führen. Insofern war es verständlich, dass er nicht allzu hart über Putin herziehen wollte. Aber er gab sich auch keine Mühe, May in ihrer entschlossenen Haltung gegen Moskau zu bestärken.

Für Großbritannien komme eine Lockerung der Sanktionen gegen Moskau, die wegen Putins Aggressionen in der Ukraine verhängt wurden, nicht infrage, sagte May. "Wir sagen das sehr klar." Von Trump war hingegen nichts Klares zu hören. Er wolle gute Beziehungen zu allen Ländern, auch zu Russland und China, wenn sich das machen lasse, sagte der US-Präsident. Dann philosophierte er darüber, ob ein gutes Verhältnis zu Putin machbar sei. Vielleicht, vielleicht auch nicht, so Trumps Antwort. Er habe schon Menschen getroffen, von denen er dachte, er möge sie. Und dann habe er sie gar nicht gemocht; auch die gegenteilige Erfahrung habe er gemacht. Zumindest hoffe er, dass er zu Russland eine "fantastische Beziehung" aufbauen werde. Das, da darf man sicher sein, war nicht, was May hatte hören wollen.

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