Süddeutsche Zeitung

USA und Iran:Wurzeln des Hasses

  • Einst war Iran der engste Verbündete der USA im Nahen Osten. Seit Ayatollah Ruhollah Chomeini hat sich das nach der Islamischen Revolution geändert.
  • Im November 1979 wurde die US-Vertretung in Teheran gestürmt, 52 US-Diplomaten wurden in Geiselhaft genommen.
  • Die USA unterstützen den irakischen Diktator Saddam Hussein bei seiner Aggression gegen Iran.
  • Nach der US-Invasion im Irak, die Irans gefährlichsten Feind ausschaltete, organisierten die Revolutionsgarden Angriffe auf die US-Besatzungstruppen.

Von Paul-Anton Krüger

Die eng mit Iran verbündeten irakischen Milizionäre dürften sich der historischen Parallele bewusst gewesen sein, als sie diese Woche die US-Botschaft in Bagdad belagerten. Die Erstürmung der amerikanischen Vertretung in Teheran im November 1979 und die anschließende 444-tägige Geiselhaft von 52 US-Diplomaten sind der Wendepunkt im Verhältnis zwischen den Vereinigten Staaten und Iran. Unter Schah Reza Pahlavi war Iran der engste Verbündete der USA im Nahen Osten, Ayatollah Ruhollah Chomeini dagegen machte den Hass auf die USA und Israel nach der Islamischen Revolution zu einem ideologischen Kern der Islamischen Republik.

Doch der Groll der Revolutionäre (und vieler Iraner) reicht weiter zurück. Im Jahr 1953 orchestrierte die CIA zusammen mit dem britischen MI6 einen Putsch gegen den demokratisch gewählten Premier Mohammad Mossadegh, der die Verstaatlichung der von Großbritannien kontrollierten Ölindustrie betrieb. Die rückhaltlose Unterstützung der USA für den zunehmend mit brutaler Unterdrückung herrschenden Schah verstärkte die Ressentiments. Chomeini stellte sich weder der Erstürmung der Botschaft entgegen noch machte er Versuche, die Krise zu lösen. Iran verstieß damit gegen internationales Recht und eiserne Regeln der Diplomatie.

Für die USA geriet der Versuch, die Geiseln in einer Militäroperation im April 1980 zu befreien, zum Desaster. US-Präsident Jimmy Carter, der sie angeordnet hatte, verlor im selben Jahr die Wahl gegen Ronald Reagan. Die Geiseln kamen kurz nach dessen Amtseinführung frei. In der Folge unterstützten die USA den irakischen Diktator Saddam Hussein bei seiner Aggression gegen Iran und rückten davon auch nicht ab, als dieser Chemiewaffen einsetzte und iranische Städte mit Raketen beschoss. Chomeini hatte die Schiiten zuvor zum Aufstand gegen das sunnitische Regime aufgerufen, der Export seiner Revolution war sein erklärtes Ziel.

1983 verübte die von den iranischen Revolutionsgarden aufgebaute Hisbollah Terrorattacken auf US-Einrichtungen in Beirut, nachdem die USA und andere westliche Staaten in den Bürgerkrieg eingegriffen hatten. Bei einem Selbstmord-Anschlag auf die US-Botschaft im März starben 63 Menschen, unter ihnen 17 Amerikaner. Im Oktober trafen mit Sprengstoff beladene Lastwagen den zentralen US-Militärstützpunkt und töteten 241 amerikanische Soldaten sowie 53 Franzosen.

1988 griffen die USA iranische Ölplattformen und Marineschiffe an - dies sei eine Vergeltung dafür, dass Iran Seewege in der Straße von Hormus vermint habe. Im gleichen Jahr schoss der Lenkwaffenkreuzer USS Vincennes eine iranische Linienmaschine mit 290 Zivilisten an Bord im iranischen Luftraum ab - die Vereinigten Staaten sprachen von einem Versehen, was Iran nicht akzeptierte.

Nach der US-Invasion im Irak, die Irans gefährlichsten Feind ausschaltete, organisierten die Revolutionsgarden Angriffe auf die US-Besatzungstruppen. In Afghanistan dagegen kooperierten die beiden Staaten stillschweigend gegen die Taliban. US-Präsident Barack Obama versuchte, einen möglichen Krieg mit Iran wegen des Atomprogramms zu vermeiden und das historisch belastete Verhältnis zu Teheran durch das 2015 geschlossene Atomabkommen zu verbessern. Irans Oberster Führer Ali Chamenei aber verhinderte eine Annäherung an den Westen. Unter Donald Trump nahm dann mit dessen Ausstieg aus dem Abkommen die Eskalation ihren Lauf.

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SZ vom 04.01.2020
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