USA:In der Zentrifuge

Der Nationale Sicherheitsberater ist mächtig - aber auch angreifbar. Michael Flynn war nicht der erste, der in diesem Amt scheiterte.

Von Stefan Kornelius

Michael Flynn war nicht der erste General auf dem Posten des Nationalen Sicherheitsberaters, und vor ihm sind schon andere überraschend und im Skandal hinausgeworfen worden. Flynn ist aber definitiv der Sicherheitsberater mit der kürzesten Amtszeit. 24 Tage waren ihm vergönnt, und dabei wurden die USA noch nicht einmal von einer ordentlichen Krise in der Welt heimgesucht.

Der Nationale Sicherheitsrat (NSC) wird von den Altmeistern dieses Fachs wie Henry Kissinger oder Brent Scowcroft als die ultimative Herausforderung im Präsidenten-Orbit beschrieben. Dieses Eigenlob versteht sich ab einem gewissen Ego-Grad von selbst, vor allem, wenn man den NSC überlebt hat und mit seinen Begabungen als Jongleur der Macht hausieren gehen kann. Nach Abzug aller Eitelkeit bleibt aber ein wahrer Kern: Der Nationale Sicherheitsberater ist so etwas wie der globale Leibwächter des Präsidenten, ultimativer Ratgeber in Sachen Krieg und Frieden und am Ende Jongleur zwischen den Interessen großer Regierungsbehörden.

Vor allem ehemalige Generäle haben Probleme mit dieser Struktur

Barack Obama erschien die NSC-Behörde so bedeutsam, dass er nicht genug davon bekommen konnte - er stockte das Personal auf bis zu 400 Mitarbeiter auf, 15 Prozent mehr als sein Vorgänger George W. Bush. Ronald Reagan hatte den größten Verschleiß an Sicherheitsberatern - sechs an der Zahl, alle mit geringem Einfluss und großem Skandal-Potenzial. Die beste Überlebenschance hatten schon immer jene Berater, die viel arbeiteten und wenig redeten - etwa Stephen Hadley und Condoleezza Rice unter George W. Bush oder Sandy Berger während der Clinton-Präsidentschaft. Ihre Devise war simpel: Arbeite für den Präsidenten, und nur für den Präsidenten. In einem Klima enormen Misstrauens und unablässiger Beeinflussungsversuche überlebt derjenige, der ausreichend inneren Abstand hält.

Dass vor allem ehemalige Generäle Probleme mit dieser Struktur haben, ist nicht weiter verwunderlich. Der NSC ist keine hierarchische Organisation, hier ist die Kunst des Ausgleichs zwischen den Ministerien, dem Kongress und den unzähligen ausländischen Interessen gefragt. Noch jeder Sicherheitsberater vor Flynn hatte sich in den ersten Wochen in diesem Gestrüpp verfangen. Obama feuerte seinen ersten Berater Jim Jones, weil die Chemie nicht stimmte. Im Team von George W. Bush wurden zunächst heftige Machtkämpfe zwischen Vizepräsident, Stabschef und Verteidigungsminister ausgetragen.

Mit Flynn werden nun auch wieder eine Reihe von Beratern das Weiße Haus verlassen - der Nachfolger wird seinen eigenen Stab wollen. Ausländische Regierungen, die gerade froh über die ersten Kontakte zu Trumps Team waren, müssen von vorne anfangen. Und die Machtkämpfe haben gerade erst begonnen.

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