USA im Übergang:So geht es nach Trumps Sieg weiter

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  • In der Transition-Phase muss die neue Regierung Tausende neue Positionen in Washington besetzen.
  • Zusätzlich gilt es nun, die Wahlversprechen auch in konkrete politische Programme zu gießen. Trump hat sich darauf nie vorbereitet.

Von Stefan Kornelius, München

Bereits im vergangenen April versammelten sich Vertreter der Wahlkampfteams von Donald Trump, Ted Cruz, John Kasich, Hillary Clinton und Bernie Sanders in einem Amtszimmer im Washington, um von einem Behördenvertreter Instruktionen entgegenzunehmen. Ziel der Unterrichtung: Wie genau funktioniert die Zeit des Übergangs, jenes politischen Niemandslandes, das am 9. November beginnt und am 20. Januar mit dem Bibelschwur des neuen Präsidenten endet?

Transition wird diese Phase im politischen Kalender genannt, und für die gibt es ein Gesetz (von 1963), staatliches Geld und offizielle Büroräume. Zwei große Aufgaben müssen in den wenigen Tagen bewältigt werden: Erstens muss die neue Regierung ungefähr 4000 Positionen in der Washingtoner Arena besetzen, vom Botschafter bis zum Vorzimmerchef - ein schier unmögliches Unterfangen. 1212 der Kandidaten müssen gar eine Anhörung vor dem Senat bestehen. In der Regel sind zur Amtseinführung nur die Schlüsselpositionen ausgehandelt; Schätzungen zufolge sind während einer vierjährigen Amtszeit nie mehr als 80 Prozent der Posten gefüllt.

Und zweitens ist in diesen Wochen die Zeit gekommen, um die Wahlversprechungen hinter sich zu lassen und konkrete politische Programme zu beschließen, die sich mit der Mehrheit im Kongress und den Interessen der Minister und Amtsvorsteher in Einklang bringen lassen.

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Trump hat für diese Phase nie wirklich geplant. So wie seine Wahlkampagne nicht den Gesetzen seiner Konkurrenten folgte, so hat sich der künftige Präsident auch kaum um sein Personal und seine Politik gekümmert. Noch am Wahlabend ließ er wissen, was für eine Zeitverschwendung die ganze Sache möglicherweise gewesen sein könnte. Das war vor dem Sieg.

Nun wird Trump sehr viel Zeit mit Politik und Personen verbringen müssen. Am 1. August ist sein Übergangsteam (so wie auch das Team von Clinton) in offizielle Büroräume eingezogen. Seitdem herrscht bemerkenswerte Eintracht unter den Getreuen der verfeindeten Lager: Gemeinsam nahm man an Unterrichtungen im Kongress und im Weißen Haus teil. Unter den Strippenziehern der Parteien herrscht Konsens: Die Vorgänger-Regierung muss den Nachfolgern institutionelles Wissen vererben - sonst endet der Amtswechsel im Desaster. Da mag Trump noch so sehr gegen "die da" in Washington zetern: Die Mandarine in den Kanzleien und Vorzimmern der Macht sind der Meinung, dass die Staatsgeschäfte von einer eingeschworenen Truppe in Washington gesteuert werden, komme, wer da wolle als Präsident. Und so handeln sie dann auch.

Geleitet wird die Übergangstruppe des neuen Präsidenten vom Trump-Vertrauten und Gouverneur von New Jersey, Chris Christie. Der wird maßgeblich unterstützt von zwei Vertrauten aus der New-Jersey-Clique: Rich Bagger und Bill Palatucci. Christie ist freilich noch vor dem Wahlsieg unter massiven Druck geraten, als zwei seiner engsten Mitarbeiter Ende vergangener Woche wegen Betrugs und Konspiration in einem saftigen Regionalskandal verurteilt wurden. Es ging um die berüchtigte Brückenbaustelle, mit der Christie einem politischen Konkurrenten schaden wollte. Prompt forderten Hillary Clintons Vertraute den Rücktritt Christies. Das werden sie jetzt wieder tun.

Neben Christie schwirren noch die Namen von einem halben Dutzend anderen Figuren aus dem republikanischen Orbit durch die Netz-Portale, wenn es um den Übergang geht. Einige kommen von der konservativen Heritage-Stiftung, andere waren hochrangige Mitarbeiter von Abgeordneten oder Anwälte aus der Lobby. Dabei ist ein prominenter Strippenzieher aus dem 2012-Wahlkampf von Mitt Romney zuständig für die Ernennungen im engsten Präsidentenkreis. Das spricht für Verlässlichkeit. Für alle Berater aber gilt: außerhalb von Washington unbekannt.

Denn dies ist das größte Problem von Trump: Das republikanische Establishment hat sich vom Kandidaten distanziert. So hat fast die komplette außenpolitische Elite der Partei öffentlich ihren Abscheu bekundet und eine weitreichende Festlegung getroffen: Man werde für den Mann nicht arbeiten. Prominente Namen für die Besetzung wichtiger Ämter, etwa für den Posten des Nationalen Sicherheitsberaters oder des Außenministers: Fehlanzeige.

Er scheint wenig Interesse an erfahrenen Leuten zu haben

Als die Bundesregierung, wie es üblich ist, Kontakte zur Trump-Mannschaft aufbauen wollte, fand keiner den Zugang. Am Ende waren es die Sphinx Henry Kissinger und der Ex-Botschafter in Deutschland, Richard Burt, die Botschafter Peter Wittig einen Termin bei Trump-Schwiegersohn Jared Kushner vermittelten.

Trump selber scheint auch wenig Interesse an erfahrenen Polit-Akteuren zu haben. Es heißt, er sondiere schon lange auf der Vorstandsebene amerikanischer Konzerne nach geeigneten Kabinettsmitgliedern. Es heißt aber auch, das Team der Wahlkampagne habe keinen Kontakt mit dem Übergangsteam. Viel wird geredet in diesen Stunden in Washington - auch dies ein Zeichen großer Orientierungslosigkeit.

Ansonsten zeichnet sich ab, dass ein Präsident Trump dort beginnen wird, wo Präsident Obama aufhörte: am Schreibtisch mit einem Stift in der Hand. Executive order, heißt das Zauberwort. Mithilfe dieses administrativen Kniffs hat Obama seine Ziele durchgesetzt. Mithilfe der Verordnungen löste er das Problem, dass er keine gesetzgeberische Mehrheit hinter sich hatte. Trump, so heißt es nun, wolle mit dem selben Federstrich die Verordnungen seines Vorgängers wieder aufheben.

© SZ vom 10.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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