Süddeutsche Zeitung

USA:Im Schnellverfahren

Möglichst kurz soll der Impeachment-Prozess gegen den US-Präsidenten werden, hoffen die Republikaner. Doch die Demokraten pochen auf Zeugen - vor allem auf einen.

Von Alan Cassidy, Washington

Während sich Donald Trump beim Weltwirtschaftsforum in Davos mit anderen Regierungschefs und Wirtschaftsführern traf, begann zu Hause in Washington das Amtsenthebungsverfahren gegen den US-Präsidenten im Senat. Am Dienstag trat die Kammer zum ersten Verhandlungstag zusammen. Bereits da stand fest, was die Republikaner anstreben: ein möglichst kurzes Verfahren, das womöglich ohne Zeugen über die Bühne gehen wird - und schon Ende der kommenden Woche mit einem Freispruch für Trump enden könnte. Der republikanische Mehrheitsführer Mitch McConnell legte eine entsprechende Resolution vor, die den Fahrplan und die Regeln für den Impeachment-Prozess festlegen sollte.

McConnells Plan sah zunächst vor, dass die Kläger - vertreten durch sieben demokratische Mitglieder des Repräsentantenhauses - zuerst 24 Stunden Zeit für ihr Eröffnungsplädoyer erhalten, die auf zwei Tage verteilt werden sollten. Weil die Sitzungen des Senats jeweils erst um 13 Uhr Ortszeit beginnen, hätten sich die Präsentation bis in die Nacht oder in die Morgenstunden gezogen - nicht gerade Zeiten, zu denen viele Bürger hinschauen. Danach sollte die Verteidigung des Präsidenten, vertreten durch mehrere Anwälte, 24 Stunden Zeit für ihr Plädoyer erhalten. Kurz vor Beginn der ersten Sitzung im Senat verlängerte McConnell beide Fristen jedoch um je 24 Stunden. Nach spätestens sechs Tagen sollen nun die Senatoren, die bei einem Impeachment als Jury fungieren, 16 Stunden Zeit erhalten, um schriftliche Fragen an beide Parteien zu stellen.

Die Opposition interessiert sich vor allem für die Aussage von Ex-Sicherheitsberater Bolton

Erst dann will McConnell darüber debattieren und abstimmen lassen, ob Zeugen sowie neues Beweismaterial zum Prozess zugelassen werden sollen. Selbst wenn der Senat für Zeugen votieren würde, wäre damit noch nicht gesagt, ob die Einvernahme und Anhörung öffentlich erfolgen würde - oder hinter verschlossenen Türen.

Die Kritik der Demokraten an diesen Regeln war heftig. Der demokratische Minderheitsführer Chuck Schumer nannte McConnells Vorgehensweise eine "nationale Schande". Der Republikaner verhindere so ein gründliches Verfahren. "McConnell ist wild entschlossen, die Zulassung von Zeugen und Dokumenten möglichst zu erschweren, um das Verfahren durchzupeitschen." Ein Prozess ohne Zeugen und Beweismittel sei Vertuschung: "Sie fürchten sich vor einem fairen Verfahren." Die Demokraten kündigten eigene Anträge an, die garantierte Anhörung von Zeugen zum Ziel hatten. Schumer verwies auf Umfragen, in denen eine klare Mehrheit der US-Bürger Auftritte von Zeugen befürwortet.

Daraus klang allerdings auch einige Hilflosigkeit. Mit 47 von 100 Stimmen kommt die Opposition im Senat nicht auf die einfache Mehrheit, die es zur Durchsetzung der Regeln braucht. Anders McConnell: Er verkündete schon vor Wochen, dass er in der republikanischen Fraktion die nötigen Stimmen beisammen habe, um die Regeln auch ohne demokratische Unterstützung zu setzen. All dies steht in scharfem Kontrast zu der Vorgehensweise beim letzten Impeachment-Verfahren gegen Bill Clinton. Im Januar 1999 hatten sich Republikaner und Demokraten im Senat noch vor Verfahrensbeginn einstimmig auf Regeln und Fahrplan geeinigt.

Die Demokraten begründen ihre Forderung nach Zeugen damit, dass das Weiße Haus im ersten Teil des Verfahrens im Repräsentantenhaus die Herausgabe von Dokumenten verweigerte und Mitarbeiter der Regierung mit einem Aussageverbot belegte. Die Opposition interessiert sich vor allem für die Aussage von John Bolton, dem früheren Nationalen Sicherheitsberater. Er soll sich vergangenen Sommer intern gegen Trumps Versuch gewehrt haben, die ukrainische Regierung über die Zurückbehaltung von Militärhilfe unter Druck zu setzen, um diese zur Ankündigung von Ermittlungen gegen den demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden zu bewegen. Bolton hat angekündigt, dass er vor dem Senat aussagen werde, wenn er eine Vorladung erhielte.

Die Anklage gegen Trump im Repräsentantenhaus lautet auf Machtmissbrauch und Behinderung des Kongresses. Die Verteidiger des Präsidenten legten am Montag eine 110-seitige Erklärung vor, in der sie ihre bevorstehende Argumentation vor dem Senat vorwegnahmen. Machtmissbrauch sei kein Grund für eine Amtsenthebung, schrieben sie. Dafür sei ein konkreter Verstoß gegen ein bestimmtes Strafgesetz nötig.

Diese Sichtweise wird allerdings von vielen Verfassungsrechtlern bestritten. Die Formulierung der "schweren Verbrechen und Vergehen" in der US-Verfassung schließe sehr wohl den Machtmissbrauch durch den Präsidenten ein, teilten 17 Rechtsprofessoren in einem offenen Brief an den Senat mit.

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SZ vom 22.01.2020
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