USANeue Nachricht in der Signal-Affäre

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US-Verteidigungsminister Pete Hegseth am Ostermontag bei Feierlichkeiten am Weißen Haus in Washington.
US-Verteidigungsminister Pete Hegseth am Ostermontag bei Feierlichkeiten am Weißen Haus in Washington. (Foto: Alex Brandon/AP)

US-Verteidigungsminister Hegseth soll geheime Details zu Angriffsplänen noch in einer zweiten Chatgruppe verschickt haben, in der auch seine Ehefrau war. Zum ersten Signal-Vorfall gibt es einen wesentlichen Unterschied. Die Demokraten fordern seinen Rücktritt.

Von Boris Herrmann, New York

„Hegseth? Wie können Sie Hegseth damit in Verbindung bringen?“, das war die Antwort von Donald Trump, als er Ende März nach der Rolle seines Verteidigungsministers in jener Chatgruppe befragt wurde, die unter dem Namen „Signal-Gate“ in die Geschichte eingehen wird. Damals, vor knapp vier Wochen im Oval Office, war dem Präsidenten schon anzumerken, wie sehr er es hasste, über den offensichtlichsten Dilettantismus von einigen seiner engsten Vertrauten zu sprechen. Sie hatten schließlich nicht nur Luftschläge der US-Streitkräfte in einer frei verfügbaren Chat-App geplant, sondern dabei auch noch übersehen, dass versehentlich ein Journalist zu der Gruppe hinzugefügt worden war, der alles mit größtem Erstaunen notierte.

Als das herauskam, wirkte Trump angefressen und genervt, gleichzeitig tat er so, als ob sein Verteidigungsminister Hegseth niemals auch nur eine einzige Nachricht in diesem Gruppenchat abgesondert hätte. „Er hat damit nichts zu tun“, sagte Trump.

Das widersprach schon damals allen bekannten Tatsachen, denn Hegseth hatte über Signal offenbar detaillierte Pläne des US-Angriffs gegen die Huthi-Miliz in Jemen verschickt – und zwar vorab. Inzwischen aber wirkt der Versuch, den Pentagon-Chef aus all dem herauszuhalten, fast schon wie ein politischer Sketch. Denn Hegseth soll die Informationen über den Militärschlag auch noch mit einer zweiten Chatgruppe geteilt haben, der unter anderem seine Ehefrau Jennifer sowie sein Bruder Phil angehörten. Das berichten die New York Times und CNN unter Berufung auf nicht namentlich genannte Personen, die mit der Sache vertraut sein sollen.

Diesmal soll er sogar sein privates Handy benutzt haben

Jennifer Hegseth ist genau wie ihr Mann eine ehemalige Mitarbeiterin des Senders Fox News, aber sie ist nicht beim Pentagon angestellt. Bereits in den vergangenen Wochen hatte ihre Rolle als Gattin des Verteidigungsministers Argwohn erregt, weil sie offenbar auch an sicherheitsrelevanten Meetings teilnahm, zu denen man nicht einfach so seine Frau, seinen Bruder oder seinen Schwippschwager mitbringen darf. Jetzt sieht es so aus, als sei sie auch vorab per Signal-Nachricht über Details der Raketeneinschläge in Sanaa, der Hauptstadt Jemens, informiert worden. Das dürfte die Debatte weiter befeuern, ob Pete Hegseth seiner Aufgabe auch nur ansatzweise gewachsen ist.

Zumal es einen wesentlichen Unterschied zur ersten Signal-Episode gibt: Jene Chatgruppe, der neben Hegseth etwa auch Vizepräsident J. D. Vance angehörte, hatte Mike Waltz ins Leben gerufen, der Nationale Sicherheitsberater des US-Präsidenten. Waltz übernahm später die volle politische Verantwortung dafür, dass er aus Versehen auch Jeffrey Goldberg, den Chefredakteur des Magazins The Atlantic, dazu eingeladen hatte. Die zweite nun bekannt gewordene Chatgruppe mit dem Namen „Defense/ Team Huddle“ soll aber von Hegseth persönlich erstellt worden sein. Im Übrigen benutzte der Verteidigungsminister laut der New York Times in dieser Gruppe nicht sein Diensthandy, sondern sein privates Telefon. Wenn sich das bestätigt, dürfte das alle Versuche untergraben, die Verantwortung auf andere abzuschieben.

Es wäre geradezu fahrlässig, wenn die Demokraten nach dieser neuerlichen Volte einer ohnehin schon kaum zu fassenden Geschichte nicht die Absetzung Hegseths gefordert hätten. Chuck Schumer, der demokratische Minderheitsführer im Senat, übernahm das. Es kämen immer mehr Details darüber ans Licht, wie Pete Hegseth das Leben amerikanischer Soldaten aufs Spiel setze, teilte Schumer auf Social Media mit. „Aber Trump ist immer noch zu schwach, um ihn zu feuern.“

Sein Sprecher redet von einer „alten Geschichte“

Für Hegseths Verteidigung sprang zunächst der Pentagon-Sprecher Sean Parnell in die Bresche, der offenbar auch selbst dem Ehefrau-Bruder-Gruppenchat angehört hatte. Parnell veröffentlichte am späten Sonntagabend ein Statement, in dem von einer „alten Geschichte“ die Rede war, die „von den Toten“ zurückgeholt worden sei. Die „Trump-hassenden Medien“ seien weiterhin davon besessen, jeden zu vernichten, der sich für die Politik des Präsidenten einsetze.

Ein zweiter signifikanter Unterschied zwischen den beiden Episoden ist die Quellenlage. Im ersten Fall wurden dem Journalisten Goldberg alle Beweise direkt aufs Handy geschickt. Die Berichterstattung über den zweiten Fall fußt bislang auf einer Reihe von anonymen Informanten. Parnell suggerierte, dass es sich um ehemalige Pentagon-Mitarbeiter handle, die sich rächen wollten.

Tatsächlich hatte es zuletzt eine Reihe von Entlassungen im Beraterstab von Hegseth gegeben. Parnell behauptete allerdings auch, dass in keiner der Signal-Chatgruppen geheime Informationen verbreitet worden sein. Das entspricht offensichtlich nicht der Wahrheit, denn zumindest im ersten Fall hatte der Verteidigungsminister detaillierte Angaben über Angriffszeiten und Waffen gepostet. Die interne Aufsicht des Pentagon untersucht noch, inwieweit er damit die Vorschriften zur Geheimhaltung und Dokumentation solcher Operationen verletzt hat.

Für Trump, der weniger politisch als marktschreierisch denkt, dürfte die Wiederbelebung von Signal-Gate jedenfalls ein großes Ärgernis sein. Für ihn ist jeder Tag ein guter Tag, an denen das Land über seine ebenso gnadenlose wie populäre Migrationspolitik redet und nicht über die Wirtschaftslage oder die Dilettanten in seinem Kabinett. Pete Hegseth wird sich ein paar gute Ausreden ausdenken müssen.

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