Immobilien:Die Last mit der Zweitvilla

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Weil die Hauspreise explodieren, müssen sich selbst gut betuchte Amerikaner immer öfter ein Wochenenddomizil teilen.

Von Claus Hulverscheidt

Es gibt Sorgen anderer Menschen, die hätte man gerne, zum Beispiel die, wie das jetzt ist mit dem Wunsch nach einem eigenen Wochenendhaus in Kalifornien. Das ändert jedoch nichts daran, dass die Betroffenen selbst tatsächlich bekümmert sind: Wer einmal von der Sehnsucht gepackt wurde, seine freie Zeit etwa im Napa Valley, dem Land des Cabernet Sauvignon, zu verbringen, der leidet, wenn er feststellt, dass die Zweitvilla mit Pool, Deck und Yoga-Raum preislich gesehen in immer weitere Ferne rückt. Genau das passiert derzeit in den USA: Weil Immobilien seit Jahren in rasantem Tempo immer teurer werden, können sich selbst viele Gutverdiener das beinahe obligatorische Ferienhaus mit See-, Meer- oder Weinbergblick nicht mehr leisten.

Doch keine Krise ohne neue Geschäftsidee: Seit Oktober 2020 gibt es den Online-Immobilienmakler Pacaso, der in beliebten Gegenden Villen erwirbt und diese dann an bis zu acht Teileigentümer weiterverkauft. Der Gedanke: Wer das Haus allein nicht bezahlen kann, teilt es sich halt mit anderen. Immerhin steht das Luxusdomizil jeder Familie so mindestens sechs Wochen im Jahr zur Verfügung.

Das Villa-Sharing hat auch Nachteile

Das Konzept ist so erfolgreich, dass Pacaso nur zehn Monate nach seiner Gründung bereits mit mehr als einer Milliarde Dollar bewertet wird - Rekord. Mancher vergleicht die Firma bereits mit einem berühmten Vorbild, dessen Börsenkapitalisierung mittlerweile 90 Milliarden Dollar beträgt: dem Zimmervermittler Airbnb.

Und genau hier beginnen die Probleme. Denn so wie sich Städte weltweit dagegen wehren, dass immer mehr Wohnungen statt an Einheimische an Airbnb-Gäste vermietet werden, machen in den USA Gemeinden und Anwohner gegen Pacaso mobil. Der Vorwurf: Das Start-up befeuere die ohnehin hohen Hauspreise noch zusätzlich, da es dank der Stückelung seiner Aufwendungen beim Weiterverkauf weniger auf die Kosten achten müsse als Einzelinteressenten. Zudem fürchten Nachbarn, dass ihre oft gediegenen Wohnviertel von dauernd wechselndem Partyvolk heimgesucht werden. In Winzerörtchen wie Sonoma und St. Helena gibt es bereits Bürgerinitiativen gegen Pacaso, deren Namen abgekürzt - wie in den USA üblich - klare Botschaften aussenden: "Stop" nennt sich eine, "Nope" eine andere.

Die Pacaso-Spitze, die schon über eine Expansion nach Europa nachdenkt, entgegnet, dass es in den USA zehn Millionen Wochenendhäuser gebe, die elf Monate im Jahr leer stünden. Zugleich träumten Millionen Menschen von einem zweiten Eigenheim. Auch gegen den Vorwurf der Preistreiberei verwahrt sich Firmenchef Austin Allison, der selbst in den Hügeln nördlich von San Francisco wohnt: Im Napa Valley habe man bisher gerade einmal 14 Häuser vermarktet, das sei ein Witz im Vergleich zu den Hunderttausenden Wohnungen, die in Kalifornien fehlten. "Diese Immobilienkrise ist viel gravierender als Pacaso", so Allison im Wall Street Journal.

Immerhin, ein klein wenig geht das Unternehmen jetzt auf die Angst vieler Anwohner vor dauernd wechselnden Nachbarn und lauten Partys ein: Pacaso will ab sofort nur noch Anwesen mit einem Wert von mehr als zwei Millionen Dollar kaufen. Und in die Soundanlagen aller Häuser werden künftig Schallbegrenzer eingebaut.

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