USA:Gouverneur Cuomo tritt zurück

USA: Er habe nie wissentlich Grenzen überschritten, beteuert Andrew Cuomo.

Er habe nie wissentlich Grenzen überschritten, beteuert Andrew Cuomo.

(Foto: Seth Wenig/AP)

Nach Vorwürfen der sexuellen Belästigung und Rücktrittsforderungen aus der eigenen Partei gibt der demokratische Gouverneur von New York sein Amt auf. Seine Töchter hätten ihn letztlich dazu gebracht.

Von Fabian Fellmann, Washington

Nach Vorwürfen der sexuellen Belästigung durch mehrere Frauen zieht New Yorks demokratischer Gouverneur Andrew Cuomo nun die Konsequenzen. Der 63-jährige Politiker kündigte am Dienstag in einem Video an, sein Amt in 14 Tagen niederzulegen.

Die Blicke seiner drei Töchter seien es gewesen, die ihn zum Umdenken gebracht hätten. In ihren Augen habe er gesehen, dass er Fehler gemacht habe. So begründete er am Dienstagmittag vor den Fernsehkameras seine Entscheidung. Cuomo war einst ein Hoffnungsträger der Demokraten, mit seinem Rücktritt geht in New York auch eine Ära zu Ende.

Es war letztlich doch ein überraschender Schritt. Cuomo hatte in den vergangenen Tagen alles unternommen, um seine Fehler zu leugnen und vom Tisch zu wischen. Ein Untersuchungsbericht der Generalstaatsanwaltschaft von New York hatte vor einer Woche die Erlebnisse von elf Frauen mit Cuomo im Detail geschildert: Der Gouverneur habe die Frauen, die meisten von ihnen in Staatsdiensten, unangemessen behandelt, es habe verletzende Bemerkungen und Berührungen gegeben. So habe er eine Polizistin in seine Nähe versetzen lassen und sie danach verbal und physisch bedrängt. Cuomo wies zunächst alle Vorwürfe zurück, machte Erinnerungslücken geltend, wetterte über die angeblich politisch motivierte Schlammschlacht.

Seine Partei aber hatte sich schon von ihm abgewendet. Es gab Rücktrittsforderungen, auch von US-Präsident Joe Biden. Das Parlament des Bundesstaates New York führt ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn, das mehrere Anklagepunkte enthält. Die Mehrheit der Abgeordneten dürfte sich für ein Impeachment aussprechen.

Mehrere Staatsanwälte haben zudem Strafverfahren eingeleitet, mindestens eine ehemalige Mitarbeiterin hat Klage eingereicht. Am Sonntag legte seine engste Beraterin ihren Posten nieder, weil sie nicht mehr an Cuomos politische Zukunft glaube. Das alles lähme die Regierung, sagte Cuomo am Dienstag vor den Kameras: "Unter diesen Umständen bin ich die größte Hilfe, wenn ich zurücktrete und sich die Regierung wieder dem Regieren widmen kann."

Ende einer Bilderbuch-Karriere

Eine außerordentliche politische Laufbahn geht damit zu Ende. Cuomo begann seine Karriere mit 24 Jahren als Wahlkampfmanager seines Vaters. Mario Cuomo sollte den Staat New York drei Amtszeiten lang als Gouverneur führen. Stets wurde der Sohn am Vater gemessen: Der war auf dem Weg zur US-Präsidentschaft, als ihn Bill Clinton 1996 kaltstellte. Für Andrew Cuomo war das auch eine Chance: Clinton holte ihn nach Washington, als Wohnungsminister erarbeitete er sich parteiübergreifend Achtung.

In New York schaffte er es im zweiten Anlauf, das Gouverneursamt zu ergattern. Und schon bald liebäugelte auch er mit der Präsidentschaft, wie zuvor der Vater. Star-Status errang er spätestens mit seinen regelmäßigen Covid-Medienkonferenzen, in denen er gleichzeitig schonungslos die Fakten darlegte und den gebeutelten New Yorkern Mut machte. Cuomo stand bereit, 2022 eine vierte Amtszeit anzuhängen und den Vater endgültig zu übertrumpfen.

Die erste Frau an der Spitze

Noch am Dienstag präsentierte sich Cuomo als Frauenförderer: Schließlich habe er im Staat New York ein Programm gegen sexuelle Belästigung aufgezogen. Cuomo beteuerte einmal mehr, er habe nie wissentlich oder mit Absicht Grenzen überschritten. Er habe einfach nicht verstanden, wie sehr diese Grenzen verschoben worden seien, sagte Cuomo. So will er es nur nett gemeint haben, als er eine Frau auf einer Hochzeit küsste oder als er eine andere umarmte. Inzwischen habe er gelernt, dass Frauen dieses Verhalten für veraltet hielten - dank der Blicke seiner drei Töchter.

Nun übernimmt erstmals in der Geschichte des Staates New York eine Frau die Geschicke des Ostküstenstaats. Seine Stellvertreterin Kathy Hochul, eine Demokratin, wird nachrücken.

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