USA:22,5 Jahre Haft für Floyd-Mörder

George-Floyd-Prozess: Strafmaß gegen Ex-Polizisten verkündet

Derek Chauvin vor der Verkündung des Strafmaßes. Der Ex-Polizist hatte im vergangenen Jahr mehr als neun Minuten lang sein Knie auf den Hals von George Floyd gedrückt.

(Foto: Uncredited/dpa)

Ein US-Gericht in Minneapolis legt das Strafmaß für den ehemaligen Polizisten Chauvin fest. Die Floyd-Familie spricht von einem "historischen Schuldspruch".

Von Christian Zaschke, New York

Als Richter Peter Cahill am Freitag das Strafmaß verkündete, schien sich im Gesicht des ehemaligen Polizisten Derek Chauvin zunächst kurz Unsicherheit auszubreiten. Für den Mord an George Floyd müsse Chauvin eine Haftstrafe von 270 Monaten verbüßen, sagte der Richter. Es wirkte in diesem Moment, als rechne der 45 Jahre alte Chauvin die Monate in Jahre um. Ergebnis: Er wird 22,5 Jahre im Gefängnis verbringen müssen.

Im Mai vergangenen Jahres hatte Derek Chauvin bei einem Einsatz in Minneapolis mehr als neun Minuten lang auf dem Hals des Afroamerikaners George Floyd gekniet. Obwohl dieser mehrmals sagte, dass er nicht atmen könne, ließ Chauvin nicht von ihm ab, bis Floyd tot war. Der Fall führte in den USA zu landesweiten Protesten gegen Polizeigewalt und systemischen Rassismus.

"Dieser historische Schuldspruch bringt die Floyd-Familie und unsere Nation der Heilung einen Schritt näher, indem er einen Abschluss und Rechenschaft liefert", teilten die Anwälte der Angehörigen am Freitag mit. Es sei ein "bedeutender Schritt", der vor kurzer Zeit noch undenkbar gewesen sei. Tatsächlich sind Schuldsprüche für Polizisten in den USA selten.

Im April hatte eine Jury Chauvin des Mordes zweiten Grades für schuldig befunden. Das entspricht im deutschen Recht in etwa dem Tatbestand des Totschlags. Zur Verkündung des Strafmaßes am Freitag gab es eine Anhörung, in der sich auch Chauvin erstmals äußerte. Er wandte sich direkt an Floyds Familie und sprach sein Beileid aus. Ferner sagte er, dass er sich aus juristischen Gründen derzeit nicht ausführlicher äußern könne. Mit den "juristischen Gründen" meinte er wohl, dass er gegen das Urteil Berufung einlegen kann.

Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von 30 Jahren gefordert. Die Verteidigung forderte eine Freilassung auf Bewährung, obwohl die Mindeststrafe in solchen Fällen im Bundesstaat Minnesota bei zehn Jahren liegt. Dass Chauvin nun bedeutend länger als zehn Jahre ins Gefängnis muss, begründete Richter Cahill zum einen damit, dass es ein besonders grausames Verbrechen gewesen sei, und zum anderen damit, dass Chauvin seine Rolle als Polizist und Autoritätsperson missbraucht habe.

Es gehe ihm nicht darum, ein Zeichen zu setzen, sagt der Richter

Neben Chauvin drohen auch drei weiteren an dem Einsatz beteiligten ehemaligen Polizisten Gefängnisstrafen. Sie werden in einem gesonderten Verfahren in Minneapolis vor Gericht stehen; die Verhandlung soll im März 2022 beginnen. Ihnen wird Beihilfe zur Last gelegt, was mehrjährige Haftstrafen zur Folge haben könnte

Richter Cahill sprach am Freitag nur kurz. Er verwies auf seine 22 Seiten umfassende schriftliche Analyse, in der er detailliert erläutere, warum er das Strafmaß für Chauvin für angemessen halte. Sein Urteil, betonte er, fuße nicht auf Emotion oder Sympathie, sondern auf juristischer Analyse. Dennoch, sagte er, wolle er ausdrücklich darauf hinweisen, dass er um den großen Schmerz der Familie Floyd wisse.

Es sei ihm nicht um die öffentliche Wirkung gegangen oder darum, ein Zeichen zu setzen, sagte der Richter. Als Zeichen gegen Polizeigewalt und Rassismus wird dieses Urteil dennoch besonders von Afroamerikanern verstanden werden.

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