USA: Ex-Präsident in Nordkorea:Nordkoreas Diktator empfängt Bill Clinton

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Offiziell geht es um inhaftierte Journalisten - doch es besteht die Hoffnung auf viel mehr: Der ehemalige US-Präsident Bill Clinton ist in Pjöngjang mit Staatschef Kim Jong Il zusammengetroffen. Es ist das erste Mal seit neun Jahren, dass ein US-Spitzenpolitiker das Land besucht.

Michael König

Gesten funktionieren in der Diplomatie oft besser als Worte. US-Präsident George W. Bush stellte sich 2002 in Südkorea hinter eine Panzerglasscheibe und spähte in den kommunistischen Norden, über die Grenze, wo er Bunker und Waffensysteme sah: Dass Nordkorea zur "Achse des Bösen" gehöre, daran bestand in Bushs Augen angesichts dieser Szenerie kein Zweifel.

Der ehemalige US-Präsident Bill Clinton bekam bei seiner Ankunft in Nordkorea Blumen überreicht. Sein Besuch weckt Hoffnung im Atomstreit - offiziell geht es jedoch um zwei inhaftierte US-Journalistinnen. (Foto: Foto: AFP)

Nun ist Bushs Vorgänger Bill Clinton auf die Koreanische Halbinsel gereist, nicht an die Grenze, sondern direkt in die nordkoreanische Hauptstadt Pjöngjang. Er sei dort mit Kim Jong Il zusammengetroffen, meldete die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap.

Das US-Präsidialamt widersprach der Meldung, Clinton habe dem Staatschef eine mündliche Botschaft des amtierenden Präsidenten Barack Obama überbracht: "Das stimmt nicht", sagte Obamas Sprecher Robert Gibbs in Washington.

Offiziell war Clinton nach Nordkorea gereist, um über die Freilassung zweier amerikanischer Journalistinnen zu verhandeln: Euna Lee und Laura Ling hatten im Auftrag des kalifornischen Nachrichtensenders Current TV an der Grenze recherchiert. Sie waren im Juni wegen eines "illegalen Grenzübertritts" verhaftet und in Nordkorea zu zwölf Jahren Arbeitslager verurteilt worden.

Am Abend berichteten US-Medien, dass Clinton die beiden inhaftierten Journalistinnen sogar besuchen konnte. Das Treffen sei "sehr emotional" verlaufen, meldete der TV-Sender ABC unter Berufung auf ein Mitglied der Delegation. Der Ex-Präsident hoffe, dass die beiden Amerikanerinnen bereits am Mittwoch aus ihrer Haft entlassen würden und in die USA zurückkehren könnten, hieß es. Offizielle Bestätigungen gab es jedoch nicht.

Doch augenscheinlich ging es bei Clintons Nordkorea-Visite um mehr als die Inhaftierung der beiden Journalistinnen - schon zu seiner Amtszeit setzte Clinton auf diplomatische Besuche: Seine Außenministerin Madeleine Albright landete im Jahr 2000 in Pjöngjang, sie setzte sich in ein Auto und besuchte einen Kindergarten im Stadtbezirk Rang Nang. Dort tanzten Kinder zu Akkordeon-Musik im Ringelreihen, und weil Albright ein gutes Gespür für Gesten hatte, tanzte sie mit.

Einige Jahre zuvor, 1994, war der ehemalige Präsident Jimmy Carter nach Pjöngjang gereist - "privat", wie die Clinton-Regierung betonte. Er traf den damaligen nordkoreanischen Diktator Kim Il Sung - und umarmte ihn zum Abschied.

Sowohl Albright als auch Carter brachten mit ihren Gesten den Dialog zwischen den USA und Nordkorea wieder in Gang: in beiden Fällen kam es anschließend zu Annäherungen im andauernden Streit um nordkoreanische Atom-Anlagen. Nun hat sich Clinton - acht Jahre nach dem Ende seiner Amtszeit - selbst zu einer Geste entschlossen. Und wieder besteht die Hoffnung auf eine Verbesserung der Beziehungen.

Zugleich könnte Clinton endlich einen Weg gefunden haben, an der Seite seiner Frau, der amtierenden US-Außenministerin Hillary Clinton, in die Politik einzugreifen, ohne ihr oder US-Präsident Obama in die Quere zu kommen - nach Hillarys Nominierung schien lange unklar, wie sich ihr Gatte positionieren würde.

Nach dem Ende seiner Amtszeit hatte sich Bill Clinton für Katastrophenopfer in Südostasien und im Kampf gegen Aids engagiert, tagespolitisch hielt er sich jedoch zurück. Als Sondergesandter seiner Frau für heikle außenpolitische Fragen könnte er sich nun stärker als verdienter Staatsmann profilieren.

Auf dem Flughafen Pjöngjang sei Bill Clinton vom stellvertretenden Außenminister Kim Kye Gwan und einem ranghohen Parlamentsvertreter empfangen worden, meldete laut einem Bericht der New York Times (NYT) der nordkoreanische Sender Central TV. Ein "kleines Mädchen" habe Clinton zur Begrüßung Blumen überreicht. Über eine Tanzeinlage ist bislang nichts bekannt.

Die Beziehungen zwischen Nordkorea und den USA waren zuletzt frostig: Während der Amtszeit der Regierung Bush hatte Pjöngjang das Streben nach einer Atombombe intensiviert und einen Test durchgeführt. Ein zweiter folgte zu Beginn der Amtszeit Obamas. Zudem waren mehrere Trägeraketen zu Testzwecken abgeschossen worden. Die Inhaftierung der beiden Journalisten markierte einen weiteren Tiefpunkt.

US-Präsident Obama hatte zuletzt betont, man versuche "auf allen Wegen" die Freilassung der Journalistinnen zu erwirken. Zur Reise Bill Clintons wollte sich das Weiße Haus nach Angaben der NYT nicht äußern.

Außenministerin Hillary Clinton hatte Pjöngjang zuletzt im Juni um einen Gnadenerlass für die beiden Journalistinnen gebeten. Man betrachte diese Angelegenheit losgelöst vom Atomstreit, sagte Clinton - nach den Atom- und Raketentests hatte sie das Regime in Pjöngjang mit einem kleinen Kind verglichen, das auf sich aufmerksam machen wolle. Daraufhin erklärte das nordkoreanische Außenministerium, die US-Ministerin verhalte sich wie ein "Schulmädchen".

Dass nun ihr Gatte in das kommunistische Land reist, könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Obama-Regierung Nordkorea nun die Aufmerksamkeit geben will, die es verlangt - zumindest ansatzweise. Kim Kye Gwan, der Clinton am Flughafen empfing, ist auch Nordkoreas Chefunterhändler in den Sechs-Parteien-Gesprächen über die Atomfrage, an denen auch Südkorea, China, Russland und Japan teilnehmen. Mit Diktator Kim Jong Il habe Clinton "einen breiten Fächer von Themen" angesprochen, meldete Yonhap.

Als Unterhändler war in amerikanischen Medien auch der ehemalige Vize-Präsident Al Gore im Gespräch. Warum er nicht nach Pjöngjang reiste, darüber darf spekuliert werden: Womöglich hätte er sich dem Vorwurf der Befangenheit stellen müssen, weil er Mitbegründer von Current TV ist, dem Auftraggeber der inhaftierten Journalisten. Vielleicht war der Vize-Präsident der amerikanischen Regierung auch nicht involviert genug.

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