USA:Erbgut-Spuren und Rechtschreibfehler

Der Mann, der mutmaßlich Rohrbomben an Clinton und Obama geschickt hat, ist ein "sehr überzeugter Anhänger" von Trump.

Von Hubert Wetzel, Washington

Für Cesar Sayoc lief es nicht so gut im Leben. In den vergangenen 20 Jahren hat er sich mit allerlei Jobs durchgeschlagen, er hat als DJ gearbeitet, als Rausschmeißer in Strip-Lokalen und als Pizza-Bote. Immer wieder wurde er verhaftet - Diebstahl, Raub, Drogen. Einige Jahre lang wohnte er im Süden Floridas in seinem eigenen Haus, aber dann konnte er die Kreditraten nicht mehr bezahlen. Das Haus wurde zwangsversteigert, und Sayoc lebte von da an in seinem weißen Lieferwagen. Auch die Stromrechnung konnte er nicht mehr bezahlen, da rief er die Stromwerke an und drohte mit einer Bombe.

Am vorigen Freitag wurde Cesar Sayoc in einem Vorort von Fort Lauderdale verhaftet. Polizisten luden seinen weißen Laster auf einen Anhänger. Aber bevor sie eine Plane darüber zogen, konnte man sehen, was Sayoc aus dem Wagen gemacht hatte - einen rollenden Schrein für sein großes Idol, den Präsidenten der USA, Donald Trump. Die Fenster waren zugeklebt mit selbstgebastelten Fotocollagen, in denen Trump gehuldigt wurde. Und in denen die Kritiker des Präsidenten beschimpft wurden. "CNN sucks", stand da, CNN ist scheiße. Auf einem Foto war über das Gesicht der früheren demokratischen Außenministerin und Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton ein Fadenkreuz gelegt.

Nach allem, was man weiß, wollte es Sayoc allerdings nicht dabei belassen, Bildchen auf sein Auto zu kleben. Verhaftet wurde er wegen des Verdachts, in der vergangenen Woche mindestens einem Dutzend bekannter Demokraten und Trump-Kritiker Päckchen mit Rohrbomben geschickt zu haben. Unter den Adressaten waren Hillary Clinton und Altpräsident Barack Obama, mehrere demokratische Kongressmitglieder, die demokratischen Großspender George Soros und Tom Steyer sowie die früheren Geheimdienstler John Brennan und James Clapper. Sie alle verband, dass sie ihre Verachtung für Trump in den vergangenen Monaten geäußert hatten. Und dass Trump sich auf Twitter mit wütenden Ausfällen revanchiert hatte.

Die für Brennan bestimmte Bombe schickte Sayoc an den Fernsehsender CNN. Der gilt in rechten Kreisen als links und damit als Feind. "CNN sucks" ist ein beliebter Sprechchor bei Trumps Veranstaltungen.

Der Wahlkampf des Präsidenten gab ihm das Gefühl, dass "endlich jemand zu ihm spricht"

Besonders geschickt hat sich Sayoc bei der Versendung seiner Sprengsätze - mit Schwarzpulver und Glasscherben gefüllte Plastikrohre - allerdings nicht angestellt. Er warf sie in der Nähe seines Wohnorts in Südflorida in Briefkästen. Die aufgeklebten Blätter, auf die er die Adressen gedruckt hatte, wimmelten von Rechtschreibfehlern. Der vorbestrafte Amateurattentäter hinterließ auf einigen Bomben genetisches Material, auf einer sogar einen Fingerabdruck, den das FBI natürlich sofort identifizierte. Es dauerte daher keine Woche, bis die Polizei ihn fand.

Wann und wie Cesar Sayoc zuerst zu einem politischen, dann zu einem militanten Trump-Anhänger geworden ist, der den Gegnern des Präsidenten Sprengsätze zuschickt, ist noch unklar. Bekannte haben amerikanischen Medien erzählt, dass Sayoc früher nicht sehr politisch war. Offenbar hatte er psychische Probleme. Er behauptete, er sei ein Angehöriger des Indianervolks der Seminolen, was aber gelogen war. "Dann begann Donald Trump seinen Wahlkampf, und der hieß alle Extremisten willkommen, alle Außenseiter, alle Abseitsstehenden", sagte der Rechtsanwalt Ronald Lowy, der Sayoc in früheren Prozessen vertreten hat, der Washington Post. "Und Sayoc hatte das Gefühl, dass endlich jemand zu ihm spricht."

2016, dem Jahr, als Trump gewann, ließ Sayoc sich im Wählerregister als Republikaner eintragen. Aus dieser Zeit stammen auch einige der Bilder, die seit seiner Festnahme durchs Internet wandern. Sie zeigen Sayoc bei Trump-Veranstaltungen, mit selbstgemalten Trump-Plakaten und einer roten Kappe auf dem Kopf, auf der Make Amerika Great Again steht.

"Er ist wohl ein sehr überzeugter Anhänger" des Präsidenten, räumte Justizminister Jeff Sessions am Freitag nach Sayocs Verhaftung ein. "Mich trifft keine Schuld, überhaupt keine", versicherte kurz danach Trump. Das ganze "Bombenzeug" lenke nur vom erfolgreichen Wahlkampf der Republikaner ab.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: