USA:"Ein Putschversuch"

Die Republikaner sollten endlich ehrliche Bilanz ziehen, rät die "Neue Zürcher Zeitung". Für den britischen "Guardian" ist klar, dass der Mob draußen von den Politikern drinnen angestachelt wird. Pressestimmen zum Sturm auf den Kongress in Washington.

"Washington Post": "Mr. Trump ist eine Bedrohung"

"Die Weigerung von Präsident Trump, seine Wahlniederlage zu akzeptieren, und seine unablässige Aufstachelung seiner Anhänger führte am Mittwoch zu dem Undenkbaren: ein Angriff auf das US-Kapitol von einem gewalttätigen Mob, der die Polizei überwältigte und den Kongress aus seinen Räumen trieb, während dort gerade die Zählung der Stimmen der Wahlleute debattiert wurde", schreibt die US-Zeitung. Die Verantwortung für diesen Akt der Aufwiegelung liege direkt beim Präsidenten selbst, kommentiert die Zeitung weiter. Trump habe gezeigt, dass seine andauernde Amtszeit eine große Bedrohung für die US-Demokratie darstellt. "Er sollte abgesetzt werden. Mr. Trump ist eine Bedrohung, und solange er im Weißen Haus bleibt, wird das Land in Gefahr sein."

"Neue Zürcher Zeitung": Nüchterne Einschätzung der Lage

"Die Szenen vom Kapitol sind ein Skandal. Doch sie reflektieren nicht primär den Zustand der USA, sondern den Zustand ihres Präsidenten. Eine klare Distanzierung von Trump dürfte der Partei schwerfallen, aus Angst vor einer Entfremdung und Abspaltung eines Teils ihrer Wähler. Doch das jüngste Spektakel am Kapitol, das auf einen erschreckenden kurzzeitigen Kontrollverlust der demokratischen, verfassungstreuen Kräfte hinweist, sowie die am Mittwoch besiegelte bittere Niederlage in der Senatsstichwahl in Georgia dürften den Republikanern eine nüchterne Einschätzung ihrer Lage erleichtern."

"The Guardian", London: "Ein Putschversuch"

"Der Präsident der Vereinigten Staaten hat am Mittwoch einen Putschversuch angeführt. Ein rechter Mob versuchte den Staatsstreich in Form gewalttätiger Ausschreitungen, bei denen das Gebäude des US-Kapitols gestürmt wurde. Sie störten damit das Verfahren, das die Anerkennung der Wahl von Joe Biden und Kamala Harris abgeschlossen hätte. Zuvor schon war dieses Verfahren von gewählten Funktionären gestört worden, die böswillige Behauptungen aufstellten, wonach die Wahl nicht legitim sei und eigentlich zu einer Fortsetzung der Präsidentschaft von Donald Trump hätte führen müssen. Auch das war bereits ein Putschversuch. Ein Versuch, die Verfassung zu verletzen und den Willen der Wähler bei dieser Wahl außer Kraft zu setzen. Innen und außen waren zwei Gesichter derselben Sache zu sehen, und beides wurde von Führern der republikanischen Partei und vom US-Präsidenten geschürt. Der Mob draußen würde ohne die Politiker drinnen nicht existieren."

"El País", Madrid: Explosion im Herzen der Demokratie

"Die bewundernswerte Demokratie der Vereinigten Staaten hat eine ihrer dunkelsten Stunden erlebt. Die Anhänger Donald Trumps, die von ihm angefeuert wurden, stürmten das Kapitol. Es ist die erschreckende Folge jahrelanger Bemühungen des Populisten, die amerikanische Gesellschaft zu spalten. Er hat die Fundamente des zivilen und friedlichen Zusammenlebens immer wieder mit Benzin begossen, und nun ist es im Herzen der US-Demokratie zu einer Explosion gekommen."

"Wall Street Journal", New York: "Gehen Sie!"

"Angetrieben durch Lügen über eine gestohlene Wahl überrannten Demonstranten am Mittwoch die Polizei und stürmten Amerikas Regierungssitz. Sie erzwangen dadurch eine Abriegelung des US-Kapitols sowie eine Ausgangssperre in der Stadt. Dies klingt nach dem Bericht eines Auslandskorrespondenten aus einem unglückseligen Land. Es war aber Präsident Trumps Abschiedsgeschenk an Washington und an das Land, weil ihm eine zweite Amtszeit verwehrt wurde. (...) Herr Biden wird am Mittag des 20. Januar Präsident werden, und bis dahin muss die Polizei die Ordnung mit so viel Gewalt wie nötig wiederherstellen. Vor allem Republikaner müssen sich gegen Hausfriedensbruch und Gewalt aussprechen. Was Herrn Trump betrifft - und um einige berühmte Worte zu stehlen, die 1940 gegen Neville Chamberlain (den damaligen britischen Premierminister, Anm.d.Red.) ausgesprochen wurden: In Gottes Namen, gehen Sie."

"Hospodářské noviny", Prag: Noch nicht am Ende

"In seiner Antrittsrede im Januar 2017 sprach Donald Trump vom roten Blut der Patrioten. Mit einem Blutvergießen endet nun, vier Jahre später, seine Präsidentschaft. Doch zu Ende ist sie noch lange nicht: Nach den schockierenden Bildern von Trump-Anhängern, die aus Protest gegen das Wahlergebnis den Sitz des US-Kongresses stürmen, müssen wir uns Sorgen machen, zu was allem Trump noch fähig ist. Denn erst am 20. Januar wird er endgültig das Weiße Haus verlassen müssen."

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: