USA:Donald Trumps schwierige Suche nach Personal

Donald Trump und Mike Pence

Donald Trump und sein zukünftiger Vizepräsident Mike Pence - diese Personalie steht.

(Foto: dpa)
  • Donald Trump und sein Team müssen etwa 4000 Mitarbeiter für das Weiße Haus, Ministerien und Behörden finden.
  • Leute aus dem Establishment, gegen das Trump im Wahlkampf gewettert hat, kommen nicht in Frage; zudem gibt es Macht- und Richtungskämpfe innerhalb der Partei.
  • Eine wichtige Rolle bei Personalentscheidungen spielt der Mann von Trumps ältester Tochter Ivanka, Jared Kushner, obwohl er kein offizielles Amt im Trump-Orbit innehat.

Von Hubert Wetzel, Washington

Klarer kann man eine Warnung kaum formulieren. "Bleibt weg. Sie sind wütend, arrogant, sie schreien: 'Ihr habt VERLOREN!'", schrieb Eliot Cohen am Dienstag auf Twitter über die künftige amerikanische Regierung unter Präsident Donald Trump. Genauso gut hätte Cohen ein Schild an den Eingang des Trump Tower in Manhattan hängen können: "Vorsicht, bissiger Hund".

Cohen ist nicht irgendwer. Er ist ein renommierter republikanischer Sicherheitspolitiker, er lehrt an der Johns Hopkins University und hat in der Regierung von George W. Bush im Außenministerium gearbeitet. Cohen ist mithin einer jener politischen Fachleute, welche die künftige US-Regierung braucht. Nach einem ersten Bewerbungsgespräch setzte er freilich den zitierten Tweet ab. Und er fügte hinzu: "Das wird hässlich."

Tatsächlich läuft die Übernahme der Regierungsgeschäfte durch den künftigen Präsidenten Donald Trump alles andere als glatt. Bei jedem Regierungswechsel werden in den USA etwa 4000 ranghohe Mitarbeiter ausgetauscht, vor allem natürlich im Weißen Haus, aber auch in den Führungsetagen der Ministerien und Behörden. Für all diese freien Jobs neues Personal zu finden ist eine Herkulesaufgabe. Und Trump und sein Team liegen offenbar etliche Wochen hinter dem Zeitplan.

Trump kann keine Posten an Leute aus dem Establishment vergeben

Das hat zum einen mit Misstrauen zu tun. Donald Trump hat einen harten Wahlkampf gegen das republikanische Parteiestablishment geführt, dem er Verrat und Versagen vorgeworfen hat. Nun kann er schlecht seine Regierung mit Leuten füllen, die aus diesem Establishment stammen. Eliot Cohen ist da ein gutes Beispiel: In jeder anderen republikanischen Regierung bekäme ein Sicherheitsexperte seines Kalibers einen Posten als Staatssekretär im Außen- oder Verteidigungsministerium. Von Trumps Leuten wurde er offenbar angebrüllt und als "Verlierer" tituliert, weil er jenen elitären republikanischen Kreisen angehört, gegen die Trump eben auch zu Felde gezogen ist.

Cohens Warnung dürfte Folgen haben. Es gibt in Washington Tausende republikanische Fachleute wie ihn, die auf alle möglichen Politikbereiche spezialisiert sind und während der Regierungszeit der Demokraten in Denkfabriken, Beratungs- und Lobbyfirmen oder Anwaltskanzleien überwintert haben. Ob sie nun herauskommen und bei Trump anheuern, ist offen. Im Zweifelsfall meldet sich eher die zweite oder dritte als die erste Liga.

Ausländische Regierungschefs wissen nicht, wen sie anrufen sollen

Trumps Probleme haben aber offenbar auch mit Macht- und Richtungskämpfen zu tun, die in solchen Phasen oft ausgetragen werden. Wer welches Ministeramt erhält, wird erhebliche Folgen für die kommenden Jahre haben. Trump-Anhänger in Washington, die eine grundlegende Umwälzung der Verhältnisse wollen, haben deswegen andere Favoriten als die Traditionalisten, die den Präsidenten mit ihren Gefolgsleuten einhegen wollen.

Und es werden offene Rechnungen beglichen. Berichten zufolge finden in Trumps Mannschaft derzeit Säuberungen "stalinistischen Ausmaßes" statt, auch wenn niemand im Gulag verschwindet. So wurde vorige Woche bereits Chris Christie kaltgestellt, der Gouverneur von New Jersey, der Trump im Wahlkampf loyal unterstützt hatte, aber rechtliche Probleme hat. Er musste sein Amt als Leiter der Transition, also der Übernahme der Regierungsgeschäfte, an Vizepräsident Mike Pence abgeben. Der wiederum hat erst am Dienstagabend den nötigen Papierkram unterschrieben, um mit der noch amtierenden Regierung voll zusammenarbeiten zu können. Das hat zu Verzögerungen geführt. Zwei von Christies Vertrauten im Trump-Team, die für Außen- und Sicherheitspolitik zuständig waren, wurden ebenfalls gefeuert. Eine Folge davon ist, dass ausländische Regierungschefs, die mit Trump in Kontakt treten wollen, nicht wissen, wen sie anrufen sollen.

Andererseits: Die Telefonate mit den wirklich wichtigen Politikern in der Welt sind offensichtlich zustande gekommen. Trump hat mit Russlands Präsident Wladimir Putin ebenso gesprochen wie mit etlichen anderen Staats- und Regierungschefs. Darunter war auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, der gegenüber Trump, wie es heißt, äußerst höflich und zuvorkommend gewesen sein soll - trotz der wütenden Tweets, in denen er im Wahlkampf ihre Flüchtlingspolitik als "Desaster" gegeißelt hatte. Allzu spektakulär scheint das Chaos in der Telefonvermittlung im Trump Tower also nicht zu sein.

Schwiegersohn Kushner gilt als eine der einflussreichsten Figuren im Trump-Orbit

Im Mittelpunkt vieler Personalentscheidungen steht der Mann von Trumps Tochter Ivanka, Jared Kushner. Der Schwiegersohn, wie Trump ein Immobilieninvestor, hat kein offizielles Amt im Trump-Orbit inne, gilt aber als einer der einflussreichsten Berater des neuen Präsidenten. Auf sein Drängen hin soll Christie abgesägt worden sein; Kushner soll Trump auch überzeugt haben, den Republikaner-Parteichef Reince Priebus - einen Mann des Establishments -, zum Stabschef im Weißen Haus zu machen, nicht den rechtsnationalistischen Brandstifter Steve Bannon. Der bekam den Titel des Chefberaters.

Leute, die Kushner kennengelernt haben, beschreiben ihn als höflich, zurückhaltend und interessiert. Der Schwiegersohn sei in gewisser Hinsicht das Gegenteil des Schwiegervaters. Wie groß Kushners Einfluss ist, zeigt auch dieses Detail: Berichten zufolge soll Trumps Team für den Schwiegersohn eine Sicherheitsfreigabe der höchsten Kategorie beantragt haben, damit Kushner bei der täglichen Geheimdienstdienstunterrichtung des neuen Präsidenten dabei sein kann. Eine solche Freigabe für jemanden zu erteilen, der offiziell nur zur Familie gehört, aber kein hohes Regierungs- oder Verwaltungsamt innehat, wäre beispiellos.

Trump teilte dazu über Twitter nur mit, er habe für seine "Kinder" keine Sicherheitsfreigabe beantragt.

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