Süddeutsche Zeitung

USA:Donald Trump wird angeklagt

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Erst zum dritten Mal in der US-Geschichte kommt es zum Impeachment. Die Demokraten sagen, der Präsident gefährde die Demokratie - dieser spricht von "einem Angriff auf Amerika".

Von Hubert Wetzel, Washington

Als dritter Präsident in der Geschichte der Vereinigten Staaten muss sich Donald Trump einem förmlichen Amtsenthebungsverfahren stellen. Das Abgeordnetenhaus in Washington beschloss am Mittwochabend, Anklage gegen den republikanischen Präsidenten wegen Machtmissbrauchs und Behinderung des Kongresses zu erheben. Das Ergebnis stand nie infrage - die Demokraten verfügen in der Parlamentskammer die zur Anklageerhebung notwendige einfache Mehrheit.

Dennoch war die Geschlossenheit der Fraktionen bemerkenswert: Die Demokraten votierten am Mittwoch bis auf einzelne Ausnahmen für das Impeachment, alle Republikaner stimmten dagegen. Entsprechend gegensätzlich fielen auch die Bewertungen aus. Das Abgeordnetenhaus habe keine andere Wahl gehabt, als Trump anzuklagen, sagte der Demokrat Adam Schiff, der im Geheimdienstausschuss die Ermittlungen gegen Trump geleitet hatte. "Unsere Demokratie ist in Gefahr." Der Präsident nannte das Impeachment in einem Tweet hingegen einen "Angriff auf Amerika".

Der erste Punkt der Amtsenthebungsanklage, der mit 230 zu 197 Stimmen gebilligt wurde, bezieht sich auf Trumps Umgang mit der Ukraine. Die Demokraten werfen dem Präsidenten vor, die Regierung in Kiew unter Druck gesetzt zu haben, damit diese juristische Ermittlungen gegen den früheren US-Vizepräsidenten und heutigen demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden aufnimmt. Zu diesem Zweck habe Trump unter anderem die Auszahlung von Militärhilfe an die Ukraine verzögert. Er habe damit sein Amt und seine Macht als Präsident missbraucht, um sich mithilfe einer ausländischen Regierung einen persönlichen politischen Vorteil zu verschaffen, so der Vorwurf der Demokraten. Biden hat gute Aussichten, in der Präsidentschaftswahl 2020 als Kandidat der Demokraten gegen Trump anzutreten.

Der zweite Anklagepunkt, der mit 229 zu 198 Stimmen angenommen wurde, bezieht sich auf Trumps Weigerung, den Ausschüssen im Abgeordnetenhaus, die in der Ukraine-Affäre ermittelt haben, wichtige Dokumente zu übergeben und Regierungsmitarbeiter als Zeugen aussagen zu lassen. Dadurch hat der Präsident nach Meinung der Demokraten die Aufklärungsarbeit des Kongresses behindert.

Die Anklage wird nun an den Senat gesandt, wo Anfang 2020 der Impeachment-Prozess gegen Trump stattfinden soll. Da die Republikaner 53 der 100 Sitze in dieser Kongresskammer halten, gilt es als praktisch ausgeschlossen, dass die notwendige Zweidrittelmehrheit für eine Verurteilung Trumps zusammenkommen wird. Dazu müssten 20 Republikaner gegen den Präsidenten stimmen. Trump wird also vermutlich trotz der Anklage im Amt bleiben.

Seit der Gründung der USA hat das Abgeordnetenhaus erst drei Mal ein Amtsenthebungsverfahren beschlossen: 1868 gegen Andrew Johnson, 1998 gegen Bill Clinton, 2019 gegen Trump. Bei Johnson und Clinton kam im Senat keine Mehrheit für ein Schuldurteil zustande. Präsident Richard Nixon trat 1974 zurück, weil eine Anklage durch das Abgeordnetenhaus und eine Verurteilung im Senat unmittelbar bevorstanden.

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Quelle:
SZ vom 20.12.2019
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