USA:Die große Impeachment-Show beginnt

U.S. President Trump departs for travel to Georgia at the White House in Washington

Wenn US-Präsident Donald Trump derzeit etwas in ein Mikrofon spricht, ist er selten guter Dinge - vor allem wenn es um seine Zukunft geht.

(Foto: REUTERS)
  • Am Mittwoch beginnen die US-Demokraten mit den ersten öffentlichen Anhörungen im Ukraine-Skandal.
  • Präsident Trump behauptet, den Präsidenten der Ukraine nicht mit zurückgehaltener Militärhilfe zu Ermittlungen gedrängt zu haben, die seinem Konkurrenten Biden schaden könnten.
  • Zahlreiche überparteiliche Zeugen sehen das anders.

Von Hubert Wetzel, Washington

Im Sommer 1973 saßen die Amerikaner vor ihren Fernsehern und schauten zu, wie ihr Präsident als Krimineller entlarvt wurde. Von Mitte Mai bis Anfang August übertrugen die Sender ABC, NBC und CBS jeden Tag live die sogenannten Watergate-Anhörungen im Senat. Am Ende hatten die Bürger nicht nur erfahren, dass Richard Nixon über allerlei Straftaten informiert gewesen war, die seine Mitarbeiter zu seinem politischen Vorteil begangen hatten; sondern dass der Präsident auch geholfen hatte, diese illegalen Machenschaften zu vertuschen. Es dauerte danach dann noch ein Jahr, bis Nixon am 9. August 1974 zurücktrat. Aber die Anhörungen zu seiner Rolle im Watergate-Skandal waren für Nixon der Anfang vom Ende.

Das ist das Drehbuch, das insgeheim den US-Demokraten vorschwebt, wenn sie in dieser Woche im Kongress mit den ersten öffentlichen Anhörungen im Ukraine-Skandal beginnen. Sie wollen den Bürgern zeigen, dass Präsident Donald Trump versucht hat, sich auf illegale Art politische Vorteile zu verschaffen. Und dass er, nachdem das bekannt geworden war, gelogen und getäuscht hat. Auch wenn in Washington derzeit niemand damit rechnet, dass Trump zurücktritt oder tatsächlich vom Kongress des Amtes enthoben wird, soll so der Druck auf die Republikaner, sich gegen ihren Präsidenten zu stellen, maximal gesteigert werden.

Der Druck auf die Ukraine war massiv

Die meisten Fakten, um die es bei den Anhörungen gehen wird, sind bekannt: Trump hat die Ukraine zu Ermittlungen gegen den demokratischen Präsidentschaftsbewerber Joe Biden sowie dessen Sohn Hunter gedrängt. Der Anwalt und Lobbyist Hunter Biden war in den Jahren nach 2014 für den ukrainischen Gaskonzern Burisma tätig. Sein Vater Joe Biden war damals US-Vizepräsident und für die Ukraine-Politik verantwortlich. In dieser Rolle hatte er von Kiew die Entlassung eines Staatsanwalts verlangt, der wegen Korruption gegen Burisma ermittelt hatte. Zwar gibt es keine Belege dafür, dass Biden dadurch seinem Sohn helfen wollte. Trump behauptet dennoch, dass dahinter eine große, korrupte Verschwörung der Bidens stecke.

Und deswegen hat Trump von der Regierung in Kiew über verschiedene Kanäle gefordert, dass diese staatsanwaltliche Untersuchungen gegen Burisma und die Bidens einleiten solle. Die Kampagne wurde außerhalb der offiziellen diplomatischen Kanäle geführt und vor allem von Trumps persönlichem Anwalt Rudy Giuliani, dem Stabschef im Weißen Haus, Mick Mulvaney, sowie dem US-Botschafter bei der EU, Gordon Sondland, vorangetrieben. In mindestens einem Fall hat sich aber auch der Präsident selbst eingeschaltet - Ende Juli in einem Telefonat mit seinem ukrainischen Kollegen Wolodimir Selenskij.

Als Druckmittel setzte Trump zwei Dinge ein: Zum einen ließ er Selenskij wissen, dass dieser erst im Weißen Haus empfangen werden würde, wenn er sich öffentlich zu Ermittlungen gegen die Bidens verpflichtet habe; zum anderen stoppte das Weiße Haus im Sommer dieses Jahres die Auszahlung von knapp 400 Millionen Dollar an US-Militärhilfe an Kiew. Das Geld sollte offenbar erst fließen, wenn Selenskij die Untersuchungen gegen Biden angekündigt hatte. Für einen Staat, der sich gegen eine russische Aggression wehren muss und dessen Überleben zu einem Gutteil vom politischen und finanziellen Beistand der USA abhängt, waren das kaum ignorierbare Forderungen.

Wird Trump sich halten können, selbst wenn ein "Quid pro quo" nachweisbar ist?

Zusammengenommen ergibt sich daraus folgende Sachlage: Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika hat ganz offensichtlich sein Amt und seine Macht missbraucht, um eine ausländische Regierung dazu zu bewegen, ein Jahr vor der Wahl juristisch gegen einen seiner prominentesten innenpolitischen Gegner vorzugehen. Das ist nicht nur politisch höchst verwerflich, sondern verstößt wohl auch gegen die US-Wahlgesetze. Kein Wunder also, dass die Demokraten ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Trump angestrengt haben.

Trump bestreitet bis heute, dass er der Ukraine ein Gegengeschäft vorgeschlagen oder das Land gar erpresst habe. Es habe kein "Quid pro quo" gegeben, behauptet der Präsident. Er habe nur dafür sorgen wollen, dass keine US-Steuergelder in dem korrupten Land versickern, lautet eines seiner Schutzargumente.

Das sehen allerdings etliche Mitarbeiter im Weißen Haus und im Außenministerium anders, die mit dem Ukraine-Portfolio befasst waren und die bereits in den vergangenen Wochen vor dem Abgeordnetenhaus ausgesagt haben. Sie waren entsetzt, dass Trump unbelegte Gerüchte über die Bidens und seinen Wahlkampf auf so eklatante Art und Weise mit der offiziellen amerikanischen Politik gegenüber Kiew vermischt hat. Das "Quid pro quo" war ihrer Ansicht nach eindeutig. Und sie waren - ebenso wie der frühere Sicherheitsberater John Bolton - wütend, dass Giuliani, Mulvaney und Sondland eine Art Parallelaußenpolitik betrieben, die dem erklärten Interesse der USA widersprach, die Ukraine gegenüber Russland zu stärken.

Die Demokraten hoffen, dass genau diese empörten Regierungsmitarbeiter in den nächsten Tagen und Wochen gute Zeugen gegen Trump sein werden. Es ist kein Zufall, dass die Anhörungen am Mittwoch mit William Taylor beginnen sollen, dem US-Geschäftsträger in Kiew, der regierungsintern mehrmals Zweifel an Trumps Forderungen gegenüber der Ukraine angemeldet hatte. Taylor ist ein Staatsdiener von makellosem Ruf, ein Karrierediplomat und dekorierter Vietnam-Veteran. Die Republikaner werden ihn kaum als parteiischen Büchsenspanner abtun können. Ähnliches gilt für Alexander Vindman, den Ukraine-Experten des Nationalen Sicherheitsrates im Weißen Haus. Er ist Oberstleutnant des Heeres, hat im Irak gekämpft und wurde dort verwundet. Ihm bei seiner Aussage zu unterstellen, er sei ein Wasserträger der Demokraten, dürfte für Trumps Verteidiger nicht ganz einfach werden. Das heißt allerdings nicht, dass sie es nicht nach Kräften versuchen werden.

Welche Folgen das alles für Trump und seine Präsidentschaft haben wird, ist offen. Was man weiß: Auch Richard Nixon hatte nicht vor, sein Amt zu verlieren, als sich im Sommer 1973 die Amerikaner vor die Fernseher setzten.

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