USA:Die drei Identitäten des Donald Trump

Donald Trump

Welchen den Trumps kann man ernst nehmen?

(Foto: dpa)
  • Trump hat sein Kabinett noch nicht zusammen, seit Wochen wird beispielsweise spekuliert, wer Außenminister werden könnte.
  • Ob, wann und wie Trump die Führung seines Unternehmens, wie angekündigt, tatsächlich an Tochter Ivanka und deren Brüder abgibt, ist derzeit offen.
  • Auf Twitter tut sich Trump mit verbalen Ausfällen hervor. Möglicherweise, um von seien beiden ersten Problemen abzulenken.

Von Hubert Wetzel, Washington

Physikalisch gesehen, ist die Existenz von Paralleluniversen ja angeblich unmöglich. In der Politik scheinen andere Gesetze zu gelten, zumindest für Donald Trump. Blickt man auf die vergangenen ein, zwei Wochen zurück, kann man mindestens drei Donald Trumps erkennen, die sich gleichzeitig und nebeneinander in jeweils eigenen Welten bewegen.

Trump Nr. 1: der President elect, der Wahlsieger und künftige Präsident der Vereinigten Staaten. Am 20. Januar 2017, um zwölf Uhr mittags, übernimmt Trump dieses Amt offiziell, bis dahin sollte er zumindest eine rudimentäre Regierungsmannschaft beisammenhaben. Bisher freilich hat Trump gerade einmal ein knappes Dutzend Posten gefüllt. Er hat ein paar ranghohe Mitarbeiter für das Weiße Haus ernannt sowie einige Minister.

Im historischen Vergleich liegt Trump gar nicht schlecht in der Zeit. Was Beobachter verwundert, ist eher der chaotische Ablauf der Personalauswahl. Seit Wochen wird zum Beispiel darüber spekuliert, wer Außenminister wird. So, wie es aussieht - aber das muss nichts heißen -, schwankt Trump zwischen seinem alten Mitstreiter Rudy Giuliani und seinem alten Rivalen Mitt Romney. Aber es werden auch andere Namen genannt, David Petraeus etwa, einst General und CIA-Chef.

Trump selbst hat etliche Kandidaten im Trump Tower in Manhattan oder in einem seiner Golf-Klubs vorfahren lassen, darunter Romney. Zugleich aber schießt seine ehemalige Wahlkampfmanagerin Kellyanne Conway eine Breitseite nach der anderen gegen den vermeintlichen Bewerber ab. Man wisse nicht mal, ob Romney überhaupt für Trump gestimmt habe, bemerkte sie am Wochenende spitz.

Was soll das alles? Tobt da hinter den vergoldeten Türen von Trumps Penthouse ein Machtkampf? Ist das nur undiszipliniertes Gerede? Plant Trump tatsächlich eine Versöhnungsgeste gegenüber dem Partei-Establishment, indem er Romney ins Kabinett nimmt? Oder will der künftige Präsident, dem eine gewisse Rachsucht nachgesagt wird, nur einen früheren Gegner demütigen, indem er ihm Hoffnung macht und ihn dann doch fallen lässt? Nur Trump kennt die Antworten.

USA: Als erster ausländischer Regierungschef hat Japans Premierminister Shinzo Abe den künftigen US-Präsidenten Donald Trump getroffen. Mit dabei waren Tochter Ivanka Trump und ihr Mann Jared Kushner.

Als erster ausländischer Regierungschef hat Japans Premierminister Shinzo Abe den künftigen US-Präsidenten Donald Trump getroffen. Mit dabei waren Tochter Ivanka Trump und ihr Mann Jared Kushner.

(Foto: AFP)

Trumps Amt mehrt derzeit ganz offensichtlich das private Vermögen

Trump Nr. 2: der Geschäftsmann. Donald Trump besitzt in Amerika Luxuswohnhäuser, Hotels und Golfplätze. Er hat Milliarden damit verdient, sich und seinen Namen in aller Welt zu vermarkten, auch in Ländern, mit denen er künftig politisch umgehen muss. Bisher gab es noch nie einen Präsidenten, der über ein so großes Firmenimperium verfügt hat, das zudem völlig vom Namen des Besitzers abhängt.

Und Trump hat es anscheinend nicht sehr eilig, sich davon zu trennen. Seit seinem Wahlsieg hat er zum Beispiel Geschäftspartner aus Indien empfangen; mit dabei war seine Tochter und Kronprinzessin Ivanka, die wie selbstverständlich auch an den Treffen mit ausländischen Politikern teilnimmt; und wie durch Zufall ging es bei festgefahrenen Trump-Bauprojekten im Ausland plötzlich weiter, nachdem der neue Staatschef Gratulationsanrufe von Kollegen angenommen hatte.

Das gewonnene öffentliche Amt mehrt derzeit ganz offensichtlich das private Vermögen des künftigen Präsidenten. Ob, wann und wie Trump die Führung seines Unternehmens, wie angekündigt, tatsächlich an Ivanka und deren Brüder abgibt, ist derzeit offen. Zwingen kann ihn dazu niemand - der Präsident ist von den gesetzlichen Regeln, die geschäftliche Interessenkonflikte von Regierungsmitarbeitern verhindern sollen, ausgenommen.

Trump Nr. 3: der Mann mit dem Telefon und der Twitter-App. Trumps Twitter-Konto ist vermutlich das bizarrste Paralleluniversum, in dem der Präsident lebt, der Ort, wo er ungefiltert seine vielen 140-Zeichen-Gedanken mitteilt. Die jüngste Behauptung: "Millionen" Menschen hätten illegal gewählt und für Hillary Clinton gestimmt, es habe "massiven Wahlbetrug" in mehreren Bundesstaaten gegeben. Das ist ein ungeheuerlicher Vorwurf, und Trump, der ihn erhebt, ist ja nicht irgendwer. Aber weiß er etwas oder plappert er nur eine Geschichte von der rechten Verschwörungsseite Infowars.com nach? Hat er Beweise oder wenigstens eine etwas ausführlichere Erklärung? Nein. Keine. Nichts.

Niemand weiß, ob Trump seine Behauptung ernst meint

Niemand weiß, wie Trump zu dieser Anschuldigung kam. Als einige Demokraten vorige Woche über Wahlmanipulationen in Wisconsin, Pennsylvania und Michigan munkelten, wo Trump knapp gewonnen hatte, und eine Neuauszählung forderten, da tobte der Republikaner einen ganzen Tag lang auf Twitter: "Betrug", schrie er, Clinton sei eine schlechte Verliererin. Nähme man seinen jetzigen Vorwurf ernst, dann müsste die Wahl zumindest in Teilen für ungültig erklärt und die formelle Wahl des Präsidenten durch das Electoral College abgesagt werden. Dann müsste in allen Bundesstaaten überprüft werden, ob und für wen auf illegalem Wege Stimmen abgegeben wurden. Dann stünde letztlich auch Trumps Wahlsieg infrage.

Aber niemand weiß, ob Trump seine Behauptung wirklich ernst meint. Vielleicht war er einfach nur gekränkt, weil immer wieder auf die Tatsache hingewiesen wird, dass Clinton landesweit zwei Millionen Stimmen mehr als er bekommen hat; auch wenn das nichts daran ändert, dass Trump Präsident wird. Vielleicht, auch das ist eine Deutung in Washington, wollte auch nur Trump Nr. 3 durch eine möglichst provokante Äußerung davon ablenken, was in den Welten von Trump Nr. 1 und Trump Nr. 2 derzeit Seltsames passiert.

Es kann also sein, dass die verschiedenen Welten des Donald Trump in Wahrheit durchaus clever miteinander verwoben sind. Wie heißt es gleich in "Per Anhalter durch die Galaxis", dem Schlüsselroman, was Paralleluniversen angeht? "Das erste, was man über Paralleluniversen wissen muss, ist, dass sie nicht parallel sind."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: