Donald Trump auf CNN:Die erste Lüge nach wenigen Augenblicken

Ex-US-Präsident Donald Trump zu Gast bei CNN

Das Town-Hall-Event ist Trumps erster Auftritt bei CNN seit 2016.

(Foto: Michael Conroy/AP)

Die US-Wahl 2020: immer noch "gestohlen". E. Jean Carroll: "verrückt". Seine Interviewerin: "fies". Einen Tag nach seiner Verurteilung wegen eines sexuellen Übergriffs stellt sich Donald Trump bei CNN den Fragen einer Moderatorin und des Publikums.

Von Theresa Parstorfer, Portland

Donald Trump macht einen Schritt auf die Bühne, bleibt stehen, grinst, klatscht kurz in die Hände, bevor er die Hand seiner Interviewerin, Kaitlan Collins, schüttelt. Sie ist Moderatorin des US-Fernsehsenders CNN, war zuvor Reporterin im Weißen Haus und wird dem ehemaligen Präsidenten der USA ziemlich genau eine Stunde lang Fragen stellen - zusammen mit dem Publikum, das Trump schon zu Beginn gehörig applaudiert.

CNN, das dieses Fernsehinterview organisiert, nennt das Event "Town Hall", also so etwas wie eine Bürgerfragestunde. Das Publikum in New Hampshire dürfte Trump wohlgesonnener sein als die Moderatorin: Es besteht aus Wählern, die bereits sicher sind, dass sie bei den Vorwahlen für die Republikaner stimmen werden und solchen, die noch unentschlossen sind. Donald Trump gilt derzeit als aussichtsreichster republikanischer Kandidat bei den Vorwahlen für die Präsidentschaftswahl 2024.

In der ersten Frage der Moderatorin geht es allerdings erst mal um die Wahl, die Donald Trump 2020 verloren hat, deren Ergebnis er aber nicht anerkennt. Ob er die Wahl denn mittlerweile öffentlich anerkennen will, fragt Collins. Und nur wenige Augenblicke nach dem Start geht es los mit der ersten Lüge: "Ich denke, wenn man sich das Ergebnis anschaut, und wenn man sich anschaut, was bei dieser Wahl passiert ist, wenn man nicht ein sehr dummer Mensch ist, dann sieht man, was passiert ist." Damit wiederholt er seine Behauptung, ein Wahlsieg gegen Joe Biden sei ihm 2020 "gestohlen" worden. Kaitlan Collins widerspricht ihm: "Es war keine manipulierte Wahl. Es war keine gestohlene Wahl", sagt sie.

Für Trump handelt es sich um den ersten Auftritt bei CNN seit seinem Wahlkampf 2016. Dass er gerade auf diesem Kanal auftritt, ist ungewöhnlich - der Sender gilt als eher liberal und wird von dem 76-Jährigen immer wieder heftig attackiert. Berichten zufolge könnte das Interview allerdings auch Teil eines Strategiewechsels bei CNN sein. Demnach versucht der Sender derzeit, für Republikaner eine Alternative zu Fox News zu bieten.

Es ist auch Trumps erster öffentlicher Auftritt, seitdem er am Dienstag in New York von einer Jury wegen einen sexuellen Übergriffs zu einer Entschädigungszahlung von fünf Millionen Dollar an die Autorin E. Jean Carroll verurteilt wurde. Dieses Thema bringt Collins ebenfalls recht zügig auf den Tisch. Und Trump wiederholt auch hier Dinge, die er in der Vergangenheit bereits gesagt hat: Es handle sich um eine "erfundene Geschichte", der Richter sei "furchtbar" gewesen - und: Carroll, "diese Frau kenne ich nicht. Ich habe sie nie getroffen. Ich habe keine Ahnung, wer sie ist."

So geht es weiter - ausgewählte Zuschauer stehen auf, bedanken sich, dass Trump nach New Hampshire gekommen ist, und stellen Fragen: Würde er die nach dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 Verurteilten begnadigen, wenn er Präsident wäre? Trump: "Ich bin geneigt, viele von ihnen zu begnadigen." Was würde er für die wirtschaftliche Lage der USA und gegen die steigende Inflation tun? "Bohren, Baby, Bohren", sagt Trump - die Ölindustrie anzukurbeln, wäre also seine Antwort, um die US-Wirtschaft wieder auf Kurs zu bringen.

Immer wieder unterbricht Collins Trumps Ausführungen, listet Fakten auf, die seine unwahren Behauptungen widerlegen (und davon gibt es viele) und versucht ihn dazu zu bringen, beim Punkt zu bleiben und eindeutige Antworten zu geben. Irgendwann scheint es ihm diese Konfrontation zu viel zu sein, und er sagt, Collins sei eine "nasty person" - eine fiese Person.

Als Präsident würde er den Krieg in der Ukraine innerhalb von 24 Stunden beenden, sagt Trump

Gegen Ende fragt eine junge Frau aus dem Publikum, was Trump als Präsident gegen die "Bedrohung durch Wladimir Putin" tun würde. Einerseits würde er, so Trump, Europa dazu bringen, mehr Geld und Waffen in die Ukraine zu schicken. "Ich möchte, dass Europa mehr Geld zur Verfügung stellt, weil sie uns auslachen. Sie denken, wir sind ein Haufen Idioten."

Aber nicht nur das: wäre er Präsident - er würde den Krieg innerhalb von 24 Stunden beenden, sagt er. Als Collins fragt, ob er will, dass die Ukraine den Krieg gewinnt, windet er sich ein wenig, er wolle, dass das Sterben aufhöre (Applaus aus dem Publikum). Ob er glaube, Wladimir Putin sei ein Kriegsverbrecher, will Collins wissen. Auch darauf will er keine eindeutige Antwort geben: "Wenn Sie sagen, dass er ein Kriegsverbrecher ist, wird es viel schwieriger sein, einen Deal zu machen", sagt Trump.

Am Ende schließt sich der Kreis der Fragestunde, als ein Zuschauer wissen will, ob Trump denn das Wahlergebnis der künftigen Wahl anerkennen wird. "Wenn ich denke, dass es eine ehrliche Wahl ist, würde ich das auf jeden Fall tun", sagte er - auch hier ausweichend. Collins hakt noch einmal nach, aber mehr bringt sie nicht mehr aus ihm heraus.

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E. Jean Carroll

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