USA:Cheneys Abrechnung

Der ehemalige US-Vizepräsident wirft Obama in einem Buch Versagen vor. Besonders kritisch sieht er den Atom-Deal mit Iran. Hillary Clinton widerspricht.

Von Sacha Batthyany, Washington

Dick Cheney, Vizepräsident unter George W. Bush, hat ein Buch geschrieben, mit dem er seit einigen Tagen durch die Talkshows tingelt. Wo immer er auftritt, wird er heftig kritisiert, denn der Einmarsch in den Irak, für den Cheney steht, gilt selbst auf Fox-News als Desaster, einem Sender, der Falken sonst nahesteht. Doch der frühere Vizepräsident bleibt auch zwölf Jahre später der Meinung, richtig gehandelt zu haben. "Warum die Welt ein mächtiges Amerika braucht", heißt sein Buch, das er mit seiner Tochter Liz verfasst hat und in dem er Präsident Barack Obama kritisiert. Obama habe genau diesen Führungsanspruch der USA, den die Welt brauche, wie Cheney unterstellt, abgegeben. Er macht Obama indirekt für den Aufstieg des IS verantwortlich, weil unter ihm die US-Truppen den Irak verlassen und ein Vakuum hinterlassen hätten, "das auf tragische und bedrohliche Weise durch unsere Feinde gefüllt wurde".

Vor allem aber kritisieren die Cheneys das Iran-Atomabkommen, das die Obama-Administration gemeinsam mit den UN-Vetomächten plus Deutschland ausgehandelt hat. "Es wird zu einem nuklear bewaffneten Iran führen, zu einem atomaren Wettrüsten im Mittleren Osten und, mehr als wahrscheinlich, zum ersten Einsatz einer Atomwaffe seit Hiroshima und Nagasaki." Vergangenen Dienstag warf er Obama in einer Rede am American Enterprise Institute vor, über die Fakten des Iran-Deals zu lügen. "Obama sagte, dass er die Iraner davon abhalten wird, Atomwaffen zu bekommen, es wird aber tatsächlich den Aufbau und die Legitimierung eines iranischen Atomarsenals ermöglichen." Die Aufhebung der Sanktionen gegen die Revolutionsgarden und die Quds-Brigaden werde "Gewalt säen und Terror quer durch den Mittleren Osten unterstützen", meinte Cheney, der von einer Demonstrantin unterbrochen wurde, die ihn als Kriegstreiber beschimpfte und dann abgeführt wurde.

Die Republikaner können den Atom-Deal mit Iran nicht mehr verhindern

Wenige Stunden nach Cheneys Rede wurde bekannt, dass sich drei weitere demokratische Senatoren für den Atom-Deal aussprachen, was bedeutet, dass die Republikaner, die den Sommer über lang hofften, unentschlossene Kongressmitglieder auf ihre Seite ziehen zu können, das Abkommen nun nicht mehr verhindern können. Mit den mindestens 41 Stimmen, die Obama hinter sich weiß, muss der Präsident nicht einmal mehr sein Veto einlegen.

Die Niederlage der Republikaner hat einige Präsidentschaftsanwärter wie Marco Rubio dazu veranlasst, über Twitter erneut zu betonen, dass sie bei Wahlsiegen den Vertrag kündigen und die Sanktionen verschärfen werden. Die republikanische Bewerber Donald Trump und Ted Cruz schlossen sich dem Protest mit Hunderten Gegnern des Abkommens vor dem Kapitol in Washington an. Senator Cruz nannte den Deal die größte alleinige Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA. Die Iraner könnten in der Atmosphäre eine Atombombe zünden und Millionen Menschen töten. Trump sagte: "Ich schließe Deals schon seit langer Zeit. Nie im Leben habe ich eine Transaktion so unfähig ausgehandelt gesehen wie bei unserem Deal mit Iran." Auch Hillary Clinton äußerte sich am Mittwoch zum Abkommen, das Strobe Talbott von der Denkfabrik Brookings Institute als "umstrittenste außenpolitische Entscheidung" seit dem Einmarsch in den Irak bezeichnete. Clinton sprach davon, wie sie als Außenministerin mit den diplomatischen Verhandlungen begann, weil jahrelange Sanktionen "wenig Effekt" zeigten. Der Deal sei nicht perfekt, aber blockiere jeden Weg Irans, an eine nukleare Bombe zu gelangen und sorge für mehr Sicherheit in der Region. Es gelte, wachsam zu sein, der Regierung Irans sei nicht zu trauen, das Abkommen bedeute keine Annäherung an ein Land, das die Existenz Israels negiere. "Sollte sich Iran nicht an die Vorgaben halten", sagte Clinton, würde sie als Präsidentin nicht zögern, auch militärisch einzugreifen.

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