USA:Brachiale Drohungen

Donald Trump

Präsident Trumps Drohungen gegenüber Kim Jong-un sind zwar brachialer, eine militärische Option gibt es aber nicht. Die Gefahr, dass Nordkorea Seoul angreift, ist zu groß.

(Foto: Alex Brandon/AP)

Donald Trump greift gegenüber Pjöngjang zu scharfen Worten, aber wohl nicht zu den Waffen: Die militärischen Optionen der USA sind im Fernduell mit Diktator Kim Jong-un sehr beschränkt.

Von Hubert Wetzel, Washington

Von den USA aus gesehen flog die nordkoreanische Rakete am Montag zunächst einmal genau in die richtige Richtung - nach Nordosten über Japan hinweg, nicht nach Südosten auf die Pazifikinsel Guam zu. Diese ist amerikanisches Territorium, das Pentagon hat dort einige Tausend Soldaten stationiert. Und US-Präsident Donald Trump hatte seine ursprüngliche, recht vage Warnung, Pjöngjang werde "Feuer und Zorn" zu spüren bekommen, wenn es Amerika weiter bedrohe, später mit Blick auf Guam präzisiert: Sollte Nordkorea tatsächlich Guam beschießen, wie Diktator Kim Jong-un es in einer Replik angedroht hatte, so bedeute das Krieg.

Insofern war der Raketentest kein unmittelbarer Auslöser für einen amerikanischen Gegenschlag. Die Rakete überquerte nicht die "rote Linie", die Trump zumindest implizit um Guam herum gezogen hatte. Dennoch wurde der Test in Washington als klare Provokation gewertet - unabhängig davon, ob Kim den Test angeordnet hatte, um den US-Präsidenten herauszufordern, oder weil er sich gezwungen sah, seiner eigenen martialischen Rhetorik Taten folgen zu lassen. Die Gefahr, dass Trump an einen Punkt gerät, an dem er einen Militärschlag gegen Nordkorea befiehlt, sei mit dem Test vom Montag jedenfalls nicht gesunken, hieß es in der amerikanischen Hauptstadt.

Dass die USA gegen Nordkorea gar keine echte militärische Option haben, verriet Steven Bannon

An den Grundzügen des Konflikts hat sich freilich durch die schärfer werdenden wechselseitigen Drohungen wenig geändert. Eine vernünftige militärische Option gibt es für die USA gegen Kim eigentlich nicht. Die Gefahr, dass Nordkorea mit einem massiven Artillerieangriff oder gar Nuklearschlag auf die südkoreanische Millionenmetropole Seoul antwortet, ist zu groß. Aus diesem Grund haben auch Trumps Amtsvorgänger zwar stets betont, die militärische Option liege auf dem Tisch, um Nordkorea am Bau von Atombomben und Langstreckenraketen zu hindern - eine Phrase, mit der auch Trump am Dienstag auf den jüngsten Test reagierte. Diese Option tatsächlich einzusetzen, haben sich alle US-Regierungen freilich gescheut. Trump droht vielleicht brachialer. Aber dass man auch in diesem Weißen Haus die militärischen Realitäten kennt, weiß die Öffentlichkeit, seit Trumps geschasster Chefstratege Stephen Bannon es unabsichtlich einem Journalisten verraten hat: Die militärische Option existiere in Wahrheit nicht, sagte er. Kim sitze am längeren Hebel.

Auch politisch ist die Lage weitgehend festgefahren. Die USA haben wenige Möglichkeiten, direkt diplomatischen oder wirtschaftlichen Druck auf Nordkorea auszuüben. Trump hatte zunächst gehofft, dass er China überreden kann, das zu tun, Nordkoreas wichtigsten Verbündeten. Inzwischen ist aber klar, dass Peking entweder unfähig oder unwillig ist, den Diktator in Pjöngjang zu zügeln. Immerhin scheint dieser recht rational abzuschätzen, wohin er seine Raketen schießen kann und wohin besser nicht. Dass Kim für seine Nachbarn nur "Verachtung" übrig habe, wie Trump am Dienstag beklagte, weiß man seit Langem.

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