Schuldengrenze in den USA:Erste Machtprobe zwischen Biden und McCarthy

Republikaner Kevin McCarthy vor dem Weißen Haus

Der Republikaner Kevin McCarthy vor dem Weißen Haus nach seinem Gespräch mit US-Präsident Joe Biden.

(Foto: Jacquelyn Martin/AP)

Beim Treffen des US-Präsidenten mit dem republikanischen Sprecher des Repräsentantenhauses geht es vor allem um die Frage, wie die USA zahlungsfähig bleiben. Denn die Schuldengrenze ist erreicht. Mehr Schulden? Sparen? Das Gespräch lief offenbar besser als erwartet.

Von Peter Burghardt, Washington

Inzwischen haben sich der oberste Demokrat und der ranghöchste Republikaner also getroffen, an einem für Joe Biden abwechslungsreichen Mittwoch.

Vormittags sahen FBI-Beamte in seinem Strandhaus in Delaware nach, ob auch dort vertrauliche Papiere aus seiner Zeit als Vizepräsident oder Senator zu finden sein könnten. Sie fanden offenbar nichts, anders als in seinen früheren Büros und seiner Privatresidenz in Wilmington. Später begrüßte er seinen neuen Stabschef Jeff Zients im Weißen Haus und verabschiedete dessen Vorgänger Ron Klain. Zwischendurch kam Kevin McCarthy vorbei. Es ging nicht zuletzt um eine irre Zahl.

McCarthy ist seit Anfang Januar der Sprecher des Repräsentantenhauses, in dem die Republikaner wieder eine knappe Mehrheit stellen. Für seine Wahl waren 15 Runden nötig, weil sich radikale Teile der eigenen Partei so lange gegen ihn stellten, bis ihnen der Kandidat alles Mögliche versprochen hatte.

Die Schuldengrenze wurde bereits am 19. Januar erreicht

Es gab dabei sehr wahrscheinlich auch Wünsche zur Schuldengrenze, ein Thema, das McCarthy nun bei seinem ersten offiziellen Besuch als Speaker beim US-Präsidenten besprach. Das Limit liegt derzeit bei sagenhaften 31,38 Billionen US-Dollar, 14-stellig, so viel Geld darf sich die jeweilige Regierung in Absprache mit dem Kongress leihen.

Am 19. Januar wurde dieser Peak erreicht. Finanzministerin Janet Yellen ergriff daraufhin "außerordentliche Maßnahmen", wie sie das nannte, um Zeit zu gewinnen. Es sind buchhalterische Manöver, um Zahlungen fürs Erste abzufedern, in solchen Fällen ist das Routine. Bis Juni jedoch müsste die Schuldengrenze erhöht werden, sonst könnte die größte Volkswirtschaft der Welt zahlungsunfähig werden, mit entsprechenden Folgen für das Land und die internationalen Finanzmärkte.

2011 war es schon mal fast so weit, ehe sich Barack Obama und sein damaliger Stellvertreter Biden in letzter Minute mit den seinerzeit ebenfalls im Parlament dominierenden Republikanern einigten. Das verschreckte die Börse und veranlasste eine Ratingagentur, die Kreditwürdigkeit der USA herabzustufen.

Diesmal könnte es noch enger werden, weil in der republikanischen Fraktion Hardliner sitzen, die Biden und den Demokraten mit allen Mitteln schaden wollen. Diesen Leuten musste McCarthy mutmaßlich Härte zusichern, sonst könnte er seinen Job als zumindest offizieller Wortführer im Plenum schnell wieder los sein - er braucht ihre Stimmen.

Im Oval Office fand jetzt ein erstes Gipfeltreffen im Rahmen dieses Showdowns statt: Der demokratische Präsident empfing den republikanischen Speaker. Eröffnet worden war das Duell da längst. McCarthy sei "ein anständiger Mann", sagte Biden tags zuvor, aber er habe einem extremistischen Flügel seiner Partei nachgeben müssen. Was er seinem Gast sagen werde? "Zeigen Sie mir Ihr Budget, dann zeige ich Ihnen meins."

Auch unter republikanischer Führung sind die Schulden regelmäßig gestiegen

Denn bisher haben die Republikaner nur versichert, dass sie einer weiteren Aufstockung des Schuldenberges allenfalls dann zustimmen werden, wenn die Biden-Administration die Staatsausgaben kappt. Aber unklar ist, wo genau sie sparen lassen wollen. Ihr Patron Donald Trump, der den Wahlkampf für 2024 bereits eröffnet hat, forderte seine Kollegen auf dem Capitol Hill zwar auf, hart zu bleiben. Sie sollten allerdings auf keinen Fall dafür stimmen, "auch nur einen einzigen Penny bei Medicare oder der Sozialversicherung zu kürzen".

Das sind zwei der größten Posten, ein Eingriff würde Wählern jedoch missfallen. Um die Ausgaben für das Pentagon oder die Lebensmittel- und Arzneimittelbehörde könnte es vielleicht gehen, bei der Frage der Waffenlieferungen für die Ukraine scheiden sich bei den Republikanern die Geister. Die meisten scheinen trotzdem eher dafür zu sein. Die linke Demokratin Elizabeth Warren wieder empfiehlt die Aufhebung von Trumps Steuererleichterungen für Wohlhabende, die Republikaner spielten "ein falsches Spiel".

Er denke nicht, dass irgendjemand in Amerika glaube, dass man nicht irgendwo Einsparungen entdecken könne, sagt McCarthy. Sie hätten fünf Monate Zeit, "um uns vernünftig zusammenzusetzen und gemeinsam eine Einigung zu erzielen". Von einem verhandelten Deal wollen Bidens Demokraten aber nichts wissen, jedenfalls nicht offiziell. Sie meinen, die Republikaner sollten die Aufstockung genehmigen, so wie sich Regierung und Opposition in dieser Sache stets irgendwie geeinigt haben.

Außerdem wird immer wieder daran erinnert, dass die Schulden auch unter republikanischer Führung regelmäßig gestiegen sind, zuletzt unter Trump. Das Finanzministerium weist darauf hin, dass der Kongress das debt limit, die Schuldengrenze, seit 1960 bislang 78-mal angehoben, verlängert oder neu festgelegt habe, 49-mal unter republikanischen und 29-mal unter demokratischen Präsidenten. Obendrein kosten die Pandemie und die Inflation Washington ein Vermögen.

Die erste Begegnung der Wortführer hat den Streit erwartungsgemäß nicht beendet. "Die größte Bedrohung für Amerika sind unsere Schulden", verkündete McCarthy anschließend. "Wir haben eine Menge Einnahmen. Wir haben nur ein Ausgabenproblem." Das Gespräch sei aber besser gewesen als erwartet, man werde es fortsetzen und am Ende eine Basis finden. Das Weiße Haus gab bekannt, der Präsident habe seinem Besucher klar gemacht, dass es gemeinsame Pflicht sei, einen katastrophalen Zahlungsausfall zu vermeiden. Am Donnerstag saßen sie dann beim National Prayer Breakfast im Kapitol nebeneinander. Nächstenliebe, sagte Biden, sei schwierig, aber: "Wir sollten anfangen, uns gegenseitig mit Respekt zu behandeln. Das ist es, was Kevin und ich tun werden."

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