Süddeutsche Zeitung

Luftangriff im Irak:Trump: "Er hätte schon vor vielen Jahren ausgeschaltet werden sollen"

  • Die Tötung des Kommandeurs der iranischen Al-Quds-Brigaden, Qassim Soleimani, im Irak durch die USA führt zu Warnungen vor einer dramatischen Eskalation in der Region.
  • Der Oberste Führer Irans, Ajatollah Ali Chamenei, kündigt Rache an. In zahlreichen Städten des Landes kommt es zu Kundgebungen gegen die USA.
  • US-Außenminister Pompeo rechtfertigt in zwei Fernsehauftritten den Angriff: Die USA wollten keinen Krieg mit Iran, doch das Leben von US-Bürgern sei in Gefahr gewesen.
  • US-Präsident Trump schrieb auf Twitter, Soleimani habe viele US-Bürger getötet und geplant, noch weitere zu töten.

Bei einem Luftangriff auf den Internationalen Flughafen von Bagdad ist nach irakischen Behördenangaben der Chef der iranischen Elitetruppen, Qassim Soleimani, getötet worden. Auch Iran bestätigte den Tod des Generals. Neben Soleimani wurden auch der Vizekommandeur der von Iran unterstützten Volksmobilmachungskräfte (PMF), Abu Mahdi al-Muhandis, und fünf weitere Menschen getötet.

Die USA übernahmen die Verantwortung für den Angriff. US-Präsident Donald Trump stellt Soleimani als Massenmörder dar. Über einen langen Zeitraum hinweg habe Soleimani "Tausende Amerikaner getötet oder schwer verletzt", schreibt Trump auf Twitter. "Und er plante, noch viele weitere zu töten... ist aber erwischt worden." Er sei zudem verantwortlich für den Tod zahlreicher Demonstranten in Iran. "Er hätte schon vor vielen Jahren ausgeschaltet werden sollen", so Trump.

Trumps Außenminister Mike Pompeo erklärte trotz des Angriffs, die USA blieben der Deeskalation gegenüber dem Land verpflichtet. "Wir wollen keinen Krieg mit Iran", sagte er dem US-Fernsehsender Fox News. "Aber wir werden nicht dastehen und zusehen, wie das Leben von US-Bürgern in Gefahr ist." Das Risiko, gegen den Iran nichts zu unternehmen, sei enorm gewesen. Der Angriff auf Soleimani sei "rechtmäßig" gewesen. Auf CNN sagte Pompeo, es bestehe kein Zweifel, dass die Tötung Soleimanis das Leben von US-Bürgern gerettet habe. Auf die Frage, ob es Drohungen Irans gegen das Territorium der USA gegeben habe, antwortete Pompeo, es habe Drohungen gegen die USA im Nahen Osten gegeben.

Der getötete General Soleimani ist der prominenteste Vertreter und das bekannteste Gesicht des iranischen Militärs im Ausland. Die Al-Quds-Brigaden gehören zu den Revolutionsgarden (IRGC), einer Eliteeinheit der iranischen Streitkräfte. Sein Tod bedeutet einen neuen Höhepunkt im Konflikt zwischen den USA und Iran. An die Spitze der Al-Quds-Brigade rückt nun Soleimanis bisheriger Stellvertreter Esmail Ghaani.

Der Oberste Führer Irans, Ajatollah Ali Chamenei, kündigte Rache für die Tötung Soleimanis an. Die USA müssten sich auf eine "harsche Vergeltung" gefasst machen, zitierte das iranische Staatsfernsehen Chamenei. Irans Präsident Hassan Ruhani betonte dem Staatsfernsehen zufolge: "Suleimanis Märtyrertod macht den Iran entschlossener im Kampf gegen die Expansionspolitik von Amerika und in der Verteidigung unserer islamischen Werte." Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif sprach von einer "extrem gefährlichen und dummen Eskalation". Er warf den USA auf Twitter einen brutalen terroristischen Angriff vor.

"Den Begriff Sicherheit und Entspannung können die Amerikaner ab heute vergessen"

In fast allen Teilen Irans kam es im Verlauf des Tages zu spontanen Kundgebungen gegen die USA. Besonders bei den Freitagsgebeten fielen harte Worte in Richtung Washington wie "Tod den USA" und "Rache, Rache". "Den Begriff Sicherheit und Entspannung können die Amerikaner ab heute vergessen", sagte der ranghohe Kleriker Ahmad Chatami beim Freitagsgebet in Teheran. Medienangaben zufolge nahmen Hunderttausende an den Demonstrationen teil.

Der irakische Ministerpräsident Adel Abdul Mahdi verurteilte die Tötung Soleimanis als Aggression gegen sein Land und als empörenden Verstoß gegen die Voraussetzungen für die Präsenz der US-Truppen im Irak. Er sprach von einer gefährlichen Eskalation und warnte vor einem Krieg in der Region.

Politiker aus Europa äußerten sich nach der Eskalation beunruhigt. In Berlin ruft sie Sorge um die im Irak stationierten Bundeswehrtruppen hervor. Zudem befürchtet die Bundesregierung eine Eskalation und Ausweitung des Konflikts und mahnt zur Besonnenheit, ohne den Angriff direkt zu kritisieren.

Bereits am vergangenen Wochenende hatten die USA schiitische Milizen im Irak angegriffen. Als Reaktion darauf drangen am Dienstag Hunderte Demonstranten in Bagdad in die besonders gesicherte Grüne Zone ein, um die US-Botschaft zu stürmen. Mehrere Wachhäuschen wurden in Brand gesetzt, Mauern beschmiert und Brandsätze geworfen. Soldaten drängten die Demonstranten jedoch zurück, bevor sie auf das Botschaftsgelände gelangen konnten. Zur Abschreckung setzte das US-Militär auch Kampfhubschrauber ein und verlegte etwa 100 Marineinfanteristen aus dem benachbarten Kuwait.

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