USA:Mike Pompeo und die kleinen Freunde

USA: Mike Pompeo und seine Frau Susan steigen in Prag aus dem Flugzeug. Nach dem Besuch in Tschechien reist der US-Außenminister weiter nach Slowenien, Österreich und Polen.

Mike Pompeo und seine Frau Susan steigen in Prag aus dem Flugzeug. Nach dem Besuch in Tschechien reist der US-Außenminister weiter nach Slowenien, Österreich und Polen.

(Foto: Petr David Josek/AFP)

Der US-Außenminister besucht Tschechien, Slowenien, Österreich und Polen. In mindestens zwei Ländern trifft er auf einen ähnlichen Politikstil wie daheim. Will er sie der EU entfremden?

Von Stefan Braun, Berlin, und Viktoria Großmann

Offiziell geht es um gemeinsames Erinnern. An das Kriegsende vor 75 Jahren, die Befreiung der westböhmischen Stadt Pilsen durch US-Truppen im Mai 1945 und das "Wunder an der Weichsel", als sich der junge, polnische Staat 1920 erfolgreich gegen die Rote Armee wehrte. Tschechien, Slowenien, Österreich und zum Schluss Polen liegen auf der Route von US-Außenminister Mike Pompeo, am Dienstag landete er in Prag. Sein erster Weg führte ihn nach Pilsen. Am Samstag soll er in Warschau eintreffen.

"Es ist eine große Anerkennung", schrieb der tschechische Außenminister Tomáš Petříček zum Besuch Pompeos auf Twitter. Zuletzt hatte Hillary Clinton 2012 Tschechien besucht. Mit zum Teil ähnlichen Plänen: Die USA hätten gern, dass der Auftrag zum Bau des neuen Atomkraftwerks in Tschechien an das amerikanische Unternehmen Westinghouse geht. Pompeo erklärte vorab nur: "Ich erwarte, dass es eine sehr wichtige und produktive Reise sein wird."

Polen hofft auf amerikanische Truppen, wenn Einheiten aus Deutschland abgezogen werden

Denn neben dem Gedenken an die Geschichte geht es auch um ganz anderes: Polen hofft auf amerikanische Truppen, wenn Einheiten aus Deutschland abgezogen werden. Tschechien kann Unterstützung in schwelenden Konflikten mit Russland gebrauchen und setzt auch bei der Abwehr einer chinesischen Spionagegefahr auf die Amerikaner. Beide Länder sind nicht gerade gut auf die EU zu sprechen, hoffen lieber auf die USA, deren aktuelle Führung unter Donald Trump ihrem eigenen Politikstil viel mehr entspricht. Manche Politiker in Polen und Tschechien eifern Trump geradezu nach.

Und Pompeo, der amerikanische Außenminister? Er sucht Freunde in Europa, auch wenn es kleine Freunde sind. Dafür nimmt er sich Zeit. Nach seinem Besuch in Pilsen am Dienstag, wo er sich mit seinem Amtskollegen Petříček länger auf dem Gelände der Pilsner-Brauerei besprach, will er am Mittwoch Premier Andrej Babiš und Präsident Miloš Zeman treffen, außerdem den Chef der staatlichen Sicherheitsbehörde. Themen werden die angekündigte Truppenverlegung aus Deutschland ostwärts sein sowie das Anliegen der USA, den chinesischen Anbieter Huawei vom Ausbau des 5G-Netzes auszuschließen. Der slowenische Außenminister Anže Logar wird mit Pompeo eine entsprechende Vereinbarung schließen. Für Slowenien ist es der erste US-amerikanische Staatsbesuch seit 2008, ein Treffen der Außenminister hat es seit 1997 nicht mehr gegeben.

Auch mit Tschechien sind die USA hier auf einer Linie. Ein Sicherheitsabkommen mit Blick auf das 5G-Netz haben die Staaten schon im Mai unterzeichnet, prompt beschwerte sich China und erklärte seine "tiefe Entrüstung und Enttäuschung". Auch auf Russland sind einige Politiker in Tschechien nicht gut zu sprechen. Im Juni wies Tschechien russische Diplomaten aus. Zuvor hatten drei Prager Bürgermeister Personenschutz erhalten, weil es Hinweise auf mögliche Giftanschläge gegeben haben soll. Russland hatte sich provoziert gefühlt, weil in Prag die Statue eines sowjetischen Marschalls entfernt und der Platz vor der Botschaft nach dem ermordeten Kreml-Kritiker Boris Nemzow umbenannt worden war.

Dem tschechischen Staatspräsidenten Zeman ist die offizielle Haltung der Regierung ziemlich egal. Er gilt als Freund Russlands und wird gern als "Pressesprecher Chinas" verspottet. Die Wochenzeitung Respekt hofft auf eine "aufklärerische Wirkung" seines Gesprächs mit Pompeo. Nicht zur Debatte steht in Tschechien die Aufnahme von amerikanischen Truppen. Außenminister und Premier schließen das strikt aus. "Zu uns kommen sie sicherlich nicht", sagte Andrej Babiš der Zeitung Právo. Und noch zu einem weiteren Plan der USA zeigt sich Babiš zurückhaltend: der Vergabe für den Bau des geplanten neuen Atomkraftwerks. Hier werden stets auch Unternehmen aus Russland, China und Südkorea als Interessenten genannt. "Es ist wichtig, dass der Wettbewerb transparent und objektiv abläuft", sagte Babiš im tschechischen Fernsehen. Ansonsten kann Babiš als Fan der Trump-Administration gelten. Der schwerreiche Geschäftsmann, der sich mit einer selbst gegründeten Partei ins Amt des Regierungschefs hinaufgearbeitet hat, wird längst als "tschechischer Trump" bezeichnet.

Eine Bezeichnung, auf die in Berlin jenseits der AfD kaum jemand stolz wäre. Ansonsten freilich kann sich in der Bundesregierung niemand mehr darüber aufregen, dass Pompeo zwar vielen Nachbarn, aber nicht Deutschland einen Besuch abstattet. Viel gravierender ist die Sorge, dass die Trump-Regierung (wie Russland und China) weiter daran arbeiten könnte, die osteuropäischen EU-Staaten dem Rest der Union zu entfremden. Mal mit guten Geschäftsangeboten, mal mit der Zusage, US-Truppen von Deutschland nach Polen zu verlegen. Dieses Bemühen Washingtons um neue "themen-basierte Allianzen" wird in Berlin als Versuch gewertet, die EU auseinanderzutreiben, mindestens aber den Wert der Union zu untergraben.

Ob dazu auf dieser Reise Konkretes beschlossen wird, ist derzeit eher unwahrscheinlich. Das, so heißt es in Berlin, sei immerhin ein kleiner Hoffnungsschimmer.

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