In der juristischen Auseinandersetzung um die persönliche Verstrickung Donald Trumps in Wahlmanipulationen durch russische Agenten setzt Sonderermittler Robert Mueller den US-Präsidenten immer stärker unter Druck. Ein Ziel des Ermittlers ist, Trump unter Eid zu verhören, was dessen Anwälte bisher erfolgreich verhindert haben. Nun hat Mueller nach Berichten amerikanischer Medien ein Kompromissangebot vorgelegt und eingewilligt, in einem ersten Schritt die schriftliche Beantwortung von Fragen zu akzeptieren - allerdings nur, wenn eine direkte Vernehmung anschließend möglich sei. Etwa zu den Umständen, unter denen Trump den FBI-Direktor James Comey zu Beginn der Präsidentschaft entließ.
Trumps Anwälte haben über ihr Sprachrohr, den republikanischen Politiker und früheren Bürgermeister von New York , Rudolph Giuliani, schon wissen lassen, dass sie auch diesem Plan wenig Chancen einräumten. "Ich kann ihnen nicht viel Hoffnung machen, dass dies passieren wird, wir verhandeln noch", sagte der stets gesprächige Giuliani dem Sender CNN. Trumps Anwälte treibt die Sorge um, dass der Präsident sich in Widersprüche verwickeln oder unter Eid eine falsche Aussage treffen könnte. Andererseits steht die Drohung von Sonderermittler Mueller im Raum, Trump notfalls per Gerichtsbeschluss vorladen zu lassen.
Trump will Mueller davon überzeugen, dass es sich um eine "Hexenjagd" handelt
Trump erleichtert indes die Position seiner Anwälte nicht gerade. Der Präsident ist nach Informationen mehrerer US-Medien offenbar entschlossen, möglichst schnell auszusagen, in der Hoffnung, die Ermittlungen damit endlich vom Tisch zu bekommen. Die New York Times schreibt unter Berufung auf drei Quellen, dass Trump glaube, die Ermittler von seiner "Hexenjagd-Theorie" überzeugen zu können.
Seit Monaten wiederholt Trump bei jeder sich bietenden Gelegenheit, dass Mueller und die Demokraten eine Hexenjagd auf ihn veranstalteten und dieser "Unfug" gestoppt werden müsse. Offenbar ist sich der Präsident der Gefahr nicht bewusst, dass er sich in Widersprüche zu seinen unzähligen Kurzmitteilungen verwickeln und damit erst Anlass geben könnte für eine vom Kongress geführte Ermittlung im Rahmen eines Amtsenthebungsverfahrens.
Wichtig im Kalkül der Anwälte ist der Zeitplan. Das Trump-Lager könnte versucht sein, das Thema Befragung bis zu den Zwischenwahlen im Herbst in der Schwebe zu halten, um so einer gerichtlichen und damit spektakulären Vorladung vor dem Abstimmungstermin zu umgehen. Gleichzeitig besteht die Sorge, der Kongress könnte im November nach einem möglichen Mehrheitswechsel hin zu den Demokraten schnell ein Amtsenthebungsverfahren einleiten.
Wie sehr Trump in der Ermittlung unter Druck steht, zeigen seine Twitter-Botschaften vom Mittwochmorgen. In einer forderte er Justizminister Jeff Sessions auf, "diese konstruierte Hexenjagd sofort zu beenden, ehe sie unser Land noch weiter beschmutzt". Der Tweet war in doppelter Hinsicht bemerkenswert: Erstens hatte sich der Justizminister vor Beginn seiner Amtszeit von der Ermittlungsaufsicht über Mueller wegen Befangenheit befreit. Er kann die Ermittlungen also gar nicht stoppen. Die Zuständigkeit liegt nun beim stellvertretenden Justizminister Rod Rosenstein. Und der weiß, dass eine Einstellung einen politischen Sturm auslösen würde.
Zweitens wurde die Botschaft Trumps sofort als Anweisung ausgelegt, was wiederum die Interpretation zuließ, der Präsident behindere die Justiz. Giuliani beeilte sich deshalb, die Botschaft als reine Meinungsäußerung zu interpretieren. "Das ist keine Handlungsanweisung", sagte er. Freilich scheint Sonderermittler Mueller anderer Meinung zu sein.
Sein Team untersuche nun auch Trumps unzählige Twitterbotschaften auf Verstöße gegen das Wahlgesetz, hieß es vor einigen Tagen. Ermittler befragen dabei Zeugen, ob der Präsident nach einem Tweet spezielle Handlungen seiner Mitarbeiter erwarte. Andere Beobachter wiesen darauf hin, dass Tweets des Präsidenten durchaus wie Anweisungen gehandhabt wurden, etwa der über den Nachrichtendienst verkündete Rauswurf von Außenminister Rex Tillerson.
Sind Tweets justitiabel? Ermittler hegen den Verdacht der Beeinflussung der Justiz
Donald Trump setzt unterdessen fast täglich seine Strategie fort und delegitimiert die Ermittlungen. Das Gefühl der Dringlichkeit wird auch in den Sommermonaten genährt durch die beiden anderen Verfahren, in denen die Umstände russischer Einflussnahme auf die Wahl 2016 aufgedeckt werden sollen.
Am Donnerstag begann vor einem Gericht in Alexandria der dritte Verhandlungstag gegen Trumps früheren Wahlkampfleiter Paul Manafort. Ihm werden Steuerhinterziehung, unerlaubte Wahlkampffinanzierung und andere Delikte zur Last gelegt. Es ist das erste Gerichtsverfahren im Zuge der Mueller-Ermittlungen. Bisher konzentrierte sich die Anklage auf den verschwenderischen Lebensstil Manaforts und seine dubiosen Geldquellen. Als Kronzeuge wird aber noch Rick Gates erwartet, ein Geschäftspartner Manaforts, der die volle Kooperation mit der Staatsanwaltschaft in Aussicht gestellt hat. Trump bemüht sich, seine Verbindung zu Manafort kleinzureden.
Gleichzeitig befördern Ermittlungen einer Bundesstaatsanwaltschaft in New York gegen Trumps langjährigen Anwalt Michael Cohen neues Material ans Tageslicht. Zuletzt tauchte ein Mitschnitt eines Gesprächs zwischen Trump und Cohen auf, in dem sie die Zahlung von Schweigegeld an ein früheres Playboy-Model diskutieren. Die Frau soll eine Affäre mit Trump gehabt haben. Trump bestreitet den Sachverhalt, die Aufnahmen und andere Beweisstücke lassen aber darauf schließen, dass Geld geflossen ist. Fraglich ist, ob es sich dabei um Wahlkampfgeld handelte.