USA:Arme unerwünscht

Die Regierung in Washington macht legale Zuwanderung deutlich schwieriger. Eine neue Regel führt im Detail aus, wer zur Last für die Öffentlichkeit werden könnte - und deshalb keine Greencard bekommen sollte.

Von Thomas Kirchner

Die Regierung von Präsident Donald Trump hat die Regelung für legale Zuwanderung in die USA verschärft. Für voraussichtlich Hunderttausende überwiegend ärmere Einwanderer wird es nun schwieriger, eine Greencard zu erhalten, die dauerhafte Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis. Bürgerrechtler befürchten zudem eine gravierende Verschlechterung der sozialen Lage von Immigranten.

Schon immer war es ein Prinzip der legalen Einwanderung in die USA, jene ins Land zu lassen, die dem Steuerzahler nicht zu sehr zur Last fallen. Bisher galt, dass Einwanderer nicht mehr als die Hälfte ihres Einkommens aus staatlicher Beihilfe beziehen sollten. Die neue Regel führt nun auf 837 Seiten im Detail aus, wer eine "public charge", eine Last für die Öffentlichkeit, werden könnte und deshalb keine Karte bekommen soll. Darunter fallen jene, die innerhalb von drei Jahren mehr als zwölf Monate Geld aus Programmen wie Medicaid, der Kinderkrankenversicherung, Wohnbeihilfe oder Lebensmittelhilfe bezogen haben.

Auch der Gesundheitszustand von Antragstellern soll in Betracht gezogen werden

"Wir erwarten natürlich, dass Menschen, die ein Einkommen haben, auch auf ihren eigenen Beinen stehen können", sagte der geschäftsführende Leiter der Einwanderungs- und Ausländerbehörde USCIS, Ken Cuccinelli. Die neuen Regeln sollten bewirken, dass Migranten persönliche Verantwortung übernehmen. Von vornherein nicht als "public charge" gilt eine vierköpfige Familie ab einem Einkommen von 64 000 Dollar.

Asylsuchende, Flüchtlinge, Schwangere, Kinder und all jene, die schon eine Greencard besitzen, sind nicht betroffen von der Neuerung, wohl aber Behinderte und chronisch Kranke. Denn auch der Gesundheitszustand von Antragstellern soll in Betracht gezogen werden, wenn er den Schulaufenthalt oder die Arbeit beeinträchtigen könnte, ebenso schlechte Kreditwürdigkeit oder mangelhafte Englischkenntnis. Allerdings haben die Einwanderungsbeamten einen breiten Spielraum. Es gibt kein Punktesystem, keine klaren Kriterien, wer abgewiesen werden soll.

Experten werten die Änderung vor allem als Versuch, Migranten aus Mittelamerika oder Afrika auszuschließen. Laut dem Migration Policy Institute lägen etwa 70 Prozent der Menschen, die in jüngster Zeit aus Mexiko, Mittelamerika, der Karibik und Afrika einwanderten, unter der erwähnten Schwelle eines Haushaltseinkommens von 64 000 Dollar. Für viele von ihnen wird es nun vermutlich schwieriger, im Land zu bleiben.

Die zweite gravierende Folge: Viele Einwanderer könnten auf Hilfsleistungen verzichten, aus Angst, ihre Aussicht auf eine Greencard damit zu schmälern. Die New York Times schätzt die Zahl der Menschen, die aus Wohlfahrtsleistungen aussteigen oder sie nicht beantragen werden, auf 324 000.

Die Einwanderung und ihre Beschränkung ist ein Lieblingsthema des Präsidenten. Nach der illegalen Einwanderung wendet sich Trump nun der legalen zu. Ihm liegt daran, das ganze System zu ändern, das bisher stark auf Familienbeziehungen gegründet ist. Trump will erreichen, dass der Verdienst oder die Leistungsfähigkeit (merit) stärker gewichtet wird. Nach Ansicht von Beobachtern könnten die neuen Regeln ein auf "merit" basiertes System durch die Hintertür einführen. Mehrere Organisationen und Politiker kündigten Klagen gegen die Regeln an. Sie seien "widerlich", sagte der Justizminister von Kalifornien, Xavier Becerra.

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