USA: Angriff auf muslimischen Taxifahrer:"Töte mich nicht!"

Ein New Yorker Taxifahrer wurde niedergestochen, nachdem er sich als Muslim zu erkennen gab. Eine Folge der hitzigen Debatte um die geplante Moschee nahe des Ground Zero? Der mutmaßliche Täter ist gefasst - und gibt Rätsel auf.

Ahmed S. ist Taxifahrer in New York. Seit 25 Jahren lebt er in den Vereinigten Staaten, seit 15 Jahren sitzt er am Steuer eines der berühmten Yellow Cabs. Seine letzte Fahrt hätte er fast mit dem Leben bezahlt.

Ahmed H. Sharif

Ahmed S. wird im New Yorker Bellevue Hospital medizinisch versorgt.

(Foto: AP)

Vor laufenden Kameras zeigt Ahmed S., 44, seine Verletzungen, die ihm ein Fahrgast mit einem Messer zugefügt hat. Am Oberarm. An der Hand. Im Gesicht. Dann legt er seinen Kopf in den Nacken und offenbart eine etwa zehn Zentimeter lange Narbe am Hals, die quer über die Hauptschlagader verläuft. "Ich habe zu ihm gesagt: Töte mich nicht! Ich arbeite sehr hart, ich habe eine Familie", sagt S. in die Mikrofone, die ihm entgegengehalten werden.

Der mutmaßliche Täter sitzt in Untersuchungshaft. Ein Rettungssanitäter hat ausgesagt, dass der Taxifahrer an den Verletzungen gestorben wäre, wenn die Stichwunden nur etwas tiefer gegangen wären. Die Staatsanwaltschaft von New York sieht in der Tat ein Hassverbechen und erhebt Anklage wegen versuchten Mordes. Eine verwerfliche Tat, ein schweres Verbrechen - und keine absolute Ausnahme in einer Stadt wie New York. Trotzdem berichten landesweit alle Medien über den Vorfall, denn über dem Verbrechen schwebt die Frage: Hat der Streit um die geplante Moschee in der Nähe von Ground Zero den 21-jährigen Michael E. zu der Tat veranlasst?

Nichts scheint die Menschen in den USA derzeit so zu bewegen wie der Streit um den Bau eines muslimischen Gemeindezentrums in der Nähe des Ortes, an dem bis zu den Terroranschlägen des 11. Septembers 2001 das World Trade Center stand. Während Befürworter in dem geplanten Bau einen Beweis für die Toleranz Amerikas sehen, lehnen Gegner - vor allem rechte Republikaner - das Projekt als "Ohrfeige" für die Familien der Opfer ab.

Was war nun in dem Taxi geschehen?

Ein junger Mann hatte am Dienstag das Taxi von S. angehalten. Es war kurz nach 18 Uhr. Michael E. will zur Ecke 2nd Avenue und 42. Straße. Von der 24. Straße aus ein Weg, der normalerweise nur fünf Minuten dauert. Doch es ist Rushhour in Manhatten.

"Alle Taxifahrer sollten vorsichtig sein"

Der 21-Jährige beginnt eine Unterhaltung. Fragt, woher S. komme und ob er Muslim sei. Der Taxifahrer erwidert, dass er aus Bangladesch stamme und ja, er sei Muslim. Der junge Fahrgast grüßt mit "Salam aleikum" - Friede sei mit Dir.

Doch S. beschleicht bald das Gefühl, dass dieser Fahrgast wenig friedlich ist. "Also habe ich aufgehört, mich mit ihm zu unterhalten", gibt der Taxifahrer zu Protokoll. E. wird wütend, schimpft, flucht - zieht schließlich ein Messer und sticht damit mehrmals auf S. ein.

Viele US-Medien berichten nun über die Tat im Zusammenhang mit dem Moschee-Streit. Auch das Opfer sieht eine Verbindung und warnt seine Kollegen: "Alle Taxifahrer sollten vorsichtig sein."

Berichte über die Biographie des mutmaßlichen Täters streuen nun Zweifel, dass die Tat eine Hassattacke gegen einen Muslim war. Der 21-Jährige, ein Filmstudent, hat sich offenbar in einer Gruppe engagiert, die Toleranz zwischen den Glaubensrichtungen fördern will. Und die New York Times berichtet, dass der junge Mann eine Dokumentation über amerikanische Soldaten in Afghanistan gedreht hat.

E. selbst hat zu seinen Motiven bislang geschwiegen. Sicher ist: Zur Tatzeit war er betrunken.

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