USA:99 Tage Trump: Zahlen lügen nicht

28 Gesetze, 19 Golfpartien und keine Auslandsreise: Wie US-Präsident Trump im Vergleich mit seinen Vorgängern abschneidet.

Von Beate Wild, New Orleans

Seit wann erhalten US-Präsidenten nach 100 Tagen ein Zwischenzeugnis? Die Tradition geht auf Franklin D. Roosevelt zurück, der 1933 ins Weiße Haus einzog. Er setzte in der "Großen Depression" viele Gesetze durch, um die Wirtschaftskrise zu bekämpfen. Dafür wollte er Anerkennung: Er hob in Radioansprachen seine Leistungen hervor und sprach den Bürgern Mut zu. Bis heute hat kaum ein US-Präsident mehr in dieser frühen Amtsphase erreicht als FDR.

Donald Trump nennt die 100-Tage-Marke in seinem Lieblingsmedium Twitter "lächerlich" und "willkürlich", doch seine stürmischen Aktivitäten - etwa die Präsentation des Steuerplans oder die Nafta-Neuverhandlung - zeigen, dass der Republikaner gut dastehen muss. Doch wie schneidet Trump im Vergleich mit seinen Vorgängern ab? Kurz vor dem Stichtag hilft ein Blick auf die Zahlen weiter.

Gesetze

Trump hat 28 Gesetze unterzeichnet, seit er am 20. Januar ins Weiße Haus einzog. Darunter etwa eine Regelung, die Internetprovidern erlaubt, Daten zum Surfverhalten ihrer Kunden an Dritte weiterzuverkaufen. Oder ein Gesetz, das Bundesstaaten berechtigt, keine Bundesmittel an Organisationen, die Abtreibungen anbieten, auszuzahlen. Roosevelt unterschrieb im gleichen Zeitraum 76. Trumps Vorgänger Obama setzte seine Unterschrift nur unter elf Gesetzesvorlagen, Reagan unter neun und George W. Bush nur unter sieben. Viele von Trumps Gesetzen waren Rücknahmen von Regeln aus der Spätphase der Obama-Regierung.

Dekrete

Bei den präsidialen Erlassen ("Executive Orders") war Trump äußerst fleißig, er unterschrieb insgesamt 30 Dekrete. Darunter waren zwei Versuche, Menschen aus sieben überwiegend muslimischen Ländern mit einem vorübergehenden Einreisestopp zu belegen. Ein anderer Erlass sollte sogenannten "Sanctuary Cities" (das sind US-Städte, die sich weigern, illegale Migranten aktiv aufzuspüren) Bundesmittel entziehen. Alle drei Dekrete stießen auf massiven Widerstand, lösten riesige Demonstrationen aus und wurden von Gerichten gestoppt. Im Wahlkampf hatte Trump stets eine strengere Einwanderungspolitik angekündigt - dass ausgerechnet diese Anordnungen gefloppt sind, ist ein herber Rückschlag für ihn. (Wie schwierig es ist, die jeweiligen Daten zu vergleichen, zeigt das Beispiel Franklin D. Roosevelt, der nach Zählung mancher Historiker sogar 99 Dekrete unterschrieb).

Beliebtheit bei den Wählern

Nichts erwähnt Trump lieber als seine Umfragewerte - zumindest, wenn sie gut sind. Schon während des Wahlkampfes referierte er bei jedem Auftritt, wie hoch die Zustimmung aus dem Volk gerade für ihn ist. Doch nach den ersten drei Monaten ist die Realität ernüchternd. Nur durchschnittlich 41 Prozent stimmen Trump und seiner Amtsführung zu. Bei Obama waren es zu diesem Zeitpunkt 63 Prozent, bei George W. Bush 58 Prozent, bei Clinton 55 Prozent und bei Reagan 60 Prozent.

Besuche auf dem Golfplatz

Als Obama noch im Weißen Haus saß, beschwerte sich Trump genau 26 Mal über dessen präsidiale Ausflüge auf den Golfplatz. Nach den ersten 99 Tagen zeigt sich eine gewisse, nun, Doppelmoral: Obama war in diesem Zeitraum kein einziges Mal beim Golfen, Trump dagegen bereits 19 Mal.

Außer Spesen nichts gewesen?

Kosten für den Steuerzahler

Die Reisen des Präsidenten nach Florida in sein Luxus-Ressort Mar-a-Lago und die Bewachung jedes einzelnen Mitglieds des Trump-Clans durch den Secret Service müssen vom Steuerzahler beglichen werden. Während die US-Bürger für die Obamas in acht Jahren knapp 97 Millionen Dollar aufbringen mussten, kostete die Familie Trump in den ersten 80 Tagen Schätzungen von CNN zufolge schon 21,6 Millionen Dollar.

Auslandsreisen

Zum guten Ton gehört es, dass ein neuer US-Präsident den wichtigsten Verbündeten einen Antrittsbesuch abstattet. George W. Bush besuchte in den ersten 100 Tagen die Nachbarländer Mexiko und Kanada. Obama reiste gar in neun Länder, darunter auch nach Deutschland. Bei den Auslandsreisen orientiert sich Trump offenbar an John F. Kennedy, der ebenfalls in der ersten Amtsphase die USA nie verließ.

Personalauswahl und Stellenbesetzung

Trump hat bislang nur vergleichsweise wenige Stellen im Regierungsapparat besetzt. Für insgesamt 556 Schlüsselpositionen, die vom Senat genehmigt werden müssen, hat er nur 35 Personen formell nominiert; nur 25 wurden vom Senat bestätigt. Es handelt sich dabei um hochrangige Jobs in den Ministerien, im Weißen Haus oder im diplomatischen Dienst sowie andere Führungspositionen.

Andere Präsidenten gingen hier zügiger vor. Obama schaffte es beispielsweise auf 118 Nominierte und 69 Bestätigte. Dass in der Ära Trump bislang nur so wenige Schlüsselpositionen neu besetzt sind, liegt daran, dass seine Berater jede einzelne Stellenbesetzung absegnen wollen. In dem zuständigen Komitee sitzen laut Washington Post etwa Stephen Bannon, Reince Priebus oder Jared Kushner - und da sich diese zerstrittene Runde nicht immer einigen kann, kommt es zu der für viele Beteiligten frustrierenden Verzögerung.

1364 weitere Tage mit Präsident Trump

Ob Trump will oder nicht, er wird sich anhören müssen, wie Journalisten, Experten, Verbündete und die Opposition das bewerten, was er in den ersten 100 Tage erreicht und angestoßen hat - wie jeder andere US-Präsident vor ihm auch. Stichtag ist der morgige Samstag. Doch auch wenn Präsidenten wie Reagan oder Obama in ihren ersten Wochen viel erledigten, wird das Vermächtnis eines Staatschefs erst am Ende seiner Amtszeit oder sogar erst viel später bewertet. Dann urteilen nicht nur Historiker: Die Folgen vieler Entscheidungen und Versäumnisse werden erst dann deutlich.

Trump hat noch mindestens 1364 Tage im Weißen Haus, um an seinem Erbe zu arbeiten - es sei denn, er würde des Amtes enthoben werden oder träte freiwillig vorzeitig zurück.

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