US-Wahlkampf:Trumps nächster Gegner

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US-Wahlkampf, Trumps nächster Gegner (Video: Süddeutsche Zeitung/wochit)

Weil ein Kind zu laut schreit, verbannt der Republikaner es aus seiner Wahlkampfveranstaltung. Klingt irre, folgt aber der Donald-Logik.

Glosse von Michael König

Frauen, Muslime, Mexikaner, zuletzt Veteranen. Donald Trump arbeitet eine Liste mit Bevölkerungsgruppen ab, die er beleidigt haben will, bevor er womöglich ins Weiße Haus einzieht. Kommentatoren fragen seit langem, ob der Republikaner "noch tiefer sinken" könne; zuletzt sahen sie den Tiefpunkt erreicht, als Trump die Eltern eines gefallenen US-Soldaten angriff.

Sie irren: Der US-Wahlkampf ist der Marianengraben und Trump sitzt im U-Boot. Seine raubauzige Art hat ihm bislang kaum geschadet, im Gegenteil. Und so knüpfte sich der Immobilienmogul am Dienstag in Virginia die nächste Gruppe vor: Er warf ein Baby aus einer seiner Wahlkampfveranstaltungen, weil es zu laut geschrien hatte. Ein Baby? Ja, ein Baby.

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Für Paul Ryan und John McCain stehen bald Vorwahlen an. Doch der Präsidentschaftskandidat will die Republikaner noch nicht unterstützen. Es wirkt wie eine Racheaktion.

Für gewöhnlich sind es Journalisten, Verfechter von Menschenrechten und andere aufmüpfige Menschen, die Trump aus der Halle werfen lässt. Unschuldige Babys sind dagegen im Wahlkampf zu herzen und zu liebkosen, das weiß jeder Politiker - Trump vermutlich auch. Weshalb er die Eltern des schreienden Kindes zunächst beschwichtigend ansprach: "Machen Sie sich keine Sorgen wegen des Babys. Ich liebe Babys. Was für ein wunderschönes Baby! Es ist jung und schön und gesund und so wollen wir es."

Wenig später erinnerte sich Trump daran, dass er kein Politiker ist, sondern Tiefenforscher, und korrigierte sich selbst: "Um ehrlich zu sein, das war nur Spaß. Schaffen Sie das Baby hier raus. Ich glaube, sie (die Mutter) hat mir tatsächlich geglaubt, dass ich es liebe, wenn ein Baby schreit, wenn ich rede."

Auch seine unglaubliche Flexibilität hat ja bislang eher zu Trumps Erfolg beigetragen, außerdem gilt die Regel: Niemand darf lauter schreien, als es "The Donald" selber tut. Die Demokraten bespötteln ihn dafür, er sei selbst ein großes Kind, man gebe ihm einen Schnuller, haha, hoho, aber sie verkennen, dass es da draußen in den swing states ganz sicher Wähler gibt, die sich von Kindern immer schon gestört gefühlt haben. Jetzt haben sie ihren Fürsprecher gefunden.

Geht das Geschrei nicht selbst den Eltern manchmal auf die Nerven? Gibt es nicht inzwischen kinderfreie Biergärten und Hotels? Ja, doch, gibt es. Trump hat einen Riecher, er ist selbst Hotelier, er hat da ein Gewinnerthema gefunden. Die Konkurrenz wird sich noch umschauen.

Wie sagte Trump einst über die Politiker in Washington? Das seien "Babys, alles Babys".

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