Süddeutsche Zeitung

US-Wahlkampf:Romney vollzieht Kehrtwende im Streit um Gesundheitsreform

Sinneswandel des "Flip Floppers" Mitt Romney: Im Wahlkampf hatte der republikanische Präsidentschaftswanwärter noch angekündigt, die Gesundheitsreformen von US-Präsident Barack Obama im Falle seines Sieges rückgängig machen zu wollen. An einigen Elementen findet er jetzt aber doch Gefallen.

Versicherungen sollen Kunden mit Vorerkrankungen nicht mehr ablehnen und junge Menschen bis zum Alter von 26 Jahren dürfen über ihre Eltern versichert bleiben - das sind zwei Eckpfeiler der von US-Präsident Barack Obama angeschobenen Gesundheitsreform. Mit denen kann sich nun überraschend auch sein republikanischer Herausforderer Mitt Romney anfreunden: Mindestens zwei Kernpunkte des von der Obama-Regierung vorgesehenen Umbaus des US-Gesundheitswesens will er offenbar beibehalten.

In der NBC-Nachrichtensendung "Meet the Press" sagte Romney zwar, er werde die "Obamacare" durch seinen eigenen Plan ersetzen, fügte aber hinzu: "Und selbst in Massachusetts, als ich Gouverneur war, befasste sich unser Plan dort mit Vorerkrankungen und jungen Menschen." Er werde sicherstellen, dass diejenigen mit Vorerkrankungen Versicherungsschutz bekämen.

Zwar hatte Romney als Gouverneur von Massachusetts in der Tat eine Gesundheitsreform durchgesetzt, die der der Obama-Regierung in vielen Punkten ähnelt. Während des Wahlkampfs hatte Romney aber wiederholt erklärt, die "Obamacare" komplett rückgängig zu machen, sollte er ins Weiße Haus einziehen.

Die Republikaner lehnen vor allem die Versicherungspflicht in Obamas Gesundheitsreform ab. Durch die obligatorische Mitgliedschaft junger, gesunder Beitragszahler in den Kassen sollen nach den Regierungsplänen die Kosten gedrückt werden. Romney erklärte zuletzt, die Versicherungspflicht müsse zurückgenommen werden. Kürzlich waren die Republikaner mit einer Verfassungsklage gegen den Passus gescheitert.

Obama spielt im Streit um die Gesundheitsreform nun auch eine neue Studie des Harvard-Professors David Cutlers in die Hände. Demnach müssten Rentner nach den Plänen der Republikaner künftig tiefer in die Tasche greifen. Der Studie zufolge muss ein Durchschnittsverdiener, der 2023 in Rente geht, in seinem Ruhestand fast 60.000 Dollar (47.000 Euro) mehr für seine Gesundheitsversorgung ausgeben, sollten Romneys Vorstellungen zu Medicare, der Krankenversicherung für Senioren, umgesetzt werden. Bei einem Renteneintritt im Jahr 2030 seien es sogar 124.600 Dollar.

Romney und sein Vizepräsidentschaftskandidat Paul Ryan wollen das mit Gutscheinen abmildern. Obama wies den Vorschlag zurück. "Ich glaube, dass kein Amerikaner in seinen goldenen Jahren der Gnade von Versicherungsgesellschaften ausgeliefert sein darf", sagte er am Sonntag in Melbourne in Florida. Vizepräsident Joe Biden nannte den republikanischen Plan im US-Staat Ohio "Vouchercare".

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