Süddeutsche Zeitung

US-Wahlkampf:Obama gibt Bill Clinton Schuld an Finanzkrise

Bei seiner Rede in der Börsen- und Bankenstadt New York stellt Obama seine Strategie gegen die Wirtschaftskrise vor - und gibt der liberalen Politik Bill Clintons die Schuld an seiner Entstehung.

Kata Kottra

Während die amerikanische Wirtschaft einer Rezension entgegensteuert und die Finanzkrise viele Bürger ihrer Eigentumshäuser beraubt, versuchen auch die amerikanischen Präsidentschafts-Kandidaten mit Wirtschaftsthemen zu punkten.

So auch der demokratische Kandidat Barack Obama, der bei seiner Rede in der Börsen- und Bankenstadt New York City am Donnerstag die aktuelle US-Wirtschaftskrise in den Mittelpunkt stellte.

Dabei warf er sowohl der Bush- als auch der Clinton-Regierung Versagen vor: "Sowohl die republikanische als auch die demokratische Regierung haben nichts gegen Geschäftspraktiken unternommen, die allzuoft finanzielle Manipulationen belohnten anstelle von Produktivität und korrektem Geschäftsgebahren", wetterte Obama.

Das Ergebnis sei "ein verzerrter Markt, der anstelle eines stabilen Wachstums zur Entstehung von Blasen führe"; dieser würde die Börse gegenüber kleinen Geschäften bevorteilen, aber im Endeffekt "beiden schaden", so Obama.

Aber auch an der Regierungszeit Bill Clintons zwischen 1992 und 2000 übte Obama scharfe Kritik. Die Deregulierungen der 90er Jahre wären oft auf Druck von Lobbyisten zustande gekommen und hätten zu Unternehmens-Skandalen um Firmen wie Enron und Worldcom geführt.

Die Liberalisierung der Finanzmärkte sei unter Clinton "von einer legalen, aber korrupten Abmachung unterstützt worden, bei der Wahlkampf-Gelder viel zu oft die Politik geprägt und die staatliche Aufsicht verwässert" hätten. Das hätte zu "verheerenden Verwerfungen" der amerikanischen Wirtschaft geführt.

Ohne den Namen Clinton in seiner New Yorker Rede auch nur ein einziges Mal zu erwähnen, verdammte Obama damit die Wirtschaftspolitik des ehemaligen Amtsinhabers Clinton. Dabei hatte vor 15 Jahren auch Clinton im Wahlkampf gegen George Bush senior auf seine Wirtschaftskompetenz gesetzt und die Wahlen von 1993 mit dem Slogan "It's the economy, stupid!" gewonnen.

Viele Amerikaner haben Bill Clintons Amtszeit als eine Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs in Erinnerung. Von diesem Glanz versucht auch die ehemalige First Lady Hillary Clinton zu profitieren und sich als ökonomisch gewandter und besser vorbereitet als Obama zu präsentieren.

Doch der Senator aus Illinois wirft auch seiner Konkurrentin eine allzu große Nähe zu Vertretern von Einzelinteressen vor. "Die Zukunft darf nicht den Lobbyisten mit den besten Beziehungen und mit den größten Beiträgen zur Wahlkampf-Finanzierung gehören", wütete Obama.

Sich selber präsentierte er als Kämpfer für moralische Integrität: Er habe im Senat für die "weitestgehenden Ethikreformen seit Watergate" gekämpft und keine Wahlkampf-Beiträge von Washingtoner Lobbyisten angenommen.

Als Folge der Kreditkrise seien "zwei Millionen amerikanischer Haushalte von der Zwangsvollstreckung bedroht", so Obama. Zur Bekämpfung der Krise schlug er weitere staatliche Hilfen wie die Einrichtung eines 10-Milliarden-Fonds vor, der die Opfer betrügerischer Kreditgeschäfte vor der Pleite bewahren soll.

Um ähnliche Krisen und Skandale in Zukunft zu verhindern, setzt sich Barack Obama für eine strengere staatliche Kontrolle der Finanzmärkte und weltweit einheitliche Richtlinien ein.

Seine innerparteiliche Konkurrentin Hillary Clinton hat bereits am Montag in Philadelphia ihr Programm zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise vorgestellt.

Clinton setzt ähnlich wie Obama auf direkte Hilfen für in Not geratene Hausbesitzer, ihre Pläne für eine bessere Kontrolle der Finanzmärkte sind jedoch weniger weitgehend. Deshalb urteilen amerikanische Wirtschaftsexperten, dass sich Obama mit seiner New Yorker Rede vor allem in der Wirtschaftspolitik von Hillary Clinton absetzen und seine Integrität gegenüber den Washingtoner Verflechtungen des Clinton-Clans betonen wollte.

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