Rubio, der dem Ausschuss für Außenpolitik im US-Senat angehört, inszeniert sich gern als Falke. "Wir sind im Krieg mit dem IS, und wenn ich Präsident bin, werden wir diesen Krieg gewinnen", sagt er. "Der beste Geheimdienst der Welt wird die Terroristen finden, das mächtigste Militär wird sie zerstören, und wenn wir einen von ihnen lebendig fangen, dann kriegt er eine Fahrkarte nach Guantanamo in Kuba, wo wir alles herauskriegen, was er weiß." Wenn dies wie ein Rückfall in die Zeiten von Präsident George W. Bush klingt, einschließlich Folterdrohung, dann ist es so beabsichtigt.
In TV-Debatten gehört Rubio nicht selten zu den Besten. Er wirkt immer kundig, konzentriert und angriffslustig. Seinen einstigen Mentor Jeb Bush hat er in diesem Forum bereits zurechtgestutzt, in dieser Woche gab er sich als der seriöse junge Mann, der über dem allgemeinen Gezänk steht. Einmal stritten sich Trump und Cruz darüber, ob Cruz, der in Kanada geboren wurde, Präsident sein kann. Irgendwann schritt Rubio ein. "Ich unterbreche nur ungern diese Folge Gerichtsfernsehen", sagte er und verlangte, wieder über die Lage der USA zu reden. Die Szene bildet seinen möglichen Weg zum Sieg ab: Trump und Cruz beschädigen sich gegenseitig, am Ende bleibt der nette Mister Rubio.
Seine Gegner freilich verspotten ihn als höflich und adrett, aber unerfahren. Man dürfe die Aufgaben eines Mannes nicht einem Jungen überlassen, twitterte Trump einmal. Und Rubios schneller Aufstieg weckt manchmal Argwohn: "Interessiert sich dieser Kerl eigentlich nur für den nächsten Karriereschritt?", fragen die Skeptiker - er wäre nach Obama der nächste Jungsenator ohne Regierungserfahrung im Weißen Haus. Aber Rubios politisches Talent ist offenkundig; seine Fans sagen, dass er von allen Republikanern der "wählbarste" sei, jener, der am ehesten Hillary Clinton schlagen könne. Als er noch dem Parlament von Florida angehörte, sagte der Demokrat Dan Gelber: "Wenn Rubio spricht, dann schwärmen junge Frauen, alte Frauen fallen in Ohnmacht, und die Toiletten spülen sich von selbst."
Seine Agenda klingt weder jung noch fortschrittlich
Seine Befürworter hoffen, dass er in diesem extrem polarisierenden Wahlkampf als derjenige gewinnt, der Brücken bauen kann. Zunächst in der Vorwahl: Rubio stammt aus den Reihen der rechtspopulistischen Tea Party, die ihn einst in den US-Senat beförderte; er kommt aber immer besser mit den etablierten Parteichefs zurecht. Sollte er beide Lager versöhnen, könnte er die Nominierung gewinnen. Anschließend müsste er in der Hauptwahl wohl gegen Clinton antreten und eine neue, landesweite Koalition hinter sich scharen. Das ist gar nicht so einfach: Rubio mag jung sein, aber seine Agenda klingt weder jung noch fortschrittlich: Klimaschutz ist ihm unwichtig, die Homo-Ehe lehnt er ab, Obamas Krankenversicherung würde er abschaffen, den Mindestlohn nicht erhöhen, die Annäherung an Iran und Kuba würde er sofort umkehren.
Um zu gewinnen, müsste er die republikanischen Wähler stark mobilisieren, aber auch Wechselwähler und Demokraten für sich einnehmen. Das kann im Prinzip nur beim Thema Außenpolitik gelingen, wo selbst Demokraten von Obama und Clinton enttäuscht sind. Damit die Rechnung aufgeht, muss der Terror des IS weiterhin den Wahlkampf beherrschen, und die Wähler müssen es dem netten jungen Mann aus Florida abnehmen, dass er als Oberbefehlshaber mehr könnte als nur gut reden. Unerwartet viele republikanische Parteimitglieder haben das nun getan - zumindest in Iowa.