US-Wahlkampf:An Hillary Clinton klebt der E-Mail-Makel

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Das FBI hat angekündigt, weitere E-Mails im Zusammenhang mit dem privaten Server Hillary Clintons zu untersuchen. (Foto: AP)

Die Demokraten sind sauer, dass das FBI erneut ermittelt, wer welche E-Mails an Hillary Clinton schrieb. Dabei hat Clinton einst die Fehler begangen, die nun ihre Kandidatur belasten - und wohl auch ihre Präsidentschaft.

Kommentar von Matthias Kolb, Washington

John Podesta ist wütend. Der Wahlkampfmanager von Hillary Clinton findet in seinem Statement klare Worte zur Ankündigung von FBI-Chef James Comey, neue Ermittlungen rund um Clintons private E-Mail-Server einzuleiten: "Es ist außergewöhnlich, dass wir so etwas elf Tage vor einer Präsidentschaftswahl erleben." Da schwingt der Vorwurf mit, Comey (ein Republikaner!) wolle die Abstimmung am 8. November beeinflussen.

Denn schließlich geht es offenbar nicht um E-Mails, die Clinton schrieb, sondern um einen Computer, den Clintons engste Vertraute Huma Abedin mit ihrem Ex-Mann Anthony Weiner nutzte - gegen ihn ermittelt das FBI, weil er mit minderjährigen Mädchen anzügliche Fotos und Nachrichten austauschte. Kurz vor der Wahl kommt jede Ablenkung ungelegen (obwohl die 69-Jährige in Umfragen führt) und nichts macht die Demokratin so verwundbar wie die E-Mail-Affäre: Sie ist einer der Hauptgründe, dass knapp 60 Prozent der Amerikaner Clinton für "unehrlich" und "nicht vertrauenswürdig" halten.

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Es gehört zum politischen Geschäft, dass das Clinton-Lager versucht, der Nachricht einen für sie passenden spin zu geben. Doch niemand sollte sich täuschen: FBI-Chef Comey hatte keine Wahl, als die Öffentlichkeit sowie die zuständigen Ausschüsse im US-Kongress zu informieren. Er hatte vor Senat und Repräsentantenhaus unter Eid ausgesagt, dass die Ermittlungen eingestellt worden seien und muss bei neuen Entwicklungen die Volksvertreter informieren.

Clinton hat einen Fehler gemacht und versucht, diesen zu verheimlichen

Und noch etwas lässt sich auch mit den besten PR-Beratern nicht umdeuten: Es war Hillary Clinton selbst, die sich dafür entschied, zwischen 2009 und 2013 einen privaten E-Mail-Account samt mehrerer Server zu nutzen. Dass dies den Regeln des State Department widersprach, nahm Clinton in Kauf beziehungsweise unterließ es, genauer nachzufragen. Auch die Entscheidung, mehr als 30 000 dieser E-Mails zu löschen ( ihre Erklärung: Es ging nur um private Dinge wie Yoga-Stunden), traf die heute 69-Jährige im engsten Kreis.

In den E-Mails des gehackten Accounts von Wahlkampfmanager John Podesta, die Wikileaks seit Anfang Oktober publiziert, lässt sich das Entsetzen ihres eigenen Teams nachlesen, als es Clintons Verhalten diskutiert. Denn - aus politstrategischer Sicht - folgten auf den Hauptfehler (Nutzen von privaten E-Mail-Servern) weitere Fehler: Clinton hätte die Öffentlichkeit viel früher informieren müssen, um unbelasteter in den Wahlkampf gehen zu können. Bereits im März 2015 deckte die New York Times Clintons Umgang mit den E-Mails auf - die Ex-Außenministerin brauchte ein halbes Jahr, um das Wort "Sorry" über die Lippen zu bringen.

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Es sei "verrückt", schrieb die Clinton-Vertraute Neera Tanden bereits im März 2015 an Podesta, dass das Thema nicht schon 18 Monate vorher klarer kommuniziert und so aus der Welt geschafft wurde. Tanden meint den Grund zu kennen: "Sie dachten, sie kommen damit durch." Tanden und Podesta machen Clintons "politischen Instinkt" für ihre Geheimniskrämerei verantwortlich - und nennen diesen Instinkt "grauenhaft".

Hillary Clinton pflegt ein tief sitzendes Misstrauen gegenüber den Medien. Ihre Bunkermentalität hat dazu geführt, dass ihre zweite Kandidatur immer wieder von Debatten über ihre E-Mail-Praktiken und den Umgang mit geheimen Informationen überschattet wurde. Selbst der ermittelnde FBI-Chef Comey bescheinigte Clinton, im Umgang mit den E-Mails "extrem sorglos" gehandelt zu haben. Die "Sperrt sie ein"-Ruf der Trump-Fans sind zwar fies, aber die Vorwürfe nicht aus der Luft gegriffen. Ihr Argument, sie habe "aus Bequemlichkeit" gehandelt und sich darauf verlassen, dass ihr Mitarbeiter ihr kein "top secret"-Material schicken, klingt weder überzeugend noch nach verantwortungsvollem Handeln.

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Für Donald Trump, den konservativen Präsidentschaftskandidaten, und alle anderen Republikaner ist die FBI-Ankündigung vom Freitag ein kleines Geschenk. Sie können erneut Zweifel an Clintons Glaubwürdigkeit und Tauglichkeit fürs Amt anmelden und laut "Das FBI ermittelt wieder gegen sie" rufen - obwohl es nach jetzigem Stand um das Verhalten ihrer Vertrauten Huma Abedin geht. Ob diese neue Wendung im verrückten Wahlkampfjahr 2016 dafür sorgt, dass Trump noch aufholt, kann niemand wissen. Womöglich verstärkt sich auch hier nur der vorherrschende Eindruck, wonach die Clintons ( mehr zu Bills Geschäftsgebaren als elder statesman) der Meinung sind, dass gewisse Regeln für sie nicht gelten.

Etwas anderes scheint hingegen klar: Seit langem steht fest, dass Hillary Clinton - im Falle eines Wahlsiegs - ihr Amt als Präsidentin mit mickrigen Popularitätswerten beginnen dürfte und selbst aus Teilen der eigenen Wählerschaft ein erhebliches Misstrauen erfährt. Die Angst, dass Trump im Oval Office das Sagen hat, ist weiterhin für viele US-Bürger das bessere Argument für Hillary Clinton als Vertrauen in ihren Charakter.

Die unvermeidliche Aufregung der kommenden Tage wird ihr Image weiter festigen. Ein erheblicher Teil der Schuld trifft die Ex-Außenministerin selbst. Ihr Krisenmanagement ist nicht zeitgemäß.

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