Süddeutsche Zeitung

US-Wahlkampf:FBI wusste offenbar seit Wochen von weiteren Clinton-E-Mails

  • Die US-Bundespolizei wusste offenbar schon seit Wochen von den weiteren E-Mails aus dem Umfeld von Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton.
  • Die Washington Post und der Sender CNN berichten, dass FBI-Chef James Comey selbst erst am Donnerstag davon erfahren habe. Er war am Freitag mit der Information an die Öffentlichkeit gegangen.
  • Den Berichten zufolge haben die Ermittler inzwischen auch einen Durchsuchungsbefehl für die Nachrichten, die von Clintons Vertrauter Huma Abedin stammen sollen.

Die US-amerikanische Bundespolizei FBI wusste offenbar schon seit Anfang Oktober von weiteren möglicherweise verfänglichen E-Mails aus dem Umfeld von Hillary Clinton. Mit der Unterrichtung von FBI-Chef James Comey habe man jedoch bis vergangenen Donnerstag gewartet, berichtete die Washington Post. Comey hatte am Freitag Mitglieder des Kongresses über die neuen Ermittlungen informiert. Der Fernsehsender CNN meldete, die Strafverfolgungsbehörden hätten den Bericht inzwischen bestätigt.

Den Medienberichten zufolge liegt den Behörden inzwischen auch ein Durchsuchungsbefehl für die E-Mails vor, die von Clintons engster Vertrauter Huma Abedin stammen sollen. Sie befanden sich laut Ermittlern auf einem Computer, den Abedin und ihr früherer Ehemann Anthony Weiner nutzten. Abedin und Weiner hatten im August 2016 ihre Trennung bekannt gegeben.

Gegen Weiner laufen Ermittlungen, weil er einer Minderjährigen anzügliche Nachrichten und Fotos geschickt haben soll. Bei der Durchsuchung seines Computers in diesem Fall seien auch E-Mails seiner Frau Abedin aufgetaucht. Das Wall Street Journal berichtet in diesem Zusammenhang von Tausenden Nachrichten, die um Jahre zurückreichten. Die Metadaten der E-Mails ließen demnach darauf schließen, dass die sie entweder von Clintons privatem Server stammten, der ihre E-Mail-Affäre ausgelöst hatte, oder dorthin gesendet wurden. Die tatsächliche Auswertung des Materials werde aber Wochen dauern.

Harry Reid wirft Comey möglichen Gesetzesbruch vor

Dass die Informationen über vertrauliche Nachrichten rund um Präsidentschaftskandidatin Clinton knapp zwei Wochen vor der US-Wahl an die Öffentlichkeit kommen, rief bei führenden Demokraten Verärgerung hervor. Der Senator Harry Reid warf FBI-Chef Comey in einem Brief vor, möglicherweise das Gesetz gebrochen zu haben: "Ihr Handeln in den vergangenen Monaten hat eine verstörende Doppelmoral in der Behandlung heikler Informationen offenbart", heißt es darin. Reid bezog sich auf den "Hatch Act" - ein Gesetz, das dem FBI ausdrücklich die Beeinflussung von Wahlen verbietet.

Clintons Wahlkampforganisator John Podesta sagte auf CNN über Comey: "Er hätte wohl im ersten Schritt tatsächlich einen Blick auf sie [die E-Mails] werfen können, bevor er das mitten in einer Präsidentschaftskampagne macht, so kurz vor der Abstimmung." Clintons Vertraute Abedin hat sich bislang nicht zu den Ereignissen geäußert.

Die Affäre um Clintons sorglosen Umgang mit E-Mails in ihrer Zeit als US-Außenministerin überschattet seit 2015 ihre Wahlkampagne. Insbesondere der republikanische Kandidat Donald Trump macht die Ermittlungen um Nachrichten von einem Privatserver der Clintons und nun aus ihrem Umfeld immer wieder zum Thema und diffamiert Clinton als "betrügerisch" und "kriminell".

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