US-Wahlkampf:FBI gibt Clinton in E-Mail-Affäre Freispruch zweiter Klasse

Lesezeit: 3 Min.

Die Affäre um die privaten E-Mail-Server bleibt für Clinton ohne juristische Folgen. Politisch wird sie das Thema aber weiter verfolgen. (Foto: AP)

Das FBI hält eine Anklage wegen ihrer privaten E-Mail-Server für unnötig, aber bescheinigt der Demokratin "extrem fahrlässiges" Verhalten. Auch deshalb kann Trump politisch profitieren. Drei Folgen der FBI-Empfehlung.

Analyse von Matthias Kolb, Washington

Je nachdem, wo man in Amerikas polarisierter Gesellschaft steht, werden zwei unterschiedliche Aussagen von FBI-Direktor James Comey über die E-Mail-Affäre von Hillary Clinton hervorgehoben. Die Demokraten freuen sich über diesen Satz: "Eine Anklage ist in diesem Fall nicht angemessen." Alles halb so wild, das Thema war nur der letzte Teil jener jahrzehntelangen "right wing conspiracy", gegen die Hillary Clinton und ihr Ehemann Bill zu kämpfen haben.

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Die ehemalige Außenministerin habe in der E-Mail-Affäre jedoch "extrem fahrlässig" gehandelt, urteilt der FBI-Chef. Donald Trump hält die Entscheidung für unfair.

Von Matthias Kolb, Washington und Hakan Tanriverdi, New York

Die konservative Hälfte Amerikas wird vor allem diese Comey-Aussage über "Ministerin Clinton und ihre Kollegen" zitieren: "Es gibt Beweise dafür, dass sie extrem fahrlässig im Umgang mit heiklen und streng vertraulichen Informationen waren." ( Transkript hier) Kaum hatte Comey (übrigens ein Mitglied der Republikaner), sein Statement beendet, schimpften konservative TV-Moderatoren wie Mark Levin und Richard Grenell über die in ihren Augen "skandalöse" Empfehung:

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Da Justizministerin Loretta Lynch vergangene Woche erklärt hatte, der Empfehlung der Ermittler der Bundespolizei FBI folgen zu wollen, bleibt die Affäre um die privaten E-Mail-Server für Clinton ohne juristische Folgen. Politisch wird sie das Thema aber weiter verfolgen. Dies sind die drei Folgen der heutigen Entscheidung:

1) Hillary Clinton ist die Präsidentschaftskandidatur nicht zu nehmen

Ende Juli wird die 68-Jährige auf dem Parteitag der Demokraten in Philadelphia als erste Frau zur Kandidatin fürs Weiße Haus nominiert werden. Ihr Rivale Bernie Sanders versucht weiterhin, das Wahlprogramm zu beeinflussen und die Partei nach links zu rücken - doch der Senator aus Vermont war auch im Rennen geblieben, weil eine Anklage gegen Clinton theoretisch noch möglich war. Die heutige Entwicklung macht es wahrscheinlicher, dass sich der "demokratische Sozialist" bald zu einer offiziellen Wahlempfehlung für die Ex-Außenministerin durchringt.

2) Donald Trump wird diesen Freispruch politisch nutzen

Unter den Polit-Beratern des Milliardärs galt die E-Mail-Affäre seiner Gegnerin stets als "Win-Win-Situation". Einer Anklage wäre ein politisches Erdbeben gefolgt, wovon der Republikaner profitiert hätte. Der heutige Freispruch für Clinton, der stets als wahrscheinlich galt, gibt Trump aber die Möglichkeit, das politische System als "korrupt" anzuklagen und seine Rolle als Polit-Außenseiter und Anti-Establishment-Kandidat zu festigen.

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Unter überzeugten Republikanern ist Hillary Clinton seit langem eine Hassfigur und der Spruch "Hillary muss ins Gefängnis" und laute "Verräterin"-Rufe waren im Vorwahlkampf bei Events von allen Kandidaten zu hören. Insofern war klar, dass Trump bis zum Wahltag am 8. November über die E-Mail-Affäre reden würde - das Argument "Wir können den Clintons nicht Amerika überlassen" ist für ihn zentral, um skeptische Konservative zu überzeugen.

Die Worte "extrem fahrlässig" ( extremely careless) sind zudem ideal, um die Demokratin zu kritisieren oder deren Kompetenz anzuzweifeln - in Sachen Verschlüsselung wirkt sie wie eine Anfängerin. Dass dieser laut FBI "überaus unvorsichtige" Umgang es ausländischen Hackern ermöglicht haben könnte, Clintons E-Mails zu lesen, ist mehr als unangenehm.

3) Clintons Hauptproblem - fehlende Glaubwürdigkeit - bleibt bestehen

Dass das E-Mail-Thema wirklich nicht verschwinden wird, dafür hat ausgerechnet Bill Clinton durch seinen Besuch im Privatflugzeug von Justizministerin Loretta Lynch gesorgt. Als "politisches Geschenk" für Trump bezeichnet Dan Balz in der Washington Post die schwer verständliche Aktion. Weil Lynch die Aufsicht über das FBI führt, wundert es nicht, dass der politische Gegner dies ausschlachtet und fragt, ob der Altpräsident nicht doch Einfluss nehmen wollte.

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All dies verstärkt die größte Herausforderung für die Demokratin: Sie wird von einer Mehrheit als "unehrlich" und "nicht vertrauenswürdig" wahrgenommen. Die E-Mail-Affäre (ihre Adresse lautet übrigens: hdr22@clintonemail.com) illustriert, wieso auch parteiunabhängige und progressive US-Wähler (deren Helden eher Bernie Sanders oder Elizabeth Warren heißen) sich schwer für Hillary Clinton erwärmen können: Es dauerte Monate, bis sich die Ex-Außenministerin überhaupt zu einem "Sorry" durchringen konnte und auch ihr Argument "Es ging mir um Bequemlichkeit" passt nur bedingt zu ihrem Image der überkorrekten und stets bestens präparierten Expertin.

Um es klar zu sagen: Durch die heutige Empfehlung des FBI-Direktors ist die Wahrscheinlichkeit, dass Donald Trump ins Weiße Haus einziehen wird, keineswegs gestiegen. Aber es wäre mehr als falsch anzunehmen, dass sich Hillary Clintons Probleme plötzlich in Luft aufgelöst haben.

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