Süddeutsche Zeitung

US-Wahlkampf:Clintons Team wirft FBI-Direktor Doppelmoral vor

  • Clintons Wahlkampfmanager wirft FBI-Chef Comey Doppelmoral vor: Er hatte sich laut CNBC Anfang Oktober dagegen ausgesprochen, die Wähler über russische Hackerangriffe zu informieren.
  • Der Sprecher von Barack Obama erklärt unterdessen, der US-Präsident glaube nicht daran, dass Comey das Wahlergebnis beeinflussen wolle.
  • Neue Unterlagen, die der New York Times zugespielt wurden, zeigen, wie Republikaner-Kandidat Donald Trump beim Finanzamt trickste.

Von Matthias Kolb, Washington

Eine Woche vor der US-Präsidentschaftswahl versucht das Team von Hillary Clinton alles, um die Diskussion über die wieder aufgenommenen Ermittlungen zum privaten E-Mail-Account der Kandidatin zu beeinflussen. Wahlkampfmanager Robby Mook wirft FBI-Chef James Comey nun Doppelmoral vor: Der Sender CNBC hatte berichtet, dass Comey dagegen gewesen sein soll, kurz vor dem Wahltag Informationen über eine mutmaßliche russische Einmischung in den Urnengang publik zu machen.

Comey wurde damals überstimmt und am 7. Oktober beschuldigte die US-Regierung Moskau direkt, durch das Eindringen in Computersysteme die Präsidentschaftswahl beeinflussen zu wollen. Clinton-Berater Mook argumentiert nun, dass dies eindeutig belege, dass unterschiedliche Standards angelegt werden. Der FBI-Direktor solle "diese Widersprüchlichkeit sofort erklären und an Partner von Donald Trump den gleichen Maßstab anlegen wie er es bei Hillary Clinton getan hat", fordert Clintons Top-Stratege.

Er hält Comey vor, mit der Bekanntgabe zu den neuen E-Mails bewusst Richtlinien des US-Justizministeriums verletzt zu haben: In den letzten beiden Monaten vor der Wahl soll nichts getan werden, was als Beeinflussung gesehen werden könnte. Die Bundespolizei hat den CNBC-Bericht bisher nicht kommentiert.

Die Presseleute des Republikaners Trump verweisen hingegen auf eine Aussage von Josh Earnest, dem Sprecher des Weißen Hauses: Obama "glaubt nicht, dass Direktor Comey mit Absicht versucht, das Wahlergebnis zu beeinflussen. Der Präsident glaubt nicht, dass er (Comey, d. Red) einem Kandidaten oder einer Partei helfen will."

Während das FBI versichert, so schnell wie möglich die E-Mails vom Computer der Clinton-Vertrauten Huma Abedin und ihres Noch-Ehemanns Anthony Weiner prüfen zu wollen, wittert der Republikaner Trump seine Chance. Er trat am Montag in Michigan auf und wird am heutigen Dienstag in Wisconsin Reden halten: In beiden Staaten werden traditionell die Demokraten gewählt und hier hat Clinton einen klaren Vorsprung. Trumps riskantes Kalkül: Die neuen FBI-Ermittlungen könnten die Wähler dort zum Umdenken bringen.

NYT veröffentlicht neue Unterlagen zu Trumps Steuermoral

Unterdessen berichtet die New York Times über neue Details zu Donald Trumps Steuermoral. Dem gleichen Reporter-Team, das Anfang Oktober über die Steuererklärung von Donald Trump aus dem Jahr 1995 berichtet hatte (er wies damals einen Verlust von 915 Millionen Dollar aus und gab später zu, dass er jahrelang keine Einkommensteuer bezahlt hatte), wurden neue Dokumente zugespielt: Demnach legte Trump Anfang der Neunziger die Steuergesetze so sehr zu seinen Gunsten aus, dass ihn seine Anwälte warnten, die Steuerbehörde IRS werde dies wohl bei einer genauen Prüfung nicht akzeptieren.

Der Artikel (hier nachzulesen) ist wegen des Sachverhalts sehr kompliziert, doch mehrere Steuerexperten sind sich einig, dass Trump auf diese Art Hunderte Millionen Dollar an Steuerzahlungen vermieden haben könnte. "Er hat die Gesetze so zu seinen Gunsten ausgelegt, dass es kaum vorstellbar ist", sagt Steven Rosenthal vom unabhängigen Tax Policy Center.

Da sich der Republikaner weiterhin weigert, seine Steuererklärungen zu veröffentlichen und eine Interviewanfrage der Reporter ablehnt, lassen sich diese Details nicht direkt überprüfen. Es scheint sich allerdings um eine weitere Nuance zu handeln, welche die Meinung der meisten Wähler nicht ändern dürfte. Trump brüstet sich gern damit, jene Schlupflöcher zu nutzen - und wirft seiner Gegnerin Clinton vor, als Senatorin diese nicht abgeschafft zu haben.

CNN trennt sich von Expertin Donna Brazile

In Folge der #PodestaEmails genannten Wikileaks-Enthüllungen hat die bekannte TV-Expertin Donna Brazile ihren Job verloren. Sie soll dem Team von Hillary Clinton vor deren TV-Auftritten Fragen zugesteckt haben, die ihr vor der Kamera gestellt werden würden. CNN zeigte sich "sehr beunruhigt" und erklärte, man habe bereits vor zwei Wochen den Rücktritt von Brazile angenommen.

Diese hatte erst im Juli ihren Posten als Kommentatorin bei dem TV-Sender ruhen lassen, als sie zur Übergangschefin des Nationalkomitees der Demokraten (DNC) berufen wurde. Pikanterweise war Wikileaks ebenfalls für den Abgang ihrer Vorgängerin Debbie Wasserman Schultz verantwortlich: E-Mails belegten, dass sich das DNC gegenüber Clintons Kontrahenten Bernie Sanders nicht unparteiisch verhalten hatte (Details hier).

Die am Montag veröffentlichten E-Mails deuten nun ein zweites Mal an, dass Brazile dem Clinton-Lager zu helfen versuchte. Diese Vorgänge passen zum Vorwurf von Clintons Rivalen Trump, wonach die Medien alles täten, um der Demokratin zu helfen und es bei den US-Wahlen nicht mit rechten Dingen zugehe.

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