Donald Trump hat es tatsächlich geschafft. Er wird der Kandidat der Republikaner für das Amt des US-Präsidenten. Elf Millionen Menschen haben ihm bei den Vorwahlen ihre Stimme gegeben. Noch viel mehr werden es am 8. November 2016 tun, dem Tag der Präsidentschaftswahl.
Wer sind diese Menschen, die dafür gesorgt haben, dass der Immobilien-Mogul mit der gestörten Impulskontrolle, ein Rassist und Sexist, ein Kandidat ohne politische Erfahrung, jetzt die Chance hat, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika zu werden? Wer sind die Trump-Wähler?
Männlich, alt, arm, dumm, wütend. Und weiß. Das ist die Antwort, die seit Monaten überall geschrieben steht. Das ist vor allem für diejenigen, die dem Phänomen Trump mit Unverständnis und Ablehnung gegenüberstehen, ziemlich praktisch. Weil es den Vorurteilen entspricht, die viele von ihnen, gerade in Europa, gegenüber Trump-Unterstützern und weißen US-Amerikanern aus der Arbeiterklasse haben. Und es wäre eine gute Versicherung dagegen, dass Trump Präsident wird. Denn demografisch betrachtet gibt es gar nicht so viele weiße Männer, um Hillary Clinton nur mit deren Unterstützung schlagen zu können.
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Der Präsidentschaftskandidat der Republikaner steht fest: Es ist wirklich Donald Trump. Bleibt die Frage: Wer fordert den Milliardär heraus? Bernie Sanders oder Hillary Clinton?
Doch stimmen diese Zuschreibungen wirklich? Immer mehr Studien und Umfragen beschäftigen sich in den statistikversessenen USA mit Trump und seinen Wählern. Hier die zentralen Erkenntnisse.
Sind die Trump-Wähler männlich?
Trump hat ein gewaltiges Problem mit Frauen. Sie mögen ihn ganz überwiegend nicht. Laut einer aktuellen Umfrage haben 70 Prozent ein negatives Bild von Trump, nur 23 Prozent ein positives. So gut wie alle anderen Umfragen zeigen ein ähnliches Bild.
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Doch seine Anhänger sind nicht nur Männer. Eine CNN-Umfrage hat gerade ergeben, dass Republikaner, die zur Vorwahl gegangen sind, Trump nur in geringem Maße häufiger unterstützen als Republikanerinnen. (50 Prozent Männer gegenüber 44 Prozent Frauen). Einen ähnlichen Wert haben auch die Wahltagsbefragungen ergeben.
Sind sie weiß?
Kurz: ja. Mit überwältigender Mehrheit. Bei den republikanischen Vorwahlen geben kaum Schwarze ihre Stimme ab. Selbst in Mississippi, dem Bundesstaat mit dem höchsten Anteil Schwarzer an der Gesamtbevölkerung (37,3 Prozent) waren nur sechs Prozent derer, die gewählt haben, schwarz. Meist liegt der Wert bei zwei bis drei Prozent.
Sind sie alt?
Die Wähler aber auch die Mitglieder der Republikanischen Partei sind im Vergleich zu denen der Demokraten alt. Und sie werden immer älter. Das gilt auch für die Anhänger von Donald Trump. Und zwar in verstärktem Maß. Denn betrachten man nur die republikanischen Wähler, sprechen sich überdurchschnittlich viele über 45-Jährige für ihn aus.
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Die "Washington Post" veröffentlicht die Aufnahme, in der Trump als "John Miller" 1991 über sein Liebesleben spricht. Die Affäre ist lange bekannt - doch es gibt neue Fragen.
Sind sie ungebildet?
Nate Silver, der bekannteste Statistik-Experte der USA, hat Wahltagsbefragungen ausgewertet, also Umfragen, die in den Bundesstaaten zusätzlich zur Stimmabgabe bei den Vorwahlen durchgeführt werden. Das Ergebnis: 44 Prozent der Trump-Unterstützer haben einen College-Abschluss, also einen Bachelor. Den haben nur 29 Prozent aller Amerikaner und ein Drittel der Weißen.
Berücksichtigt werden muss allerdings, dass die Wähler der Republikaner natürlich keinen Querschnitt durch die amerikanische Gesellschaft bilden. Unter ihnen befinden sich weit weniger Angehörige von Minderheiten als unter den Wählern der Demokraten oder unter Nichtwählern. Gerade Minderheiten wie Hispanics oder Schwarze haben aber im US-Bildungssystem immer noch mit Nachteilen zu kämpfen.
Vergleicht man nur die Wähler der Republikaner miteinander, sieht es für die Trump-Wähler schon nicht mehr so gut aus. So haben 50 Prozent der Unterstützer des gerade aus dem Rennen ausgeschiedenen Trump-Konkurrenten Ted Cruz einen College-Abschluss. Und sogar 64 Prozent derer, die für John Kasich abgestimmt haben. Trump-Anhänger sind also überdurchschnittlich gebildet, vergleicht man sie mit allen US-Amerikanern und unterdurchschnittlich, nimmt man nur die Republikaner als Vergleichswert.
Interessant ist hier auch folgender Zusammenhang: Für jedes Prozent mehr an College-Absolventen innerhalb der Wähler über 25, fällt der Anteil an Stimmen für Donald Trump um 0,65 Prozent. Das bedeutet: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Amerikaner Trump wählt, steigt überproportional, je niedriger sein Bildungsabschluss ist.
Sind sie arm?
Auch zur finanziellen Situation der Trump-Anhänger hat Nate Silver interessante Zahlen zusammengetragen. Demnach verfügen sie über ein mittleres Jahreshaushaltseinkommen von etwa 72 000 Dollar. Das liegt deutlich über dem Wert, den ein Haushalt landesweit zur Verfügung hat, nämlich 56 000 Dollar. Die Anhänger der demokratischen Bewerber Hillary Clinton und Bernie Sanders liegen bei etwa 61 000 Dollar.
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Republikanische Wähler sind allerdings durchschnittlich deutlich wohlhabender als demokratische. Außerdem geben reiche Bürger bei Vorwahlen tendenziell häufiger ihre Stimme ab als ärmere. US-Bürger mit Einnahmen von weniger als 30 000 Dollar im Jahr - also Geringverdiener - wählen eher Clinton und Sanders als einen der republikanischen Bewerber.
Betrachtet man nur die Republikaner, wird deutlich, dass Trumps Wähler in dieser Gruppe eher unter den weniger Reichen zu finden sind. Die Anhänger von John Kasich verfügen hier mit rund 91 000 Dollar über das höchste mittlere Einkommen.
Sind sie wütend?
Die Trump-Anhänger, das zeigen die Daten, stehen besser da als der Durchschnitt der Amerikaner. Zum Beispiel beim Einkommen, der Bildung. Trotzdem fühlen sie sich unverstanden und übergangen.
So hat die Rand Corporation US-Wähler gefragt, ob sie folgendem Statement zustimmen: "Leute wie ich haben keinen Einfluss darauf, was die Regierung tut."
Das Ergebnis ist überwältigend eindeutig. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand, der diesem Statement zugestimmt hat, Trump bevorzugt, war 86,5 Prozent höher als bei den anderen Kandidaten, die abgefragt wurden.
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Das Gefühl von Machtlosigkeit ist demnach ein viel besserer Indikator dafür, ob jemand Trump-Anhänger ist oder nicht als Faktoren wie Alter, Rasse, Bildung, Einkommen oder auch die Einstellung gegenüber Muslimen und Migranten.
Und aus dem Gefühl der Machtlosigkeit entsteht Wut und Ablehnung.
So gibt es starke Hinweise in den Daten darauf, dass unter den Trump-Wählern Intoleranz und Rassismus signifikant weiter verbreitet sind, als unter den Wählern anderer Kandidaten. Laut einer Online-Umfrage, die die New York Times ausgewertet hat, ist sich demnach jeder fünfte Trump Anhänger nicht sicher, ob die Befreiung der Sklaven nicht doch ein Fehler war. ( Die Umfrage wird allerdings aufgrund methodischer Mängel kritisiert.)
Was bleibt also vom weißen, männlichen, alten, armen, dummen und wütenden Trump-Wähler?
Es gibt ihn. Aber es gibt noch viel mehr. Trump hat innerhalb der republikanischen Wählerschaft eine breite Unterstützung. Der typische Trump-Wähler ist eher Mittelklasse als Arbeiterklasse. Er verdient überdurchschnittlich, ist überdurchschnittlich gebildet. Und weiß. Kurz: Er gehört in den USA zur privilegierten Klasse. Es geht ihm im Vergleich zu Millionen anderen gut. Und trotzdem ist er wütend. Trotzdem hat er große Angst vor dem Absturz.
Der Pessimismus ist es, der die Trump-Anhänger verbindet. Kaum mehr einer glaubt an den amerikanischen Traum. Der späte Kapitalismus habe "einen gerechten revolutionären Zorn geschaffen", schreibt der Publizist Andrew Sullivan.
Die Zahlen zeigen: Es sind nicht die Verlierer, die Trump hinter sich versammelt, sondern die, die Angst haben, bald zu Verlierern zu werden. Und ihre Zahl ist potenziell unbegrenzt.