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US-Wahl:Was Sie zur US-Wahl wissen müssen

  • Renommierte Umfrage-Analysten halten einen Sieg Hillary Clintons für wahrscheinlich.
  • In umkämpften Schlüsselstaaten liegen die beiden Konkurrenten ums Weiße Haus allerdings eng beieinander, sodass der Ausgang der Wahl weiter offen ist.
  • Die Amerikaner wählen in sechs verschiedenen Zeitzonen. Erste Prognosen wird es kurz nach Mitternacht deutscher Zeit geben. Bereits am frühen Morgen könnte das Ergbnis feststehen.

Von Sebastian Jannasch und Alexander Triesch

Heute entscheiden die Amerikaner, wer als Nachfolger von Barack Obama ins Weiße Haus einziehen wird. Den Anfang machte traditionsgemäß das kleine Dorf Dixville Notch in New Hampshire, wo bereits kurz nach sechs Uhr deutscher Zeit das Wahllokal wieder schließen konnte: Von der Handvoll Bewohner stimmten vier für Hillary Clinton, zwei für Donald Trump, einer für den Drittkandidaten Gary Johnson - und ein weiterer kritzelte den Namen des früheren republikanischen Kandidaten Mitt Romney auf den Wahlzettel.

Wer zurzeit vorne liegt, wie die Wahl abläuft und wann das Ergebnis feststeht, zeigt der Überblick.

Wie steht es im Kampf um die Präsidentschaft?

Als Anfang Oktober Trumps frauenverachtende und sexistische Sprüche bekannt wurden, schien das Rennen zugunsten der Demokratin entschieden. Hillary Clintons Umfragewerte kletterten in die Höhe, Trump stürzte ab, Clintons Einzug ins Weiße Haus schien festzustehen. Doch Ende Oktober kündigte FBI-Chef James Comey neue Nachforschungen an, ob Clinton als Außenministerin Staatsgeheimnisse gefährdet haben könnte, indem sie dienstliche E-Mails über einen privaten Server verschickte - und gab damit Trumps Vorwürfen, Clinton sei betrügerisch und korrupt, neues Futter. In den vergangenen Tagen konnte Donald Trump auch deshalb wieder aufholen.

Zwar teilte das FBI nun am Wochenende mit, es hätten sich keine Hinweise auf kriminelles Verhalten von Clinton gefunden, dennoch bleibt die Anwärterin aufs Weiße Hause angeschlagen. In der Bevölkerung gibt es schon lange Zweifel, ob die ehemalige First Lady wirklich vertrauenswürdig ist.

Nachdem sich die beiden Kandidaten in den Umfragen angenähert haben und der Ausgang der Wahl wieder offen ist, tourten Clinton und Trump in den vergangenen Tagen quer durchs Land, um Unentschlossene auf ihre Seite zu ziehen und für ihre Programme (hier die Pläne von Clinton und Trump) zu werben.

Politische Beobachter halten trotz der jüngsten Einbrüche bei der Popularität einen Sieg Hillary Clintons für wahrscheinlich. Renommierte Umfrage-Analysten geben ihre Gewinnchancen mit 72 bis 84 Prozent an. Landesweit liegt Clinton derzeit in Umfragen gut drei Prozentpunkte vor ihrem republikanischen Konkurrenten. Entscheidend sind allerdings nicht nationale Beliebtheitswerte, sondern eine Mehrheit in den einzelnen Bundesstaaten.

Wie läuft die Wahl ab?

Um Präsident zu werden, kommt es nicht zwingend darauf an, die Mehrheit der Amerikaner hinter sich zu bringen, sondern mehr als die Hälfte der 538 Wahlmänner zu gewinnen. Die Stimmen werden nicht auf nationaler Ebene zusammengezählt. Stattdessen treten in jedem der 50 Bundesstaaten und dem District of Columbia Trump und Clinton gegeneinander an. Wer jeweils mehr Wähler gewinnt, bekommt alle Wahlmännerstimmen aus diesem Bundesstaat, selbst wenn der Kandidat nur mit 0,1 Prozentpunkten vorne liegt. Nur in den Staaten Maine und Nebraska gibt es Wahlmodelle, die Wahlmänner unterschiedlicher Parteien ermöglichen. Wie viele Wahlmänner ein Bundesstaat stellt, hängt von der Bevölkerungszahl ab.

In den rot gefärbten Staaten ist das Rennen eigentlich schon zugunsten von Trump gelaufen, in den blauen zugunsten von Clinton. Die blassroten und hellblauen Staaten wählen wahrscheinlich Trump respektive Clinton. Besonders umkämpft sind die "Swing States", Bundesstaaten, in denen in der Vergangenheit mal die Demokraten, mal die Republikaner gewonnen haben (gelb gekennzeichnet).

In dieser auch als "Schlachtfeld-Staaten" bezeichneten Gruppe von Bundesstaaten entscheidet sich, wer der neue US-Präsident wird. Im Endspurt konzentrierten sich die Kandidaten besonders auf Florida, Ohio und Pennsylvania, weil es hier um viele Wahlmännerstimmen geht. Außerdem standen Nevada, Michigan, New Hampshire und North Carolina im Zentrum der Last-Minute-Bemühungen, Wähler zu mobilisieren.

Die eigentliche Wahl des Präsidenten findet erst am 19. Dezember statt, wenn die Wahlmänner in den jeweiligen Hauptstädten der Bundesstaaten zusammentreten, um ihre Stimmen abzugeben. Am 6. Januar werden die Stimmen offiziell im Kongress gezählt, am 20. Januar 2017 findet die Amtseinführung von Präsidentin Clinton oder Präsident Trump statt.

In der Wahlkabine entscheiden die Amerikaner nicht nur, wer der Nachfolger von Barack Obama im Weißen Haus wird. Auch die Zusammensetzung des Parlaments wird neu bestimmt. Im Repräsentantenhaus stehen sämtliche 435 Abgeordneten zur Wahl. Im Senat werden 34 der 100 Senatorenposten neu vergeben. 24 der zur Wahl stehenden Sitze waren bisher mit Republikanern besetzt. Das Repräsentantenhaus und der Senat sind im politischen Gefüge der USA ähnlich mächtig wie der Präsident. Gesetze können nur in Kraft treten, wenn beide Kammern zustimmen.

Während die Konservativen die Mehrheit im Repräsentantenhaus voraussichtlich verteidigen können, ist die republikanische Dominanz im Senat gefährdet. Gelingt es den Demokraten, den Republikanern fünf Sitze abzunehmen und ihre zehn zur Wahl stehenden eigenen Sitze zu behalten, hätten sie (mit Hilfe der beiden formell unabhängigen Senatoren) fortan eine Mehrheit. Gewinnt Hillary Clinton, genügten sogar vier Posten, weil dann der demokratische Vizepräsident die entscheidende Stimme hätte.

Eine Vorherrrschaft im Senat ist besonders wichtig, weil die Kammer bei internationalen Verträgen zustimmen muss und bei der Besetzung hoher Staatsämter mitbestimmt. Mit einer Mehrheit könnten die Demokraten zusammen mit einer Präsidentin Clinton beispielsweise frei werdende Richterposten im Supreme Court, dem Obersten Gerichtshof der USA, besetzen.

Neben Präsidenten- und Parlamentswahl finden in einigen Bundesstaaten parallel Governeurswahlen und Volksabstimmungen statt. Die Kalifornier stimmen zum Beispiel über die Legalisierung von Marihuana und eine Kondompflicht für Pornodarsteller ab.

Wann stehen die Ergebnisse fest?

Die Amerikaner wählen in sechs verschiedenen Zeitzonen, deshalb schließen die Wahllokale in den östlichen Bundesstaaten viele Stunden früher als an der Westküste. Die Bürger von Hawaii und Alaska sind die Schlusslichter in der langen Reihe der Staaten.

An der Ostküste und im Mittleren Westen endet die Wahl zwischen 0 Uhr und 4 Uhr deutscher Zeit. Mit ersten Prognosen ist ab Mitternacht zu rechnen. Um 1 Uhr schließen die Wahllokale in Florida, um 3 Uhr in New York, um 5 Uhr folgt die Westküste mit Kalifornien und Oregon, eine Stunde später werden in Alaska die Wahlurnen verschlossen.

Nachdem die Wahllokale geschlossen sind, aktualisieren die amerikanischen Medien permanent, welcher Staat den Demokraten, welcher den Republikanern zugerechnet werden kann. Sobald das feststeht, "callen" die TV-Sender und Nachrichtenagenturen einen Staat, sie rufen also den Sieger aus. Doch bei den Swing States wie Florida und Ohio heißt es meist recht lange "Too close to call", weil noch nicht absehbar ist, welcher Kandidat am Ende die Oberhand hat. Im Jahr 2012 verkündeten die Medien jedoch bereits um 5:15 Uhr den Sieg von Barack Obama. Auch in diesem Jahr könnte bereits gegen 6 Uhr am Mittwoch der neue Präsident feststehen.

Viele Amerikaner haben übrigens längst gewählt. In 37 der 50 Bundesstaaten und der Hauptstadt Washington ist es möglich, per "Early Voting" oder Briefwahl seine Stimme frühzeitig abzugeben. Schätzungen zufolge haben 41 Millionen Amerikaner diese Möglichkeit genutzt.

Wie bleibe ich auf dem Laufenden?

Wer die Geschehnisse verfolgen will, muss lange wach bleiben - oder früh aufstehen. Das Team von SZ.de und unsere US-Korrespondenten werden Sie von der Eröffnung der Wahllokale bis zur Bekanntgabe der Ergebnisse begleiten. Rund um die Uhr informieren wir Sie mit Livetickern, Reportagen, Analysen und Grafiken über die neuesten Entwicklungen.

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