US-Wahl:Was den FBI-Chef zu seiner Entscheidung trieb

James Comey

FBI-Chef James Comey sieht sich einem Sturm der Entrüstung aus den Reihen der Demokraten gegenüber. Er ignorierte sogar den Willen seiner Vorgesetzten, Justizministerin Loretta Lynch.

(Foto: AP)

James Comey schlägt nach der Wiederaufnahme der E-Mail-Ermittlungen gegen Clinton wütender Protest entgegen. Aber greift der FBI-Chef wirklich politisch motiviert in den Endspurt des US-Wahlkampfs ein?

Von Hubert Wetzel

James Comey hatte, wie ein US-Kommentator treffend schrieb, die Wahl zwischen "einem Hautausschlag und einem Ekzem". Seine Mitarbeiter hatten dem Chef der amerikanischen Bundespolizei FBI am vorigen Donnerstag mitgeteilt, dass auf einem Computer des ehemaligen Kongressabgeordneten Anthony Weiner E-Mails entdeckt worden waren, die für die eigentlich beendeten Ermittlungen rund um den privaten E-Mail-Server der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton bedeutend sein könnten.

Was sollte Comey also tun? Den Fund geheim halten und sich so der Kritik aussetzen, er habe etwas unter den Teppich kehren wollen? Oder an die Öffentlichkeit gehen, auch auf die Gefahr hin, in den laufenden Präsidentschaftswahlkampf einzugreifen? Comey entschied sich für den zweiten Weg, er meldete die Entdeckung am Freitag schriftlich an den Kongress.

Die Washington Post berichtete am Sonntag, FBI-Mitarbeiter hätten seit Wochen Bescheid gewusst. Warum sie Comey nicht früher informierten, blieb zunächst unklar. Seitdem steckt der FBI-Chef in einer wütenden Auseinandersetzung. Clinton und ranghohe Demokraten werfen dem 55-jährigen Juristen vor, auf womöglich wahlentscheidende Art und Weise eine unklare Information veröffentlicht zu haben. Das Justizministerium unter Loretta Lynch, der Comey unterstellt ist, ließ wissen, dass es dagegen gewesen sei, den Kongress und die Öffentlichkeit wenige Tage vor der Wahl über laufende Ermittlungen zu informieren, die einen der Kandidaten betreffen. Comey habe diese Entscheidung alleine zu verantworten - klarer kann man einen Untergebenen nicht hängen lassen.

Offiziell unabhängig

Auf der anderen Seite stehen die Republikaner und deren Kandidat Donald Trump. Sie loben Comey dafür, dass er angeblich den Mut gehabt habe, trotz politischen Drucks gegen Clinton vorzugehen. Das klang vor einigen Monaten noch ganz anders: Im Sommer hatten die Republikaner Gift und Galle gespuckt, als Comey in einer Pressekonferenz bekannt gab, Clinton sei zwar "äußerst nachlässig" mit Staatsgeheimnissen umgegangen, als sie ihre Mails als Außenministerin über einen privaten Server abgewickelt habe. Sie habe aber keine Straftaten begangen, die eine Anklage rechtfertigten, so Comey damals. In Comeys Biografie gibt es nichts, was ihn als einen politischen Opportunisten erscheinen ließe.

Politisch steht er eher den Republikanern nahe, Präsident George W. Bush machte ihn zunächst zum Bundesstaatsanwalt in New York, später dann zum Vizejustizminister. Als dieser widersetzte sich Comey zum Beispiel der Überwachung aller Inlandstelefonate in den USA durch den Geheimdienst NSA.

Nach Bushs Amtsende im Jahr 2005 arbeitete Comey für den Rüstungskonzern Lockheed Martin und verschiedene Investmentfirmen. Präsident Barack Obama nominierte Comey dann 2013 für das Amt des FBI-Chefs. Auch damals war Comey noch als Republikaner registriert, erst in diesem Jahr änderte er seine Parteizugehörigkeit in "unabhängig".

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