US-Wahl:Warum Romneys Chancen schwinden

Im Wahlkampf-Endspurt konzentrieren sich Präsident Obama und Herausforderer Romney auf die "Swing States". Doch ist die Wahl in diesen "unentschiedenen" Staaten wirklich noch offen? Ein Überblick über die aktuellsten Umfragen - und was das für die Wahlchancen von Obama und Romney bedeutet.

Julia Halbig

Bei dieser Präsidentschaftswahl gibt es 512 Wege ins Weiße Haus - das hat die New York Times ermittelt. Vielleicht sind es auch nur noch 128 Wege. Das kommt ganz darauf an, welche Bundesstaaten zu den sogenannten "Swing States" gezählt werden.

Auf diese Bundesstaaten konzentriert sich der Wahlkampf der Demokraten und Republikaner, hier entscheidet sich, wer der nächste Präsident der Vereinigten Staaten wird, denn nur hier ist der Wahlausgang offen. In den meisten Bundesstaaten wie Kalifornien oder Texas ist längst klar, dass Präsident Barack Obama beziehungsweise sein Herausforderer Mitt Romney die Mehrheit und damit alle Wahlmännerstimmen einheimsen.

Die New York Times zählt insgesamt neun "Swing States": Florida, Ohio, North Carolina, Virgina, Wisconsin, Colorado, Iowa, Nevada und New Hampshire. Die Seite Real Clear Politics, die die Umfrageergebnisse vieler Institute zusammenfasst und auf deren Daten auch der Süddeutsche.de-Wahlatlas (siehe oben) zurückgreift, zählt außerdem noch Pennsylvania und Michigan dazu.

Nach dieser Zählweise hat Obama 201 Wahlmännerstimmen fast sicher, Romney zehn weniger. Der Sieger benötigt die Stimmen von 270 Wahlmännern.

In den Umfragen vom letzten Wochenende vor der Wahl liegen Obama und Romney landesweit zwar praktisch gleichauf - in den entscheidenden "Swing States" scheint Obama jedoch wieder einen leichten Vorteil in der Wählergunst erlangt zu haben. Als Grund nennt die Hälfte aller Befragten den Meinungsforschern Obamas Engagement für die vom Hurrikan Sandy betroffenen Bundesstaaten. Rettet sein erfolgreiches Krisenmanagement Obama also sein Amt?

So sieht es nach dem Hurrikan in den entscheidenden Bundesstaaten aus:

[] Florida: In keinem anderen "Swing State" gibt es so viele Wahlmännerstimmen, in keinem anderen ist das Rennen so knapp. Eine gemeinsame Umfrage der Medien Tampa Bay Times, Bay News 9 und Herald Florida in der Zeit vom 30. Oktober bis 1. November ergab zwar sechs Prozentpunkte Vorsprung für Romney. Damit steht diese Erhebung aber recht alleine da. Von den acht Umfragen aus der vergangenen Woche sehen vier Romney knapp vorne, drei Obama und eine sieht beide gleichauf.

[] Pennsylvania: Das Umfrageinstitut Susquehanna kommt in einer aktuellen Umfrage auf einen Gleichstand zwischen beiden Kandidaten. Für alle anderen Institute ist die Sache in Pennsylvania deutlich klarer: Seit Wochen führt Obama hier mit durchschnittlich mehr als vier Prozentpunkten. Die New York Times ist sich ja sogar schon sicher, dass Pennsylvania mit seinen zwanzig Wahlmännern gar kein "Swing State" mehr ist.

[] Ohio: Seit Jahrzehnten ist niemand mehr Präsident geworden, ohne die Mehrheit und damit die 18 Wahlmänner aus diesem Bundesstaat zu gewinnen. John F. Kennedy war der letzte demokratische Präsident, der es ohne Ohio ins Weiße Haus schaffte. Noch nie ist ein republikanischer Kandidat Präsident geworden, der hier nicht gewonnen hat. Mehrere Umfragen sehen den Präsidenten in dem "Schicksalsstaat" leicht vorne. The Columbus Dispatch kommt zwischen 24. Oktober und 3. November auf einen Vorsprung von zwei Prozentpunkten für Obama. In diese Richtung weisen auch Befragungen unter den Vorab-Wählern.

[] North Carolina: Vor vier Jahren gewann Obama in North Carolina ganz knapp mit 0,3 Prozent Vorsprung die 15 Wahlmänner. 2012 sieht es nicht so aus. Das Umfrageinstitut PPP ermittelte bei Befragten vom 29. bis 31. Oktober einen Gleichstand. Die meisten anderen Institute sehen Romney hier klar vorn. Survey USA mit fünf Punkten, Rassmussen Reports mit sechs, Gravis Marketing sogar mit acht. Allerdings fanden diese Umfragen statt, bevor Hurrikan Sandy auf die Ostküste traf und Obama mit seinem Krisenmanagement glänzen konnte.

[] Virginia: Für die 13 Wahlmänner wird es eine spannende Wahlnacht. Während die bisherigen Umfragen Romney leicht vorne sahen, ergab eine Befragung von "We Ask America" zwischen dem 30. Oktober und 1. November einen Prozentpunkt Vorsprung für Obama.

[] Michigan: Im Gegensatz zu Virginia scheint die Wahl für die zehn Wahlmänner in Michigan klar zu sein. Obama führt mit sechs Prozentpunkten bei PPP (1. bis 3. November). Die Umfragen von Rasmussen Reports am 1. November ergaben fünf Punkte für den Amtsinhaber. 2008 gewann Obama in Michigan mit einem Vorsprung von mehr als 16 Punkten.

[] Wisconsin: Auch hier sieht es gut für den Präsidenten aus. Die beiden aktuellsten Umfragen sehen Obama vorne: Das Umfrageinstitut PPP mit drei Prozent (2.-3.11.) und "We Ask America" ermittelt sogar sieben Prozentpunkte (30.10.-1.11.). In Wisconsin gilt es zehn Wahlmänner zu gewinnen.

Was heißt das nun für die konkreten Wahlchancen?

[] Colorado: In Colorado geht es um neun Wahlmännerstimmen. Die beiden aktuellsten Umfragen sehen Obama knapp vorne. Beim Umfrageinstitut "We Ask America" sind es bei einer Umfrage vom 30. Oktober drei Prozentpunkte mehr. Eine Umfrage für die Zeitung Denver Post von Survey USA vom 28. bis 31.Oktober kam auf zwei Prozentpunkte Vorsprung für Obama. Bei der vorangegangenen Wahl 2008 hatte Obama seinen Herausforderer John McCain hier noch um neun Prozentpunkte abgehängt.

[] Iowa: Es zeichnet sich ein Sieg Obamas ab. Bei Des Moines Register geht der Präsident mit fünf Prozentpunkten in Führung. Gravis Marketing spricht von vier Punkten Vorsprung. In Iowa gibt es sechs Wahlmänner.

[] Nevada: Im Glücksspiel-Paradies Nevada konnte Obama seinen Vorsprung in den letzten Wochen ausbauen. In der letzten Oktoberwoche ergab eine Umfrage der Zeitung Las Vegas Review Journal einen Vorsprung um vier Prozentpunkten für den Präsidenten. Nevada verfügt über sechs Wahlmänner.

[] New Hampshire: Nur vier Wahlmänner gibt es in dem Staat und wie sie sich entscheiden, bleibt weiterhin unklar. Die Universität von New Hampshire befragte die Einwohner vom 31.Oktober bis 2. November. Dabei kam sie auf ein Unentschieden. Gravis Marketing sah am 1. November Obama immerhin mit einem Prozentpunkt in Führung.

Was heißt das nun für die konkreten Wahlchancen? Da helfen die Pfade der New York Times. Und die zeigen, dass viel für einen Sieg Obamas spricht. Während es für den Präsidenten 431 Wege ins Weiße Haus gibt, kommt sein Herausforderer nur auf 76. Michigan und Pennsylvania werden bei der New York Times angesichts des deutlichen Vorsprungs schon den Demokraten zugeschlagen.

Der einfachste Weg zum Sieg führt Obama dann über einen Erfolg in Florida. Wenn er dort gewinnt, reicht ein einziger weiterer "Swing State" aus. Florida ist aber alles andere als sicher für Obama. Verliert er den "Sunshine State" würden Obama unter anderem Siege in Ohio und North Carolina reichen. Klappt es dort nicht, genügten Viriginia und Wisconsin.

Romney muss für einen Sieg hingegen deutlich mehr "Swing States" gewinnen. Selbst bei einem Sieg in Florida, würden Ohio - wo er in Umfragen deutlich und konstant hinten liegt -, North Carolina und Virginia nicht zum Sieg reichen.

Wie eng das Rennen noch ist, zeigt ein Wahlkampfauftritt Romneys am Sonntag in Pennsylvania. Den hatten die Republikaner schon fast aufgegeben. Die Demokraten werten den Abstecher deshalb als Verzweiflungsakt - Romney habe erkannt, in Ohio nicht mehr gewinnen zu können. Dennoch schickten sie den früheren Präsidenten Bill Clinton hinterher.

Vielleicht liegt am Ende auch keiner der beiden Kandidaten vorne. Fünf der 512 Wege führen zum Patt.

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